Randschaerfe bewerte ich am Sternhimmel: Ein nicht zu heller Stern (2. - 3. Groessenklasse) wird in der Mitte fokussiert, dann schaetze ich ab, bis wie weit zum Rand hin er noch punktfoermig erscheint. Da wird jeder seine eigene Toleranzgrenze haben, aber ein Vergleich mehrerer Fernglaeser ist auf diese Weise moeglich.
Kontrast ist kaum quantitativ zu bewerten. Er geht teilweise in die Daemmerungstauglichkeit ein: Man setzt das Fernglas abends in der Daemmerung ein und vergleicht bei zunehmender Dunkelheit die noch wahrnehmbaren Details. Diese sind allerdings auch stark von der Transmission abhaengig, also laesst sich der Kontrast allein nicht voellig separieren. Man sollte endlich mal geeignete Testtafeln entwerfen, die den Kontrast bewerten helfen. Diese waeren viel sinnvoller als jene Tafeln mit schwarzen Linien, die man zur Bestimmung der 'Aufloesung' verwendet, und die bei normalen, und korrekt justierten Fernglaesern eigentlich nur die Aufloesung des Auges bestimmen.
Farbsaeume sollten in einem normalen Fernglas in der Bildfeldmitte eigentlich nicht vorhanden sein (longitudinale chromatische Aberration wird eher bei hohen Vergroesserungen jenseits 15x wichtig), hier liegt es meist an der Zentrierung der Pupille. Wenn man sich Muehe gibt, verschwinden die Farbraender im zentralen Bereich. In der Naehe des Bildrandes gibt es die laterale chromatische Aberration, die laesst sich nicht verhindern, weil das Auge nicht zentriert ist, wenn man es Richtung Bildrand rollt. Man kann Intensitaet und Breite der Farbraender bewerten, wenn man moechte. Man kann auch die Toleranz bewerten, die ein Fernglas hinsichtlich der Pupillenlage erlaubt: Tauchen die Farbraender schon bei der kleinsten Dezentrierung auf, oder laesst es sich relativ schlampig handhaben. Das geht dann in das Einblickverhalten ein, das man entweder als 'gut' oder 'schlecht' empfindet.
Die Bewertung eines Fernglases ist also nicht vollstaendig objektiv, und kann es auch nicht sein. Anders als eine Kamera ist ein Fernglas ein Instrument zur visuellen Beobachtung, und hier spielen Faktoren der individuellen Wahrnehmung eine wichtige Rolle. Die Diskussionen um den Globuseffekt beim Swarovision oder Kowa (manche Leute stoert er, andere nehmen ihn nicht einmal wahr) zeigen diesen subjektiven Aspekt besonders deutlich. Am Ende bleibt die alte Weisheit: Ein Fernglas muss man selber ausprobieren, und fuer sich entscheiden, ob man es mag oder nicht.
Viele Gruesse,
Holger Merlitz