Als noch keine hochwertigen Mehrschichtvergütungen zur Verfügung standen, hat man die Prismenteile (sowohl bei Porroprismen als auch bei Dachkantpismen) lieber verkittet – was auch der Kollimationsstabilität zugute kommt. So fielen zwei Glas-Luft-Flächen mit Lichtverlusten und der Gefahr von Doppelbildern (wenn die beiden Flächen nicht ganz exakt parallel ausgerichtet waren) weg.
Seit jedoch MC-Vergütung die Reflexionsverluste auf untern 1% senkte und damit fast bedeutungslos machte, ziehen die meisten Hersteller einen kleinen Luftspalt zwischen den beiden Prismenteilen vor, weil sie dann mit kreisförmigen Blenden eine bessere Streulichtunterdrückung erzielen. Denn ohne solche Blenden gelangt auch schräg durchs Objektiv einfallendes Licht außerhalb des zur Bilderzeugung maßgeblichen Strahlenkegels ins erste Prisma und kann dann nach Totalreflexion an Seitenwänden oder nach diffuser Reflexion an mattierten Seitenwänden doch noch ins Bild gelangen und den Bildkontrast herabsetzen. Die Kreisblende zwischen den Prismen blendet den größten Teil derartigen Falschlichts aus, was den Bildkontrast mehr erhöht als ihn das durch Reflexion an den MC-vergüteten freien Prismenflächen herabsetzt. Unterm Strich ist die Bilanz somit positiv.
Die Prüfung auf Phasenkorrektur ist so, wie der Effekt von einigen Herstellern beschrieben wird, kaum möglich, weil der Unterschied in der Bildqualität zwischen identischen Gläsern mit und ohne Phasenkorrektur sehr subtil und daher wohl nur im direkten A-B-Vergleich eindeutig feststellbar ist. Die Vergleichsfotos mit und ohne Phasenkorrektur sind in keinem mir bekannten Falle echt, sondern durch Manipulation mit einem Bildbearbeitungsprogramm (z.B. Photoshop) erstellt und so sehr übertrieben (teilweise auch falsch), daß man trotz der Verschlechterung der Bildschärfe durch den Druckraster noch gut einen Unterschied sieht. Ich bezweifle, daß man ohne präzise Instrumente auch nur andeutungsweeise solche wegen fehlender Phasenkorrektur entstandene sternförmige Strahlen an Lichtquellen sieht wie im Swarovski-Büchlein „Fernoptik in der Naturbeobachtung“ auf Seite 35 (Abb. 20), auf die Sie sich vermutlich beziehen. Die dort gezeigten Strahlen sind entweder mit Photoshop-Filtern oder mit sog. Sternfiltern (Glasfiltern, die feine parallele Liniengitter in zueinander um 45° verdrehten Richtungen eingeritzt haben) durch Beugung und nicht wegen fehlender Phasenkorrektur entstanden. Auch die bei Ferngläsern ohne Phasenkorrekur etwas geringere Schärfe (nicht im gesamten Bild, sondern nur in einem nach beiden Seiten weich verlaufenden Streifen durch die Bildmitte parallel zur Dachkante) wird wohl nur im direkten Vergleich mit einem baugleichen Fernglas mit Phasenkorrektur eindeutig feststellbar sein.
Ich schlage folgenden Versuch vor, von dem ich aber noch nicht sagen kann, ob er ein gut sichtbares Ergebnis zeigt, weil ich derzeit kein Dachkantfernglas ohne Phasenkorrektur besitze und deshalb nicht überprüfen kann, ob der Test funktioniert. Aber rein theoretisch sollte der Effekt auftreten, und wenn er stark genug ist, müßte man ihn sehen können:
Nehmen Sie ein Linearpolfilter*), halten Sie es dicht vors Okular und schauen Sie so von vorn durch die Obektive durchs Fernglas gegen eine hell beleuchtete weiße Fläche (weißes Blatt Papier). Sie sehen eine helle kreisförmige Fläche, die merklich dunkler ist als wenn Sie kein Polfilter hinter dem Okular hätten. Nun drehen Sie das Polfilter langsam um die optische Achse. Bei einem Dachkantfernglas mit Phasenkorrektur ändert sich dabei nichts. Bei einem Dachkantfernglas ohne Phasenkorrektur erwarte ich, daß Sie evtl. während des Drehens eine wechselnde Helligkeit zweier Hälften der hellen Kreisfläche erkennen könnten. Je nach Drehstellung des Polfilters sollte eine Halbkreisfläche ein wenig dunkler als die andere sein, dann beim Weiterdrehen wieder beide gleich hell werden, dann beim Weiterdrehen die zuvor helle Hälfte die dunklere werden, dann wieder bei Weiterdrehen beide gleich hell usw. Evtl. kann dabei auch eine abwechselnde leichte Verfärbung mal etwas ins Bräunliche und mal ins bläulichviolette erfolgen. Probieren Sie es mal aus, wenn Sie ein Dachkantglas ohne Phasenkorrektur haben und Ihnen ein Linearpolfilter zur Verfügung steht.
*) Sollten Sie kein Linear-, sondern ein Zirkularpolfilter haben, dann können Sie auch dieses nehmen, müssen es dann aber verkehrt herum ans Okular halten. Also die Filterseite, die beim Anschrauben ans Fotoobjektiv dem Objektiv zugewandt ist, jetzt weg vom Okular. Andernfalls sehen Sie kein linear, sondern zirkular polarisiertes Licht, und dann funktioniert der Test nicht.
Wenn Sie diesen hier vorgeschlagenen Test durchführen können, wäre es schön, wenn Sie danach hier kurz berichten können, ob Sie am Fernglas ohne Phasenkorrekturbelag die erwarteten Effekte sehen konnten. Mich interessiert das selbst, und ich kann's mangels eines nicht phasenkorrigierten Dachkantglases leider nicht selbst ausprobieren.
Walter E. Schön
An den eifrigen Mitleser Volker Werres:
Warum überlassen Sie Junior die Beantwortung solcher Fragen immer nur uns Senioren? Haben Sie keine Ahnung, sind Sie zu faul, oder was sonst ist der Grund, daß Sie nie etwas Konstruktives beitragen, sondern nur Gift und Galle spucken können, wenn Sie schlechte Laune haben?