Sie schreiben immer nur über den Längsfehler; der QUERFEHLER aber ist hier relevant, weil er mit größer werdendem Winkel (und heute sind 60° ein minimum bei guten Ferngläsern!) überproportional steigt! Die Farbsäume sieht man denn auch vor allem am Rand! Dazu kommt, dass viele Ferngläser sehr kurze, also sehr geöffnete Objektive haben -
aber lesen Sie selbst, was Herr Schön dazu meint: (ich zitiere aus einer PN von heute mit seiner Erlaubnis):
______
Herr Manfred Müllers argumentiert nur auf den ersten Blick überzeugend: Tatsächlich spielt schon allein aufgrund der kurzen Okularbrennweiten (im Vergleich zu den sehr langen Objektivbrennweiten, insbesondere bei den astronomischen Teleskopen) der Farblängsfehler beim Okular keine Rolle. Aber die Farbsäume im Bildrandbereich sind ja nicht Folge des Farblängs-, sondern eines Farbquerfehlers. Und der kann auch bei sehr kurzen Brennweiten schnell sehr groß werden, nämlich wenn der Bildwinkel groß wird - siehe Farbsäume z.B. an Baumästen vor hellem Himmel in den Ecken der Fotos von Weitwinkelobjektiven, die man so bei Teleobjektiven nicht kennt! Der Farbquerfehler nimmt weit überproportional mit dem Bildwinkel zu. Die von Herrn Müllers angeführten orthoskopischen, Kellner-, Plößl-, Mittenzwey-Okulare usw. ohne nennenswerte Farbsäume haben ja alle nur kleine Bildwinkel (2 alpha zwischen 40° und ca. 52°) und sind auch nur bei lichtschwachen Objektiven einsetzbar. Sobald der scheinbare Sehwinkel, also der Bildwinkel der Okulare, etwa 60° erreicht oder überschreitet, wie das bei hochwertigen Ferngläsern der Fall ist, kann man den Farbquerfehler der Okulare nicht mehr ignorieren. Hinzu kommt, daß bei Ferngläsern im Vergleich zu Teleskopen die ganze Sache aufgrund der vergleichsweise kurzen Objektivbrennweiten in Verbindung mit relativ großen Öffnungsverhältnissen nochmals erschwert wird: Es ist quasi eine viel stärkere Feldlinsenwirkung nötig, weil die in der Primärfokusebene (Feldblendenebene) im Randbereich stark zur optischen Achse divergierenden Lichtstrahlen viel stärker zur Okular-Eintrittspupille hin abgeknickt werden müssen. Auch die hierfür benötigte prismatische Wirkung kann für Farbsäume verantwortlich sein.
Könnte man bei Ferngläsern so wie bei Teleskopen die Okulare herausnehmen und in der Feldblendenebene eine Gitterplatte (Strichplatte) einfügen, ließe sich gut überprüfen, welchen Anteil an den Farbsäumen im Randbereich die Okulare haben: Man müßte das Fernglas (Teleskop) nur mit einer Mattscheibe (Diffusorscheibe) vor dem Objektiv gegen eine helle Lichtquelle richten und dabei die Gitterlinien am Randbereich des Sehfeldes betrachten. Es würde dann nämlich innerhalb der Feldblende kein Bild erzeugt, sondern nur eine ziemlich gleichmäßig helle Fläche, vor der die Gitterlinien der Strichplatte sich dunkel und scharfkantig abheben. Sieht man nun an den im Randbereich tangential verlaufenden Gitterlinien Farbsäume, so können sie nur vom Okular verursacht worden sein. Sähe man keine Farbsäume, wäre dies der Nachweis dafür, daß das betreffende Okular keine Farbsäume hinzufügt, sondern die in der Normalkonfiguration (also ohne Diffusorscheibe vor dem Objektiv) sichtbaren Farbsäume ihre Ursache ausschließlich in Aberrationen des Objektivs haben. Leider aber gestattet die Bauweise modernen Ferngläser einen solchen Test nicht.
Falls Herr Müllers aber ein Weitwinkelokular mit 2 alpha > 60° für eines seiner Teleskope haben sollte, mit dem Farbsäume am Randbereich zu sehen sind, könnte er ja versuchen, diesen Test mittels einer Strichplatte durchzuführen (die Striche müßten sich aber wirklich bis in den Randbereich erstrecken). Allerdings vermute ich, daß selbst dieser Test in den meisten Fällen nicht durchführbar ist, weil viele der Weitwinkelokulare ihre Feldblendenebene hinter der Okular-Frontlinse haben, also auch hier die Feldblendenebene nicht zugänglich ist. Die Okularlinsen vor der Feldblendenebene können sowohl die Aufgabe einer Barlow-Gruppe (Steigerung der Vergrößerung) als auch die einer Feldlinse (Randaufhellung) als auch die der Bildfeldebnung (Field Flattener) oder einer beliebigen Kombination davon haben.
Leider sehe ich mich aufgrund dieser praktischen Schwierigkeiten außerstande, meine These, daß auch die Okulare nennenswert zu den Farbsäumen im Randbereich beitragen, durch praktische Versuche zu beweisen. Und leider werden wir das von den Optikrechnern, die genau wissen, wo in welchem Umfang die Farbsäume entstehen, aufgrund des aus guten Gründen von den Vorgesetzten verhängten Maulkorbs auch nicht erfahren. Schließlich ist Apo-Objektiv, ED-Objektiv, FL-Objektiv oder ähnlich doch ein werblich sehr wirksam nutzbares Argument.
----
Dem habe ich nichts hinzufügen natürlich!
Gruss
Marc Champollion