Es ist richtig, daß die längeren Garantiezeiten von Fujinon und Nikon für die Techni-Stabi- bzw. StabilEyes-Ferngläser kundenfreundlicher sind als die nur 2 Jahre Garantie von Canon für das Modell 10x42 L IS WP (die anderen IS-Ferngläser sind nicht wasserdicht und sowohl vom Preis als auch vom Gewicht her nicht ohne weiteres mit den Fujinon- und Nikon-Stabi-Modellen vergleichbar). Aber der Vorwurf eines „kurzlebigen Marketings“ ist sicher trotzdem nicht berechtigt.
Man darf auch nicht übersehen, daß das Funktionsprinzip bei Canon (Vari-Angle-Prismen) und bei Fujinon/Nikon (beweglicher Käfig mit starren Bildumkehrprismen) sehr verschieden ist. Beim Fujinon-Nikon-System ist der langfristige Verschleiß besser kontrollierbar. Gefährdet sind fast nur (im Falle eines Sturzes allerdings erheblich!) die Drehlager für die Bewegung des Käfigs, in dem die Umkehrprismen gehalten werden, weil da eine erhebliche Masse mit relativ langen Hebelarmen reibungsarm um zwei Achsen drehbar sein muß. Wenn diese Lager zu Bruch gehen, könnte Fujinon bzw. Nikon problemlos eine Garantieleistung ablehnen mit der Begründung „unsachgemäßer“ Handhabung, denn ein Sturz ist nun mal keine sachgemäße Handhabung. Die 10jährige Garantie wäre in einem solchen Falle nicht viel wert. Beim Canon-System sind die bei der Bildstabilisierung bewegten Massen und Hebelarme erheblich kleiner, so daß eine Beschädigungsgefahr bei gleich heftigem Sturz auch deutlich geringer ist. Das Risiko für Canon, zu Garantieleistungen herangezogen zu werden, steckt also in anderen Bauteilen oder Schwachstellen, die offenbar schwerer zu kalkulieren sind und bei denen sich im Schadensfalle weniger leicht „unsachgemäße Handhabung“ nachweisen ließe. Ich will nicht Canon verteidigen, aber der Fairness halber auf diese Sachverhalte hinweisen, damit diejenigen, die ein Urteil gern „aus dem Bauch heraus“ fällen, etwas vorsichtiger sind.
Nichtsdestoweniger muß jeder für sich entscheiden, ob ihm ein bildstabilisierendes Fernglas von Canon oder von Fujinon bzw. Nikon sympathischer ist und welchen Stellenwert die Länge der Garantiezeit bei der Kaufentscheidung hat. Ich will und kann also niemandem etwas vorschreiben. Wer sich z.B. für ein Fujinon oder Nikon entscheidet, sollte sich aber klar darüber sein, daß er eine geringere Öffnung, eine kleinere AP, ein engeres Sehfeld und dennoch ein 30% (12x32) bis 50% (14x40) größeres Gewicht einkauft als mit einem ähnlichen Canon-Modell. Diese Eigenschaften dürften nicht wenigen Anwendern wichtiger sein als die unterschiedlichen Garantielaufzeiten.
Walter E. Schön