Hallo zusammen!
Ich möchte nach 6 Monaten intensiver (ornithologischer) Nutzung einen Statusbericht zu meinem
Conquest HD 10x42 abgeben:
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Mechanik: Wasserdichtigkeit, Knickbrücke und Mitteltrieb alle wie im Neuzustand, also exzellent. Justierung und Dioptrieausgleich ebenfalls.
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Optik: untadelig, bin immer noch sehr zufrieden. Konnte im Februar nochmals mit fast allen Topgläsern vergleichen: In Sachen Transmission und Mittelschärfe diesen nicht nachstehend. Wirkt heller als z. B. das 10x42 Svarovision und gleich hell wie das Victory SF 10x42.
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Zubehör: Tasche sehr gut, Objektivabdeckung nie gebraucht, Okularabdeckung kaputt vom Einhängen in nur einen (scharfkantigen) Bändel.
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Augenmuscheln:
Sie sind meiner Meinung nach:
1. falsch designt (beim 8x42 zu kurz für Nichtbrillenträger, wie schon öfters hier im Forum erwähnt).
2. Sind sie zu hakelig in der Bedienung (zum Austausch zwischen bebrillten und unbebrillten Nutzern ungeeignet!).
Und 3. sind sie zu billig hergestellt. Eine Muschel meines Fernglases ging nach wenigen Wochen schon kaputt: sie rastet nur noch in der 1. Stufe ein. Das heisst das in den relativ weichen Kunststoff gefräste (?) Gewinde ist ausgeleiert. Gut, ich bin Brillenträger, also kann ich das Fernglas weiter so benutzen.
Der Service von Zeiss würde die defekte Augenmuschel sicher sofort kostenlos ersetzen. Aber das löst das Problem nicht. Die Augenmuscheln sind wirklich DER Schwachpunkt des sonst ausgezeichneten Conquest HD.
Bitte an Zeiss: neu designen und besseres Material verwenden (und dafür 10 Euro mehr verlangen)!
Sonst würde ich das Conquest HD als das öfters gewünschte
Premium-Fernglas ohne Schnickschnack ("Schnickschnack" wären: Randschärfe/Bildfeldebnung, extreme Transmission, riesiges Gesichtsfeld usw.) bezeichnen. Und dazu noch zu einem konkurrenzlosen Preis.
Angesichts der Habicht-Berichterstattung habe ich meinen
Habicht 7x42 von ca. 1990 wieder in Gebrauch genommen – und bin ganz einig mit vielem, was dazu gesagt wurde. Im Vergleich zum Conquest ist der Einblick viel, viel angenehmer, die Schärfentiefe ermöglicht ein entspanntes Beobachten (wenn der zu stramme Mitteltrieb eingestellt ist).
Zweimal habe ich den Habicht einen halben Tag ins Feld mitgenommen, einmal mit dem Conquest, einmal ohne dieses. Im Feld spielten für mich die "Schwächen" des Habichts ("Tunnelblick", gelblicher Farbton, Mitteltrieb) nur eine kleine oder gar keine Einschränkung. In Kombination mit dem Conquest (Schärfe auf Ferne voreingestellt) ist der Habicht eine brauchbare Ergänzung, wenn ich ihn auf 5 bis 10 Meter vorfokussiere: Ich brauche dann die Schärfe gar nicht mehr zu verstellen und sehe doch den vorbeifliegenden oder sich kurz aufbaumenden Vogel genug schnell, um ihn bestimmen zu können. Mit dem Conquest verbrauche ich zu viel Zeit, weil ohne Fokussieren die Erkennbarkeit des Vogels minim ist.
Kurz: Ich bin halte das Conquest HD 10x42 für ein exzellentes Fernglas für die Ferne, aber ich halte es nicht mehr für einen Allrounder. Im Wald und beim Revierkartieren in buschreichem Gelände merke ich das besonders gut (da schlägt sich die 7-fache Vergrösserung besser). Auf 100 bis 150 Meter (Fluss, Feuchtgebiet, offenes Gelände) spielt es hingegen seine Stärken aus.
Als Allrounder würde ich jetzt ein 8x32 mit brauchbar grossem Gesichtsfeld (ab 130 Metern) bezeichnen (z. B. das entsprechende Conquest HD, dessen Preis noch deutlich niedriger ist als der des 10x42).
Und das bildstabilisierte
Canon 12x36 IS II?
Das habe ich überraschenderweise nie vermisst. Dank der Masse des Conquest kann ich dieses mittlerweile sehr ruhig halten, und seine Robustheit macht es zu einem Werkzeug, das unproblematisch in der Handhabung ist. Es ist kein Kapriziöschen wie das Canon, sondern hält viel aus.
Die
Wasserdichtigkeit halte ich übrigens für essentiell: Im trüben, nebligen Winterwetter und bei wechselhaftem Wetter mit Regenschauern war es ein guter Begleiter. Und wenn's mal staubig ist oder mit Pollen übersät oder Erde abbekommen hat oder Sonnencreme von der Stirn drauf tropfte: unter den Wasserhahn halten, dazu Spülmittel – effektiver und kratzsicherer als alle Reiberei mit Tüchern!
Mein persönliches Fazit:
Neulingen im Fernglasgebrauch empfehle ich die 8-fache Vergrösserung, 4 mm Austrittspupille genügen heutzutage fast immer. Wer ein bildstabilisiertes Fernglas in Betracht zieht, sollte unbedingt ein 10-faches konventionelles parallel dazu testen, vielleicht kommt er/sie mit diesem genauso gut zurecht. (Und in Sachen Haltbarkeit ist ein herkömmliches Fernglas mit einem Leichtmetallgehäuse jedem bildstabiliserten haushoch überlegen!)
Der Habicht geht übrigens demnächst in den Service (leicht dejustiert laut Optiker – hat einmal einen heftigen Sturz auf die Strasse durchgemacht) – dann hält er nochmals 25 Jahre!
Freundliche Grüsse und besten Dank für all die anregenden Beiträge der letzten Monate!
Markus
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 05.06.15 13:42.