Der Transmissionstest zeigt uns einen eventuell vorhandenen Farbton. Der Test auf dunkle Bereiche in einem Hochkontrastmotiv vereint Effekte diffusen Streulichts (an Fassungen, Linsenraendern, nicht voll auspolierten Glasoberflaechen etc.), Geisterbildern (wegen unzureichender Verguetung) und Beugungseffekten (an der Dachkante).
Beide Tests haben natuerlich etwas mit Kontrast zu tun, aber in gaenzlich unterschiedlicher Form. Jede Art von Streulicht verringert den Kontrast, das steht fest, und dieses Streulicht laesst sich in der Nacht sogar noch einfacher untersuchen, mit hellen Lichtquellen, die man unterschiedlich positioniert und dabei das entstehende Streulicht beobachtet. Bei der Tagesbeobachtung ist jede helle Flaeche nichts anderes als die Summe vieler kleiner Lichtquellen, deren integrales Streulicht dann die dunklen Bereiche aufhellt. Ganz typisch ist ja der noch aufgehellte Himmel in der Abenddaemmerung, der nicht selten ein boeses "Whiteout" hervorruft, wenn man gerade in einen dunklen Waldrand schaut.
Dann gibt es den anderen Kontrast, der mit diesem Streulicht nichts zu tun hat, mit Sicherheit aber irgendwie in Zusammenhang mit dem Farbton des Bildes steht, den man im Transmissionstest findet: Viele Leica-Fans behaupten ja, ihr Fernglas erlaube eine bessere Farbunterscheidung als etwa das Zeiss Victory FL (obwohl letzteres eine hoehere Transmission besitzt). Ist das wirklich der Fall oder nur Einbildung? Ich wuerde so etwas gern messen. Mit anderen Worten: Wie wirken sich die Fernglasparameter auf diesen Kontrast aus - nennen wir ihn ruhig "Mikrokontrast", d.h. die Faehigkeit, unter idealen Sichtbedingungen (kein stoerendes Streulicht) feinste Farb- und Helligkeitsunterschiede wahrzunehmen. Mir scheint, dass hier noch Leistungspotential steckt, das bisher nicht vollstaendig ausgenutzt wurde. Leica mag hier die bessere Loesung gefunden haben, aber war das Zufall, oder steckt System dahinter, das man verallgemeinern und weiter optimieren kann? Offensichtlich sind diese Fragestellungen eng an die menschliche Wahrnehmung gekoppelt, ich glaube nicht, dass eine Optimierung allein durch Analyse der Fernglasparameter gefunden werden kann. Und das Ergebnis mag ueberraschend sein: Ein Fernglas mit optimaler Transmission (100% ueber das gesamte sichtbare Spektrum) liefert vielleicht gar nicht die optimale Bildschaerfe, wobei "Bildschaerfe" nicht mit Aufloesung gleichzusetzen ist, sondern stark von jenem Mikrokontrast beeinflusst wird. Infolge dessen wird man irgendwann vielleicht die Transmissionskurve "tunen", so einstellen, dass man die optimale wahrgenommene Schaerfe erreicht. Das kann natuerlich auch durch geeignete Filter erreicht werden, da man womoeglich fuer die Daemmerung andere optimale Transmissionskurven findet als fuer einen Sonnentag oder bei bewoelktem Himmel.
Viele Gruesse,
Holger Merlitz