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Unterschiedliche Randschärfewahrnehmung ist erklärbar

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17. September 2004 23:54
Auch ich habe schon oft unterschiedliche Beurteilungen der Randschärfe gleicher Ferngläser durch unterschiedliche Personen gehört, kann also Ihre Erfahrungen mit den Kunden bestätigen. Ich wundere mich jedoch nicht mehr darüber, seit ich darüber nachgedacht und einige dieser betreffenden Gläser genauer unter die Lupe genommen habe, denn ich sehe eine recht einfache Erklärung:

Wenn ein Fernglas (und das trifft bei den allermeisten zu, auch bei den Topmodellen von Leica, Swarovski und Co.) eine deutliche Bildfeldwölbung aufweist, dann muß das Auge bei gleich weiten Gegenständen an verschiedenen Stellen des Bildfeldes (also z.B. nahe der Mitte und nahe dem Rand) die Entfernungsunterschiede des virtuellen Bildes durch entsprechende Akkomodation ausgleichen. Kann das Auge dies nicht, sieht es unscharf. Peilen Sie einen Gegenstand mit feinen Details, an denen Sie die Schärfe sehr präzise einstellen müssen und daher Unschärfe besonders leicht erkennen, mit dem Fernglas erst so an, daß dieser Gegenstand in der Gesichtsfeldmitte liegt. Dann schwenken Sie das Fernglas so, daß der Gegenstand im Randbereich liegt. Er dürfte dann schon mehr oder weniger unscharf sein, aber es wird Ihnen bei den meisten Ferngläsern gelingen, den Gegenstand wieder etwas schärfer zu bekommen, wenn Sie nachfokussieren. Schwenken Sie nun zurück, bis der Gegenstand wieder in der Mitte des Gesichtsfeldes liegt, ist dieser nun unscharf. Und in der Regel werden Sie dabei feststellen, daß der Hintergrund dort deutlich schärfer als der Gegenstand und erst recht schärfer als der Vordergrund ist. Die Bildfeldwölbung des Fernglases ist also in der Regel dergestalt, daß das Fokussierrad für den Randbereich mehr in Richtung unendlich und für die Mitte mehr auf nah gedreht werden muß.

Nun wieder zurück zum ursprünglichen Thema. Wenn Sie die Altersstruktur Ihrer Kunden bei diesem Test erfaßt und ausgewertet hätten, dann wäre mit Sicherheit bei denen, die keine oder kaum Randunschärfe wahrgenommen haben, das Durchschnittsalter wesentlich jünger gewesen als bei denen, die Randunschärfe störend wahrgenommen und reklamiert haben. Warum? Weil die Jungen noch locker 8 bis 10 Dioptrien akkomodieren und somit den Distanzunterschied zwischen Mitte und Rand im virtuellen Bild wegstecken, während die Alten (das sind bereits die über ca. 45, die schon eine Lesebrille oder Gleitsicht- bzw. Zwei-Stärken-Gläser brauchen) vielleicht nur noch 2 bis 3 Dioptrien, im Alter etwa ab 60 eventuell nur noch 1 Dioptrie zu akkomodieren in der Lage sind. Ergo sehen diese den Rand unscharf, wenn sie auf die Mitte fokussiert hatten, bzw. sie sehen die Mitte unscharf, wenn auf den (in der Natur gleich weiten) Gegenstand am Rand fokussiert war.

Es ist den meisten Fernglasbenutzern leider unbekannt, daß mit dem allmählichen Verlust an Akkomodationsvermögen des Auges auch ein beträchtlicher Schwund der wahrgenommenen Schärfentiefe verbunden ist. So ist übrigens auch erklärbar, daß verschiedene Beobachter zu ganz unterschiedlichen Beurteilungen der Schärfentiefe von Ferngläsern kommen, weil sie den diesbezüglich weit größeren Einfluß ihrer Augen (Akkomodationvermögen) übersehen und die Schärfentiefe für eine primär vom Fernglas abhängige Eigenschaft halten. Dabei ist Schärfentiefe eines Fernglases allein vorwiegend von dessen Vergrößerung und nicht von seiner Bauart (opt. Konstruktion) und zu einem sehr kleinen Teil bei schwachem Licht von der Größer der Austrittspupille abhängig. Der Einfluß des Akkomodationsvermögens ist jedoch noch sehr viel größer als dieser genannte der Fernglasoptik.

Die Unterschiede in der von verschiedenen Beobachtern wahrgenommenen Randunschärfen sind also nichts anderes als die Folge der Unterschiede im Akkomodationsvermögen in Verbindung mit einer Bildfeldwölbung, die bei manchen (vorzugsweise jüngeren) Beobachtern noch innerhalb deren akkomadationsbedinger Schärfentiefe liegt und bei den anderen (überwiegend älteren) Beobachtern eben schon außerhalb deren Schärfentiefe.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch eine andere wichtige Konsequenz aus diesem Zusammenhang nennen: Ältere Fernglaskäufer (ab 40-50 Jahren) sollten im Zweifelsfalle weniger stark vergrößernde Ferngläser wählen, weil die geringere Vergrößerung zu einer deutlich größeren Schärfentiefe führt und somit weniger Anforderungen ans Akkomodationsvermögen des Auges stellt. Der mathematische Zusammenhang ist wie folgt: Die Schärfentiefe ist umgekehrt proportional zum Quadrat der Vergrößerung. Damit das nicht abstrakt bleibt, betrachte ich als Beispiel ein 8fach und ein 10fach vergrößerndes Fernglas. Die Schärfentiefe des 8fach-Fernglases ist gemäß dem obengeannnten Zusammenhang also um den Faktor (10/8)ˆ2 = 1,25ˆ2 = 1,5625 oder um 56,25% größer als die des 10fach-Fernglases. Entsprechend muß das Auge sowohl zum Ausgleich einer Randunschärfe aufgrund von Bildfeldwölbung als auch bei räumlich in der Tiefe gestaffelten Motiven beim 8fach-Fernglas erheblich weniger akkomodieren. Wer kein Masochist ist, wird es als angenehmer empfinden, wenn sich seine Augen weniger anstrengen müssen.

Da ich auch schon deutlich die obige Altergrenze überschritten habe, habe ich z.B. bei meinen Kompaktferngläsern bereits von 10fach auf 8fach umgestellt, weil ich das häufige Nachfokussieren leid war. Und ich bin gerade dabei, auch meine großen Ferngläser, soweit ich sie nicht vorzugsweise zur nächtlichen Himmelsbeobachtung einsetze (da ist alles unendlich weit und braucht darum, vom Randunschärfenproblem mal abgesehen, keine Akkomodation wegen wechselnder Motiventfernungen), ebenfalls von 10- bzw. 12fach auf 8fach umzustellen.

Entschuldigung, so lang sollte mein Beitrag gar nicht werden. Ich hoffe, er wird nicht zu sehr langweilen. Aber weil ein Thema hat zum anderen geführt hat und diese Zusammenhänge ja nicht ganz unwichtig für die Beobachtungspraxis sind, habe ich den Bogen am Ende etwas weiter gespannt.

Walter E. Schön

Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Randschärfe oder Verzeichnung ist das die Wahl?

Gernot Wolber 2246 11. September 2004 15:36

Re: Randschärfe oder Verzeichnung ist das die Wahl?

Gunnar 1193 12. September 2004 09:07

Re: Randschärfe oder Verzeichnung ist das die Wahl?

Albert Vianden 1281 12. September 2004 13:14

Unterschiedliche Randschärfewahrnehmung ist erklärbar

Walter E. Schön 1781 17. September 2004 23:54

Re: Unterschiedliche Randschärfewahrnehmung ist erklärbar

Walter E. Schön 1301 18. September 2004 09:30

Re: Unterschiedliche Randschärfewahrnehmung ist erklärbar

Wolfgang Henseler 1442 18. September 2004 15:09

Re: Unterschiedliche Randschärfewahrnehmung ist erklärbar

Gunnar 1222 19. September 2004 08:31

Re: Unterschiedliche Randschärfewahrnehmung ist erklärbar

Gutzeit 1358 19. September 2004 12:42

Re: Unterschiedliche Randschärfewahrnehmung ist erklärbar

Albert Vianden 1184 18. September 2004 17:22



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