Von den genannten 30% Besserverdienenden werden mehrheitlich wenig oder gar keine solidarischen Beiträge für Kranken- und Rentenversicherung gezahlt - weil sie sich mit für sie vielfach günstigeren Privatversicherungen davon freikaufen dürfen. Betrachtet man die gesamte Abgabenlast der Einkommen und nicht nur die Steuern, gestaffelt nach Einkommenshöhe, ergibt sich deshalb ein ganz anderes Bild davon, wer hier im Staate die Leistungsträger in Sachen Solidarität sind: die mittleren Einkommen und nicht die hohen.
- Die Aussage zur privaten Krankenversicherung ist so nicht ganz richtig. Wer in den Genuß der günstigeren Prämie kommen will, der sollte sich bemühen, sehr früh zu sterben. Wer privat versichert ist und dann auch noch lange und gesund lebt, der wird kräftig zur Kasse gebeten.
IstIhnen dieser Sachverhalt nicht bekannt?
- Die Krankenversicherung ist eine ungeschickte Mischung aus klassicher Versicherung und sozialem Ausgleich. Ein Teil ist steuerfinanziert, dieser Teil kommt überproportional von Gutverdienern, die im Normalfall sogar privatversichert sind.
Ist Ihnen dieser Sachverhalt nicht bekannt.
Während der Einkommenssteueranteil mit zunehmendem Einkommen linear steigt, wächst der Anteil der Sozialbeiträge nur bis zu mittleren Einkommen hin ebenso linear. Danach, also bei den gefeierten Leistungstägern, sinkt er bis auf null ab. Nimmt man als Maß der Solidarität richtigerweise die gesamte Abgabenlast aus Steuern und Sozialabgaben, liegt diese für untere und mittlere Einkommen bei 47-55%, und beträgt bei hohen Einkommen zunächst noch 49% um schließlich auf 41% abzufallen.
- Das haben wir ja gerade korrigiert, sie haben in der Tendenz Recht, aber in Zahlen erheblich weniger, als Sie wahrscheinlich selber vermuten.
Wer den übergroßen Anteil der Besserverdienenden am Einkommenssteueraufkommen betont, darf nicht unterschlagen, dass diese durch einen "unterkleinen" Anteil am Sozialabgabenaufkommen klammheimlich stark profitieren.
- Wieder das gleiche Problem, es gibt Transfers aus dem Steueraufkommen, die man nicht unterschlagen sollte. Tendenz stark steigend.
Mir war noch nie klar, wieso sich reiche Leute komplett privat Renten- und Krankenversichern dürfen. Zusatzversicherungen und private Vorsorge wären natürlich in Ordnung. aber dass ausgerechnet Leute mit Geld die Solidargemeinschaft komplett verlassen dürfen, scheint mir widersinnig.
- Vorsicht bei Ihrer Argumentation, eine Versicherung ist nicht dafür da, soziale Aufgaben zu übernehmen, sie soll Risiken abdecken. Wenn Sie der Meinung sind, dass in das Versicherungssystem soziale Transfers fliessen sollten, dann nehmen Sie diese aus den Steuern. Unser System direkter und indirekter Unterstützung führt doch heute schon dazu, dass auf Erwerbseinkommen hohe Abgaben und Verwaltungskosten liegen und zum Ausgleich aus unabzählbar vielen Töpfen Leistungen zurückfliessen. Das verbessert weder die Transparenz noch den Wirkungsgrad. natürlich kann man sich ein System vorstellen, bei dem Jeder nach seinem Einkommen zahlt, für die Krankenversicherung genauso wie für die Autoversicherung und die Brötchen. Absurd? Leider nein, wir sind kurz davor.
- Je weiter wir mit unserer sozial begründeten Einkommensverteilung gehen, umso schlechter wird der Wirkungsgrad, weil immer mehr in der Verwaltung absorbiert wird. Da werden mittlerweile mehr Menschen beschäftigt als in der Autoindustrie und wie bei jedem Verwaltungsgebilde gibt es eine Tendenz zur Vergrößerung und Aufblähung.
Darf ich zurück zu den teuren und schönen Ferngläsern um die es hier doch eigentlich geht?
Auf einem in Deutschland gefertigten Fernglas lastet ein Staatsanteil von ca. 50%. Nämlich Steuern, Sozialabgaben, Abgaben usw.
Wir dürfen einmal annehmen, dass die Ferngläser von den Besserverdienern gekauft und auf diese Weise auch der Staatsanteil gezahlt wird.
Wenn man einmal genau hinschaut, dann werden in Deutschland fast ausschließlich die Konsumwaren produziert, die hochpreisig sind und die als quasi natürliche Zielgruppe die Besserverdienenden haben. Warum diese Gruppe in der Defensive ist und nicht stolz darauf, über hohe Steuern und Abgaben einen überproprotional großen Beitrag zum Funktionieren unseres Staates zu leisten, ist mir nicht klar.
Wir werden diesen Staat nicht durch eine Umverteilung, sondern nur durch die Leistungsbereitschaft der Mittel- und Oberklasse am Funktionieren halten können.
Wolfgang K.