Hallo Ulli,
hier im Forum wurden in der Vergangenheit immer wieder Forderungen nach höherer Randschärfe laut. Randschärfe wird wesentlich vom Okularaufbau mitbestimmt. Wenn die Bildqualität auch bei weiten Sehwinkel erhalten bleiben soll und zugleich das Gewicht nicht drastisch steigen darf, sich größere Okulardurchmesser also verbieten, bleibt eigentlich nur, das Okular langbrennweitiger auszulegen (die Objektive natürlich entsprechend auch), denn auch dies reduziert die Bildfeldwölbung. Außerdem sind längerbrennweitige Okulare und Objektive generell für eine hohe Bildkorrektur vorteilhaft, denn je kurzbrennweitiger, je höher also die Brechkraft eines optischen Systems, umso höher sind auch die Bildfehler. Wenn dann im Zuge der Forderungen nach höherer Bildqualität und größerer Randschärfe ein neues Fernglas-System insgesamt langbrennweitiger ausgelegt wird, verlängern sich zwangsläufig auch die AP-Lagen der Okulare.
Ich vermute deshalb, dass es vor allem der Wunsch nach höherer Randschärfe bei niedrigem Gewicht und weitem Sehfeld ist, der die optischen Konstrukteure die AP nach hinten verschieben lässt. Hohe AP-Lagen findet man bei den für Randschärfe gelobten weitwinkligen Gläsern fast immer, siehe z.B. Nikon. Leider sind große AP-Längsabstände nicht nur für manchen unbequem, sondern anscheinend auch überdurchschnittlich oft mit größeren Pupillenaberrationen der Okulare verknüpft. Diese Aberrationen beruhen darauf, dass das Okular nicht nur das virtuelle Zwischenbild der Objektive scharf in der AP abbilden muß, sondern zugleich auch die weiter vorn liegende Fernglasobjektivöffnung (bzw. Objektiv-Austrittspupille) ebenso in der AP scharf abbilden sollte. Das Okular muß sozusagen für zwei verschiedene Entfernungen zugleich ein scharfes Bild liefern. Da mit längerer Brennweite aber einerseits die Schärfentiefe des Okulars abnimmt und andererseits die Distanz von Zwischenbild und Objektiv-AP ansteigt, dürften mit längerbrennweitigen Okularen leider auch die Pupillenaberrationen ansteigen. In der AP des Fernglases kommen Zwischenbild und Objektiv-AP nicht an der gleichen Stelle zu liegen, sondern liegen zunehmend hintereinander, was den Einblick schwieriger werden lässt. Schwenkt die Pupille des Auges seitlich zum Rand der Fernglas-AP, wird sie je nach AP-Längsabstand früher oder später entweder von der Zwischenbildbegrenzung oder der Objektiv-AP-Begrenzung abgeschattet: Kidney-Beaning, schwarze Schatten beim Augenrollen.
Ich fürchte daher, dass Herrn Mackenbrocks Beobachtungen zum seiner Meinung nach verschlechterten Einblickverhalten des Swarovision Prototyps nicht von ungefähr kommen. Man hätte demnach die Forderungen nach Randschärfe und Kontraststeigerung zwar erhört, aber ob man auch den optischen Preis, den die Kunden dafür beim Einblick zahlen müssen, richtig kalkuliert hat, bliebe die offene Frage.
Gruß
PS.:
Angeregt durch den Enthusiasmus von Herrn Peperkorn habe ich mir vor einigen Wochen die Swarovsi ELs 8x32 und 8,5x42 vergleichend angeschaut. Den immer wieder hochgelobten Einblick beim 42er fand ich zwar nicht schlecht, aber auch nicht überragend. Ganz anders beim 32er, das für mich einfach perfekt war. Auch wenn es eine höchst individuelle Geschichte ist, einen derart natürlichen Durchblick wie beim EL 8x32 habe ich bisher noch bei keinem anderen Glas erlebt. Auch Verarbeitung und Handhabung waren vom feinsten. Ich kann verstehen, dass mancher bei solchen Qualitäten auch über einen Hauch weniger optische Brillanz leicht hinwegsehen kann. :-)
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.11.09 19:42.