Ich möchte etwas weiter ausholen.
Wir haben einen neuen Nachbarn bekommen, eine Familie mit 2 fast erwachsenen Söhnen. An einem Nachmittag beobachtete ich einen sitzenden Habicht mit meinem 10x42 FL und weil er so schön in Position saß, anschliessend noch mit dem Zeiss 15x60. Die Nachbarn saßen auf der Terrasse und bekundeten Interesse. Wir haben dann gemeinsam über Ferngläser diskutiert, sie waren erstaunt, dass ich eine kleine Sammlung hatte, ich war erstaunt, dass sie überhaupt kein Glas hatten.
Am nächsten Samstag haben wir dann gemeinsam beim Kaffee gesessen und wieder kam das Thema Fernglas zur Sprache. Sie wollten ein Fernglas zur Vogelbeobachtung kaufen, es sollte sehr preiswert sein, man hatte sich schon Gedanken gemacht, Astro Shop, Orni Welt oder Ebay, da gab es die freie Auswahl. Da saß ich in der Falle. Ferngläser bis 50 Euro, schnell entschieden, online geordert, sollte ich dagegen argumentieren? Ich riet dem Jungen zu einer kleinen Marktbeobachtung, erst einmal probieren und dann entscheiden.
Am nächsten Wochenende kamen sie dann mit dem frisch erworbenen Bresser 10x50 Porroglas.
Unser Habicht war nicht zu sehen, aber auf seinem Sitzplatz saß eine Krähe. Erwartungsgemäß stellte sich das Bresser als schwächer heraus, zur genauen Bestimmung der Leistungsunterschiede habe ich dann meine Testtafel aus dem Arbeitszimmer geholt und provisorisch am Gartenhaus befestigt.
Es stellte sich dann heraus, dass die beiden mit dem Zeiss 10x42 noch Zeichen erkennen konnten, die mehr als einen Faktor 3! kleiner waren, ich dagegen konnte nur einen Faktor 1,25 erkennen. Ich war mit dem 3x12 Mono auf dem 10x42 kaum besser, als die Jungs mit dem 10x42 alleine.
Es ist bekannt, dass die Sehleistung altersabhängig ist, aber so stark.
Wir haben den Test ohne Optik wiederholt, sie haben sehr gute Augen.
Es war klar, das Bresser bremste die Sehleistung ein, aber so stark?
Ich mußte sowieso routinemäßig zum Augenarzt, also habe ich diesen Termin etwas vorgezogen und mir u.a. meinen Visus bestimmen lassen. Er ist mit knapp 0,9 altersgerecht, bei der ersten Messung vor 15 Jahren war er noch bei 1,0.
Jetzt wollten wir es ganz genau wissen. Was reduziert beim Bresser die Leistung? Und ist das Bresser eine Ausnahme? Ich wollte schon lange eine visuelle Prüfmöglichkeit für Ferngläser einrichten, da war dann die Gelegenheit. Wenn ich die Tür zur Garage öffne, bekomme ich eine fast 17 Meter lange Strecke aus Kellerflur und Garage zusammen. Sehfelder kann man wegen der Türbreite so zwar nicht ausmessen, aber Mittenschärfe/Randschärfe/Kontrast/Streulicht lassen sich überprüfen. Im geschlossenen Raum sind die Bedingungen konstant und ganz wichtig, meine Testtafeln leiden nicht so stark, weder unter der Feuchtigkeit, noch unter den ständigen Auf-und Abnehmen.
Für einige Zeit wurde das Familienauto aus der Garage verbannt, Kat hin oder her, Dieselabgase tun dem weissen Papier nicht gut.
Wir haben dann 15 Meter abgemessen und die Tafel aufgehängt. Handzittern sollte durch Aufstützen auf einen Tisch beseitigt werden, als das nicht funktionierte, haben wir den Tisch durch ein Manfrottostativ mit Zeiss Binofix ersetzt, dahinter ein Hocker, den man in der Höhe verstellen konnte.
Zur Beleuchtung der Testtafel reichte die Garagenbeleuchtung (Beleuchtung A), eine simple Leuchtstoffröhre die nicht direkt zu sehen war.
Wie erhellt man mit geringem Aufwand eine Möglichkeit, starke Helligkeitsunterschiede zu produzieren? Ich habe es zuerst mit Christbaumkugeln versucht, das Licht der Garagenbeleuchtung wird gespiegelt und sollte im Fernglas stören. Der Versuch ging schief, die Reflexe waren nicht hell genug. Meine Frau hatte dann die Idee, eine alte Flurbeleuchtung rund, Vorderseite flach, Milchglas mit ein paar Motiven zu bekleben, diese Idee habe ich dann aufgegriffen und die Lampe oberhalb der Testtafel (Beleuchtung B) montiert. Auf die Lampe wurden ein paar Briefmarken geklebt. Hier konnten die Ferngläser zeigen, was noch zu erkennen bleibt, wenn das Licht eingeschaltet wird. Doch schon beim ersten Versuch wurde uns klar, so geht es nicht. Das Licht muß dimmbar sein. Dimmen verschiebt aber leider die Farbtemperatur, das Licht wird gelb. Wir haben dann ein halbes Wochenende gebraucht, bis wir eine Schieberlösung gefunden und montiert hatten, die eine farbneutrale Helligkeitseinstellung braucht. Damit war es dann immer noch nicht getan, statt ursprünglich 2x 40W sind wir runter auf 15W Halogen im E27-Sockel, die Helligkeit sollte schließlich realistisch sein.
Jetzt mußte man noch etwas zur Bestimmung der Störungen durch Fremdlicht finden. Nach einigen Versuchen haben wir in ca. 4 m (Beleuchtung C) und 7 m (Beleuchtung D) Entfernung vor den Ferngläsern an der Decke zwei 20 Watt Halogenstrahler montiert, einzeln zu schalten.
Nach den Tests im Keller mußte sich dann jeder Prüfling noch in der Praxis beweisen, was nicht so ganz einfach schien, schließlich hatten wir nicht alle Ferngläser gleichzeitig zur Verfügung.
Eine gewisse Einordnung sollte trotzdem möglich sein, wir würden uns für 3 Referenzmodelle entscheiden, Spitze, Mittelklasse, einfache Klasse.
Wir fingen mit einer wilden Mischung, überwiegend aus meinen eigenen 8+10 fachen Ferngläser an:
Bresser 8x32 Cobra
CZJ 8 x 30
Leica Trinovid 8x32 BN
Minox BV 8x42
Revue 8x30 Porro
Swarovski 8x30 SL
Docter 10x50 Nobilem B/GA
Leica Trinovid 10x50 BN
Leica Trinovid 10x25
Nikon SE 10x42
Porst 10x50
Revue 10x50 Porro
Swarovski 10x42 SLC
Zeiss 10x25 Victory
Zeiss 10x40 B/GAT*
Zeiss 10x42 FL
Zeiss 10x56 Victory
Die Gläser wurden mit selbst gedrehten Okularadaptern versehen, ich brauche zum Ausgleich meiner alterschwachen Augen ein 3x12 Mono. Ich wollte schließlich die Auflösung prüfen und nicht meine Augen.
Wir saßen stundenlang im Keller, dann ging es zum Kaffeetrinken an die frische Luft, am anderen Wochenende ging es weiter. Frank hatte sich auf seinem Notebook eine kleine Tabelle vorbereitet, in der wir die Ergebnisse verewigen wollten.
Wir waren längst per Du, daher hier die Vornamen der Beteiligten:
Frank und Christof, die beiden Brüder vom Nachbarhaus, dazu noch ich.
Wie kann man ohne Meßgeräte zu einem echten Vergleich kommen?
Die Idee lautet, mit dem besseren Glas kann man mehr erkennen. Schalte ich störendes Licht ein, dann sollte sich die Lesbarkeit verschlechtern. Die gefundenen Werte sollten sich ein Wochenende später reproduzieren lassen.
Erste Versuche erzwangen weitere Bastelstunden. In das Binofix wurde ein Röhrchen geklebt, 15 cm lang, 10 mm Aussendurchmesser um die Ausrichtung der Gläser zu bestimmen. Jetzt war es möglich, die Ferngläser definiert um ca. 2° zur Seite zu drehen und so die Randschärfe zu vergleichen.
Wir hatten noch keine Beleuchtung um die Dämmerung zu simulieren, ein 6V/5W Birnchen (E) in einer entfernten Ecke der Garage wurde über einen kleinen Trafo angesteuert. In der ersten Stufe waren alle Katzen grau, d.h. waren keine Farben zu erkennen, in der zweiten waren die Farben zu erahnen, dazu später mehr.
Dann mußte ich erkennen, dass der Siemensstern für ungeübte Beobachter nicht ideal ist, wir haben eine kleine Schrifttafel, einen Farbkreis und einen großen Graukeil ergänzt, dazu auf das Lampenglas noch jede Menge kleiner und kleinster Aufkleber, hier kann ich Briefmarken empfehlen.
Alle Orte, an denen wir etwas aufgehängt oder aufgestellt haben, wurden markiert und zusätzlich noch fotografiert,. sollte ich später noch einmal Lust auf weitere Messungen haben.
Die Helligkeiten wurden als Spotmessung durch das Objektiv Blende 4 bei 400 ASA überprüft und dann als Belichtungszeit angegeben, schließlich wollten wir die Ergebnisse in der Natur überprüfen. Wen interessieren schon Fernglasergebnisse die man im Keller gewonnen hat.
Wer es nachstellen will, hier sind die Belichtungszeiten:
A= 1/125 Sekunde
Ba= 1/4000 Sekunde
Bz= 1/1000 Sekunde
C= kein Einfluß
D= kein Einfluß
E1=4 Sekunden
E2=2 Sekunden
E3=1 Sekunde
Die Schriftgröße auf meiner Testtafel:
2,0 mm
2,6 mm
3,4 mm
4,4 mm
5,7 mm
7,4 mm
9,8 mm
In wenigen Wochen folgt der zweite Teil, bis Weihnachten sind wir garantiert durch.
Robert Fritzen