Über das Wochenende hatte ich die Gelegenheit, mein neues APM genauer zu testen und vor allem mit meinem Kowa 6,5x32 Bd II zu vergleichen. Das Ergebnis des Vergleichs hat mich dann doch überrascht.
Optisch nehmen sich das Kowa und das APM nahezu nichts. Beide liefern eine extrem hohe Mittenschärfe, die ab etwa 50% zum Rand hin abzufallen beginnt, wobei der Randabfall beim Kowa stärker ausgeprägt und daher auffälliger ist. Das APM hingegen hat einen "gutmütigen" Schärfeabfall zum Rand hin, der bei normaler Beobachtung kaum auffällt, weshalb man geneigt ist, den scharfen Zentrumsbereich eher größer als 50% einzuschätzen (so Richtung 60 - 70%), aber bei genauem Hinsehen beginnt er schon früher. Da das kleine Kowa eines meiner Gläser mit der höchsten Mittenschärfe ist, hat es mich schon gewundert, dass das APM da genauso gut ist.
Zudem liefert das APM ein Bild, das im direkten Vergleich noch klarer und brillanter ist als das Kowa. Es scheint mir als hätte das APM einen noch besseren Kontrast, wobei das Kontrastverhalten des Kowa wahrlich nicht schlecht ist. Hinsichtlich des Bildfeldes sind die beiden Gläser fast gleich. Beim genauen Hinsehen lässt sich der geringe Vergrößerungsunterschied zwischen den beiden Gläsern feststellen (was dafür spricht, dass das Kowa eben doch eine 6,5-fache Vergrößerung hat und nicht nur 6fach, wie manchmal behauptet), auffällig ist dieser Unterschied aber nicht. Die Farbwiedergabe des APM ist leuchtend und natürlich, das Kowa gibt die Farben etwas blasser wieder. CA sind beim APM absolut unauffällig, es ist in dieser Hinsicht sogar etwas besser als das Kowa, obwohl letzteres ED-Gläser hat.
Reflexe gibt es bei Tagbeobachtung keine, jedenfalls keine störenden, nachts neigen beide zu Geisterbildern, das Kowa mehr als das APM.
Dann zum 3D-Effekt: Oft habe ich hier gelesen, dass Porrogläser das Bild viel plastischer wiedergeben, selbst konnte ich das bisher nicht feststellen (habe aber auch nur ein altes 7x50 Porroglas). Jetzt beim APM hingegen fiel mir das sofort auf. Schaut man durch das APM, kann man sofort sagen, welcher Baum oder welche Hecke weiter vorne im Bild ist, die räumliche Tiefenstaffelung ist hervorragend erkennbar, fast hat man den Eindruck, ein 3D-Bild zu sehen. Keines meiner diversen anderen Ferngläser schafft das (auch die Canon Porro IS Gläser nicht). Es mag beim APM auch daran liegen, dass mein Pupillenabstand relativ groß ist (71 - 72 mm), was dazu führt, dass ich das APM ziemlich weit "aufmachen" muss, woraus natürlich folgt, dass die beiden Objektive des Glases dann entsprechend weit auseinanderliegen.
Optisch ist das kleine APM für weniger als die Hälfte des Preises also eher noch besser als das kleine Kowa. Ist es deshalb auch insgesamt das bessere Glas? Das hängt etwas davon ab, wie man die weiteren Eigenschaften der beiden Gläser bewertet. Mechanisch ist das Kowa eindeutig besser, es hat einen besseren Mitteltrieb und macht einen hochwertigeren Eindruck, was aber nicht bedeuten soll, dass das APM billig wirkt. Auch beim Gewicht nehmen sich die beiden Gläser nichts, das APM wiegt mit Trageriemen und Objektivkappen genau 600 g, das Kowa weicht davon nur unwesentlich ab.
Das Kowa packt sich aufgrund seiner Gehäuseform auch besser an, denn das APM ist als niedrig vergrößerndes Porroglas entsprechend kurz und breit, sodass große Hände schnell vorne über das Glas hinausreichen. Hat man wie ich einen großen Pupillenabstand, dann wandert die Knickbrücke sehr weit nach unten. Bei mir drückt sie mit ihrem augenzugewandten Ende störend auf meinen Nasenrücken, weshalb ich dieses Ende mit etwas Schaumstoff abgepolstert habe, sonst habe ich eine rote Druckstelle auf der Nase. Aus demselben Grund ist bei mir seinerzeit schon das Ultravid 8x32 durch das Raster gefallen. Personen mit engerem Pupillenabstand haben das Problem nicht, denn dann liegt aufgrund der stärkeren Abwinkelung die Knickbrücke höher und es besteht keine Kollisionsgefahr mehr mit dem Nasenrücken.
Behalten werde ich das APM trotzdem, denn es ist optisch einfach zu gut und keines meiner Gläser liefert mir diesen 3D-Effekt beim Durchsehen. Ich denke, ich werde es hauptsächlich als Wanderglas verwenden. Abschließend ist erstaunlich, welche optische Qualität heutzutage für 150,- € möglich ist. Mein 11mal so teures EL SV 8x32 liefert in der Mitte kein schärferes und auch kein klareres Bild, hat aber natürlich eine höhere Randschärfe und ist mechanisch spürbar hochwertiger.
Grüße, Andreas