Der von „Achim“ benutzte Begriff Faltung hat nichts mit „(Zusammen-)Falten“ in herkömmlichem Sinne zu tun, sondern ist ein Fachausdruck für eine bestimmte mathematische Verknüpfung zweier Funktionen zu einer neuen Funktion. Mit „entsprechende Regel im Deutschen” hat er nicht eine in die deutsche (Umgangs-)Sprache übersetzte Regel gemeint, sondern eine der mathematischen Faltung analoge sprachliche Verknüpfung zweier grammatischer Formen, nämlich hier der Steigerung von Adjektiven. Dieser Versuch, einen sprachlichen Lapsus seines Vorredners zu brandmarken, ist 1. aufgrund der einem Nichtmathematiker unverständlichen und 2. zudem auch sprachlich mißglückten Formulierung selbst zum Schuß nach hinten geworden (ein Fall unfreiwilliger Komik).
Ich will versuchen, mit einer verständlicheren Formulierung die Analogie zur mathematischen Faltung aufzuzeigen:
Der Komparativ „besser” = 1. Steigerungsform in der Reihe „gut, besser, am besten“ (= Positiv, Komparativ, Superlativ von „gut“) drückt ein Verhältnis aus: A ist besser als B. Aber er sagt nichts über den Grad des Besser-Seins aus; A könnte z.B. ein wenig besser, viel besser oder auch sehr viel besser als B sein. Wenn A in maximaler Weise besser wäre, also besser als alles andere, nicht nur besser als B, sondern auch besser als C, D, usw., dann kann das durch den Superlativ „am besten“ ausgedrückt werden. Der wiederum läßt sich nicht mehr weiter steigern, auch wenn dies mit „am allerbesten“ oder viel schlimmer noch „voll am besten“ oder „echt am besten“ von Sprachstümpern oft versucht wird.
Nun hat Herr Böder den Grad des Besser-Seins angeben wollen und deshalb das Wort „deutlichst” davor gesetzt. Hätte er nur „deutlich“ gesagt, so wäre das sprachlich (nicht zwangsläufig auch sachlich) korrekt gewesen. Es hätte bedeutet, daß A nicht etwas, sondern viel besser sei als B.
Leider hat Herr Böder aber „deutlichst“ statt „deutlich“ gebraucht, was sprachlich ein Mißgriff war (ob gewollt, wie nachträglich dargestellt, soll mal offen bleiben). Dieses „deutlichst“ ist eine zusätzliche Steigerung, hier von „deutlich“, in diesem Falle sogar der Superlativ (korrekt: „am deutlichsten“). Es wäre zulässig, wenn auch unschön, wenn sich „deutlichst“ auf eine Tätigkeit bezöge. Beispiel: Der Lehrer hat etwas deutlich erklärt. Beispiel einer unschönen Steigerung: Der Lehrer hat deutlichst (besser wäre „ausdrücklich” oder „besonders deutlich“) darauf hingewiesen, daß das Rauchen im Schulhof untersagt ist. Hier bezieht sich „deutlichst“ auf das Verb „hinweisen“. Dagegen kann das gesteigerte Adjektiv „deutlichst“ nicht auf ein anderes (ebenfalls schon gesteigertes) Adjektiv wie in diesem Falle auf „besser“ angewandt werden, worüber sich Herr Böder hinweggesetzt hat.
Nun wollen wir auf die „Faltung“ Bezug zu nehmen: Die Steigerung von „gut“ zu „besser“ entspricht einer mathematischen Funktion. Die Steigerung von „deutlich“ zum Superlativ „deutlichst“ ist einer weiteren mathematischen Funktion vergleichbar, die quasi gemeinsam mit der ersten Funktion auf die Aussage des Satzes wirken soll. Diese gemeinsame, also verknüpfte Wirkung verglich „Achim“ (wenn ich ihn recht verstanden habe) mit der mathematischen Operation der Faltung zweier mathematischer Funktionen.
Es ging also um keinen gefalteten Strahlengang wie z.B. bei einem Gregory- oder Newton-Teleskop.
Abgesehen davon ist aber bei fast allen Ferngläsern der Stahlengang doch gefaltet, nämlich durch die Umlenkungen in den Bildaufrichtungsprismen. Ausnahme: Galilei-Ferngläser und Zielfernrohre (bei ersteren ist keine Bildaufrichtung nötig, bei letzteren erfolgt sie ohne Prismen mit einer Zwischenoptik nach dem Prinzip des Kepler-Fernrohrs).
Walter E. Schön