Das hier im Forum von mir schon oft wegen seiner Bildqialität gelobte und als eines der besten derzeit käuflichen Ferngläser bezeichnete bildstabilisierende Canon 10x42 L IS WP dient mir bei vielen Fernglastests als wichtiges Referenzglas. So hatte ich es letzte Woche auch wieder benutzt, wobei dieses und ein anderen Fernglas direkt nebeneinander auf Stativen montiert waren, um Schärfevergleiche ohne Verwackel- und Zitterunschärfe durchführen zu können. Als ich aus einigem Abstand von hinten beide Ferngläser nebeneinander sah (das andere war ein 8x32), fiel mir auf, daß die Austrittspupille des Canons nicht etwas größer war (sie hätte einen Durchmesser von 4,2 mm haben müssen), sondern kleiner als die des 8x32-Glases (deren Durchmesser korrekt 4 mm betragen hat). Also habe ich nachgemessen und etwas ungläubig 3,7 mm auf der Schublehre abgelesen. Ich habe dann sofort auch die Vergrößerung überprüft, doch die erwies sich also korrekt 10fach und nicht höher, so daß folglich auch die effektive Öffnung nur 37 mm statt der angegebenen 42 mm beträgt. Ein zweites Canon 10x42 L IS WP zeigte dasselbe Ergebnis. Zwar haben die Objektive eine lichte Weite von 42 mm, aber man kann bei genauerer Untersuchung feststellen, daß die im Lichtdurchgangs-Querschnitt runden Vari-Angle-Prismen der Bildstabilisierung einen für diese Öffnung zu kleinen Querschnitt haben und so die effektive Öffnung auf nur 37 mm reduzieren.
Ich habe deshalb sofort mit dem für Ferngläser verantwortlichen Canon-Manager telefoniert. Er schien das selbst noch gar nicht bemerkt zu haben; jedenfalls hatte ich bei diesem Gespräch nicht den Eindruck, daß er sich nur unwissend stellte. Ich bat ihn um Klärung in Japan, warum Canon, eine sonst als seriös bekannte Firma, trotz einer AP von 3,7 mm und somit trotz eines nur 37 mm betragenden effektiven Öffnungsdurchmessers das Fernglas als ein 10x42 und die AP als 4,2 mm angibt. (Auf der Canon-Website steht schon seit mindestens eineinhalb Jahren außerdem solcher Unsinn wie „Nah-Einstellgrenze auf 1000 m 114“ oder „Abstand der Austritts-Pupille (m) ca. 2,5 m“, und statt „Sehfeld“ bzw. „Sehwinkel“ heißt es falsch „Gesichtsfeld“. Obwohl ich schon vor mehr als einem Jahr auf diese Fehler hingewiesen hatte, stehen sie noch immer im Internet - offenbar wegen inkompetenter Canon-Mitarbeiter, die an anderer Stelle (in Pressemitteilungen) z.B. auch von „Augenstücken“ (= eyepieces) statt von „Okularen“ und von „Augenpunkt“ (= eye point mit der Bedeutung „Augenlage“) statt von „AP-Längsabstand“ schrieben.
So exzellent die Abbildungsgüte, das große Sehfeld, die Transmission und nicht zuletzt der enorme Gewinn an Detailerkennbarkeit durch die sehr gut fnktionierende Bildstsbilisierung sind, jeder Interessent sollte wissen, daß es sich nicht um ein 10x42-, sondern nur um ein 10x37-Fernglas handelt und daher die Dämmerungs- und Nachttauglichkeit deutlich unter den Erwartungen zurückbleiben.
Ich habe keinen Grund, der Firma Canon „eins auszuwischen“, sondern arbeite seit mehr als 20 Jahren zu bester Zufriedenheit mit Canon-SLR- und -Digital-Kameras, -Objektiven, -Blitzgeräten und (neuerdings) auch Ferngläsern. Dennoch muß das mal gesagt werden, denn ich habe bisher noch nirgendwo einen Hinweis auf diese falschen Angaben gesehen. Offenbar haben selbst seriöse Tester den Canon-Daten bislang blind vertraut und nie nachgemessen.
Walter E. Schön