Lateral schrieb:
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> Hallo schreibende und still mitlesende
> Fernoptik-Freunde
>
> ich habe mir Gedanken um künftig bessere, weil
> objektiv nachvollziehbare Fernoptik-Tests und
> Vergleiche gemacht.
Hallo,
dieser Einstieg hat mich zu meiner offenbar als mess- und technikfeindlich verstandenen Reaktion verleitet. Ich finde, man kann diesen Einstiegssatz in verschiedene Richtungen interpretieren, auch als etwas generalisierte Kritik an bisherigen Tests oder Erfahrungsberichten.
Ich habe nichts gegen Fernglastests oder gar gegen Messungen. Ich habe selbst schon an diversen Messungen optischer Systeme mitgearbeitet. Auch ich bin Ingenieur, mein Nutzername ist von einem Physiklehrbuch abgeleitet, dessen Band 3 (Optik) immer griffbereit auf meinem Schreibtisch steht. Ich würde aber z.B. nie im Leben auf die Idee kommen, eines meiner Ferngläser auf unseren MTF-Messplatz oder vor den Monochromator zu setzen. Was sollte ich oder jemand anderes mit den Ergebnissen anfangen? Eine praxisrelevante, universell gültige Aussage aus solchen Messungen abzuleiten, traue ich mir einfach nicht zu. Ich teste ja auch nicht -zig Ferngläser, dann hätte das vielleicht wieder eine gewisse Aussagekraft.
Aber ich kenne eben diverse Probleme bei der Planung und Durchführung von solchen Tests und einige Stolperfallen bei der Interpretation und Bewertung der Ergebnisse. Daher warne ich immer mal wieder vor der Vorstellung, mit den richtigen Testmethoden könne man objektive, unvoreingenommene Resultate erzielen. Das halte ich weiterhin für illusorisch.
Gute Tester beschreiben ihre Ergebnisse aus der Ich-Perspektive an möglichst praxisnahen Anwendungsfällen und versuchen, auch etwas Einblick in den Hintergrund des Tests und z.B. ihre persönlichen Schwerpunkte und Vorlieben zu geben. Ein Leser kann dann versuchen zu beurteilen, ob die so erzielten Ergebnisse auf ihn übertragbar sind oder an welcher Stelle vielleicht nicht. Zudem hilft es, wenn man möglichst viele Meinungen zu einem Fernglas lesen kann. Dann greift wieder die Statistik und man kann vielleicht aus einer mehrheitlichen Einschätzung auf die eigene Sicht zurückschliessen.
Ich kritisiere daher auch nicht irgendwelche konkreten Tests oder Erfahrungsberichte, mit welchen Methoden auch immer sie erstellt wurden. Jeder denkt sich was bei seinen Tests und ich kann ja dann entscheiden, ob die Methodik und die Ergebnisse für mich nachvollziehbar sind oder nicht. Also wenn Du so wie beschrieben testen möchtest, habe ich damit keinerlei Problem.
Aber ich würde eben nicht anderen eine komplette Methodik empfehlen wollen. Und das nicht nur, weil ich keine wirklich schlüssige Idee für eine geeignete, wirklich objektive Methodik habe. Sondern auch, weil es nach meiner Erfahrung viele Leute eher bremst, Ihre Eindrücke zu schildern, wenn man sie dafür zur Einhaltung bestimmter Regeln drängt. Abgesehen davon glaube ich kaum, dass sich gestandene Tester mal eben eine Methodik vorgeben lassen.
Vielleicht als Idee: Oft kann man bei Tests und Erfahrungsberichten auch rückfragen und viele Tester sind dann bereit, nochmal auf andere Dinge zu achten oder etwas anderes zu versuchen. Wenn man also eine bestimmte Größe oder Testmethode für sehr wichtig für die eigene Beurteilung hält, kann man ja auch mal fragen, ob sich der Tester z.B. nochmal ein Frottiertuch anschauen würde. Oder man bittet per Aufruf den Nutzerkreis eines bestimmten Modells um einen prüfenden Blick hinsichtlich eines bestimmten Aspekts.
Viele Grüße,
Sebastian