In wirtschaftlich schlechteren Zeiten wird eben kritischer geprüft, ob der Aufwand durch den zu erwartenden Nutzen gerechtfertigt wird. Die „photokina” ist schließlich keine Fernglas-Messe, auch keine Messe für Jäger, Ornithologen, Segler und andere Wassersportler, für Bergsteiger und Hobby-Astronomen, sondern bei ihr geht es vorrangig um analoge und (immer mehr) um digitale Fotografie, Video, Bildverarbeitung usw. Das Fernglas hat streng genommen dort eigentlich gar keinen Platz und das Spektiv bestenfalls in Verbindung mit Kameraadaptern.
Natürlich besteht eine enge optische Verwandschaft, und es läßt sich nicht leugnen, daß viele, die sich für Ferngläser interessieren, auch mit Begeisterung fotografieren oder videofilmen. Und weil zumindest bei Firmen wie (in alphabetischer Folge ohne Wertung) Canon, Fuji, Leica, Nikon, Pentax und Zeiss sowohl Kameras oder zumindest Objektive für Foto- und Videokameras als auch Ferngläser produziert werden, liegt es nahe und bietet es sich an, auch die eigenen Ferngläser hier zu präsentieren. Nichtsdestoweniger stehen sie nicht im Mittelpunkt des Interesses, also bleibt der Präsentationsaufwand vergleichsweise bescheiden.
Daß Sie den Leica-Stand für angemessen halten, liegt daran, daß Sie hier den Stand als ganzen meinen, auf dem aber der Bereich Ferngläser auch nicht viel größer als bei der Konkurrenz war. Wenn Sie bei Zeiss zusätzlich auch die Präsenz bei Alpa, Arri, Hasselblad, Kyocera (Yashica/Contax) rechnen, die allerdings auf verschiedene Orte in mehreren Hallen verteilt war, müßten Sie hier ebenfalls von „angemessen” sprechen. Swarovski ist ein anderer Fall, da diese Firma weder Kameras noch Objektive für Kameras fertigt.
Würden Sie denn auch umgekehrt bei einer Ornithologenveranstaltung oder Jagdmesse, bei einer Bootsausstellung, einer Ausstellung für Bergsteigerausrüstung oder einem Astrotreff kritisieren, daß dort Kameras nicht ausreichend präsentiert wurden?
Und noch ein Argument, das Sie sebst geliefert haben: Sie schreiben, daß der Herr auf dem Swarovski-Stand froh war, daß er mit Ihnen (als wahrscheinlich seit längerer Zeit erstem Besucher) ein Gespräch führen konnte, und daß auf dem Zeiss-Stand „drei freundlichen Leute [Anm.: ich nehme an, daß Sie damit Zeiss-Mitarbeiter meinen] und 1 Besucher” waren. Meinen Sie im Ernst, daß Swarovski und Zeiss aufgrund eines solchen Besucherandrangs bei der nächsten „photokina” noch größer und vielleicht mit zehn Mitarbeitern auftreten werden? Sie könnten einwenden, daß ein größerer Stand vielleicht mehr Besucher anlocken könnte. Aber dann müßte dort etwas passieren, etwa wie auf dem Olympus-Stand, auf dem ein so ohrenbetäubender Lärm herrschte, daß ich mir während meines Aufenthalts dort Ohropax wünschte, weil einige Musiker und leichtbekleidete schwarze Sängerinnen das machten, was heutzutage viele junge Leute für Musik halten. Das gibt natürlich Zulauf aus der Nachwuchsgeneration, aber ich wüßte nicht, mit welchen Tricks deren Interesse dann auf die ausgestellten Ferngläser gelenkt werden könnte. Nach einer „photokina” mit solchem Klamauk könnten Leica, Swarovski oder Zeiss nur resümmieren „außer Spesen nichts gewesen”.
Walter E. Schön
PS.: Ich bin mit keinem Fernglashersteller in irgendeiner Weise beruflich oder anderweitig verbunden!