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Re: Welche AP bei Dämmerung + Dunkelheit

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01. November 2004 17:29
Ihre Fragen würden zur vollständigen Beantwortung einen mehrseitigen Text erfordern (ich habe mich im Rahmen meiner Arbeit an meinem Fernglasbuch erst vorgestern mit speziell diesem Thema befaßt). Hier nur eine kurze Erläuterung.

Die AP oder Austrittspupille ist das helle, aus größerer Betrachtungsentfernung hinter dem Okular schwebend sichtbare Scheibchen, innerhalb dessen sich alle aus dem Okular austretenden Lichtbündel kreuzen. Genau an dieser Stelle muß sich die Augenpupille befinden, damit sich 1. die beste Bildqualität ergibt, 2. das Bildfeld vollständig und ohne zusätzliche Vignettierung zu sehen ist.

Der Durchmesser der AP errechnet sich, sofern nicht innerhalb des Fernglases eine weitere Begrenzung, z.B. durch zu klein dimensionierte Umkehrprismen erfolgt, aus Objektivdurchmesser durch Vergrößerung, also z.B. beim Trinovid 8x20 als Ø AP = 20 mm : 8 = 2,5 mm.

Die von vielen Fernglasherstellern angegebene geometrische Lichtstärke ist nichts anderes das Quadrat des in Millimeter angegebenen AP-Durchmessers, wäre bei diesem Trinovid also 6,25. Dieser Wert ist proportional zur „Lichtmenge”, die das Fernglas dem Betrachterauge zur Verfügung stellt. Allerdings kann diese nur voll genutzt werden, wenn der Durchmesser der Augenpupille (z.B. in der Dämmerung oder bei Nacht) mindestens ebenso groß wie der AP-Durchmesser ist. Weil Helligkeitsunterschiede genauso wie auch Lautstärkeunterschiede nicht linear, sondern logarithmisch wahrgenommen werden (d.h. der Helligkeitsunterschied zwischen geometrischer Lichtstärke 6,25 und 12,5 ist nicht genauso groß wie zwischen 12,5 und 18,75, sondern wie zwischen 12,5 und 25), wäre es sinnvoller, als Kennzahl eine zum Logarithmus der geometrischen Lichtstärke proportionale Größe zu wählen, die dem Anwender wirklichkeitsnähere Vorstellungen von der Unterschieden zwischen verschiedenen Fernglässern vermitteln würde (aber auf mich hört ja keiner!).

Ergänzt werden muß an dieser Stelle, daß die Bildhelligkeit nicht allein davon, sondern auch von der Transmission (Lichtdurchlässigkeit) des Fernglases abhängt. Bei Tag, wenn die Augenpupille kleiner als die AP ist, wird die Bildhelligkeit sogar allein von der Transmission bestimmt: Dann ist bei gleicher Transmission z.B. ein 8x56-Fernglas um keinen Deut heller als ein 8x20.

Die Dämmerungszahl ist im Gegensatz dazu KEIN Maß, aus dem auf die maximal erzielbare Bildhelligkeit geschlossen werden kann, sondern soll Aufschluß über die bei schwachem Licht erzielte Detailerkennbarkeit geben. Sie berücksichtigt den Umstand, daß für die Detailerkennbarkeit nicht allein die Helligkeit, sondern auch die Vergrößerung maßgebend ist. Ihre Definition ist „Wurzel aus (Vergrößerung mal Objektivdurchmesser)”, was wieder beim obigen Trinovid 8x20 den Wert Wurzel aus (8x20) = Wurzel aus 160 = 12,65 liefert.

Um Dämmerungszahl und AP besser zueinander in Beziehung setzten zu können, kann man in der obigen Definition der Dämmerungszahl den Objektivdurchmesser durch „Vergrößerung mal AP-Ø” ersetzen. Die Definition ändert sich dann in …

Dämmerungszahl = Wurzel aus (Vergrößerung mal Vergrößerung mal AP-Ø)

und wird durch Umformen zu …

Dämmerungszahl = Vergrößerung mal Wurzel aus AP-Ø

Die Aussagekraft der Dämmerungszahl ist sehr umstritten, da praktische Erfahrungen zeigen, daß in der genannten Definition die Vergrößerung zu stark und die Bildhelligkeit bzw. die AP-Größe zu schwach berücksichtigt ist. Es hat daher mehrere Vorschläge zur Definition besser geeigneter Fernglaskennzahlen gegeben, die sich aber wiederum nicht durchsetzen konnten – wohl auch, weil viele Hersteller an der Dämmerungszahl festhalten, obwohl sie nicht viel aussagt, aber auch, weil sich die Hersteller nicht auf eine allseits akzeptierte einheitliche Definition einigen konnten.

Da Sie auch die Astronomie erwähnen, muß ich darauf hinweisen, daß dort noch ein ganz anderer, bei terrestrischer Beobachtung nicht existierender Effekt auftritt: Da Sterne auch bei stärkster Fernglasvergrößerung punktförmig bleiben, nimmt selbst bei gleichbleibender AP die Sternhelligkeit bei zunehmender Vergrößerung zu, während flächige Objekte (also der Himmelshintergrund oder alle terrestrischen Objekte) bei gleich groß bleibender AP nicht heller werden. Daraus resultiert, daß tatsächlich für terrestrische und astronomische Anwendungen unterschiedliche Sichtweisen bzw. Kennzahl-Definitionen nötig sind.

Zur Frage nach der Grenzhelligkeit, ab der das Auge nur noch schwarzweiß (besser: nicht mehr farbig) sieht, erforderte ebenfalls eine ausführlichere Antwort, weil es mehrere Übergangsstufen gibt, bei denen vier verschiedene Mechanismen wirksam sind. Hier nur soviel (mehr werden Sie in meinem Buch lesen können): Die Pupille öffnet sich (auf die Pupillenfläche bezogen) nicht umgekehrt proportional zur Umgebungshelligkeit, sondern wesentlich langsamer und erreicht ihre maximale Größe, sofern sie ausreichend Zeit hat (kann mehrere Minuten dauern), etwa bei 0,01 cd/mˆ2 (Candela pro Quadratmeter, Einheit der Leuchtdichte). Doch bereits ab etwa 10 cd/mˆ2 beginnen neben den farbempfindlichen Zapfen die nur hell-dunkel-empfindlichen Stäbchen „mitzuarbeiten”. Unterhalb etwa 0,01 cd/mˆ2 sind dann allein die Stäbchen aktiv. Natürlich gibt es keine abrupten, sondern sehr fließende Übergänge zwischen den angegebenen Bereichen, so daß die geannten Zahlen für die Leuchtdichte nur den Charakter einer Größenordnung, nicht einer präzisen Grenzhelligkeit haben.

Hoffentlich war's nicht zu fachlich und nicht zu knapp; jedenfalls sollte damit auch bei nicht vollständigem Verständnis der wirklich komplizierten Zusammenhänge wenigstens eine grobe Vorstellung möglich sein.

Walter E. Schön

Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Welche AP bei Dämmerung + Dunkelheit

Tobias Viethen 2339 01. November 2004 13:33

Re: Welche AP bei Dämmerung + Dunkelheit

Erich Weidenfeld 1172 01. November 2004 16:54

Re: Welche AP bei Dämmerung + Dunkelheit

Walter E. Schön 1488 01. November 2004 17:29

Re: Welche AP bei Dämmerung + Dunkelheit

Tobias Viethen 1136 01. November 2004 18:15

Diesmal ohne Physik … nur bißchen Mathe (Multiplizieren)

Walter E. Schön 1151 01. November 2004 19:24

Re: Diesmal ohne Physik … nur bißchen Mathe (Multiplizieren)

Tobias Viethen 1196 02. November 2004 07:08

Warum Unterschiede in der AP oben/unten?

Achim 1109 02. November 2004 12:28

Warum kleinere AP für Sterne als für Wild?

Walter E. Schön 1214 02. November 2004 14:06

Re: Warum kleinere AP für Sterne als für Wild?

A. Mackenbrock 1175 02. November 2004 18:04

Re: Warum kleinere AP für Sterne als für Wild?

Wolfgang Henseler 1173 02. November 2004 19:51

Re: Warum kleinere AP für Sterne als für Wild?

A. Mackenbrock 1131 03. November 2004 14:36

Re: Warum kleinere AP für Sterne als für Wild?

Gunnar 1170 06. November 2004 11:49

Re: Warum kleinere AP für Sterne als für Wild?

A. Mackenbrock 1095 08. November 2004 10:55

Re: Warum kleinere AP für Sterne als für Wild?

Wolfgang Henseler 1460 08. November 2004 19:38



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