Ich habe 32 Jahre Verkaufspraxis bei einem Jagdausstatter. Unseren Kunden stand zum Probieren eine große Prüftafel am Ende unserer Hofes zur Verfügung.
Getestet wurde Bildhelligkeit und Mittenschärfe, Einblickverhalten und Gewichtsverteilung. Mein Chef war sehr ambitioniert, was ihn aber leider auch nicht vor der Pleite gerettet hat. Wir hatten Eschenbach, Minox, Nikon, Swarovski und Zeiss, früher noch Beck.
Besonders beim Zeiss 10 x 40 Dialyt war schön zu beobachten, wie selektiv die Kunden dieses Glas erleben.
Die Mittenschärfe ist ja bekanntlich sehr gut, zum Rand läßt es dann so ab der Mitte langsam nach. Jeder zweite Kunde bestätigte und bemängelte dies, die andere Hälfte auch auf Hinweis von mir nicht. Sie konnten Dinge sehen, die meiner Ansicht nach mit diesem Glas nicht zu sehen waren. Diese Leute sahen in den meisten Gläsern in der Randzone viel besser und trotzdem bei anerkannt guten randscharfen Gläsern ebenso.
Mein Chef sprach dann von Kompensationseffekten, was aber eigentlich ja nicht sein kann, denn ein Swarovski 10 x 42 ist eindeutig randschärfer und müßte bei Kompensation dann ja überkompensiert und somit schlechter sein. Beim 10 x 42 Swarovski waren etwa 3/4 der Leute mit der Randschärfe zufrieden.
Verzeichung zum Rand sehen die Wenigsten. Es ist ein einfacher Test, eine Abweichung von der Geraden festzustellen, aber das scheint auch erfahrenen Beobachtern nicht so wichtig.
Farbsäume werden bis zu einem gewissen Grad hingenommen, erst wenn es schlimmer wird, kommt die Reaktion.
Was jedem sofort auffällt ist aber die Bildhelligkeit und der Kontrast. Wer nicht schon voreingenommen hereinkam, der entschied sich fast immer für das kontrastreichere Glas und nannte dies auch als Grund.
Über Kontrast können sich die Leute am ehesten einigen, dann kommt der Einblick, danach wird es diffus. Farbreinheit ist vielen egal.
Könnte ich Ferngläser bauen, so würde ich mich auf Kontrast, Helligkeit und Gewicht stürzen, Randschärfe und Nahbereich verkaufen sich lange nicht so gut.
Albert Vianden