Freitag in der Schellingstrasse bei Nikon gekauft ("Vorführglas"), samstag und sonntag bei langen Wanderungen eingehend zu zweit probiert.
Anfangs war ich schon skeptisch, hat mich doch dreissig Jahre lang ein Zeiss 8x30B begleitet; ich muss sagen, jetzt würde mich das vergleichsweise tunnelartige Sehfeld des Zeiss' (vielleicht knapp über 50°, gegenüber fast 70° des Nikon) stören.
Das Nikon ist zwar angeblich nicht ganz wasserdicht, allerdings sehe ich nicht, wo und wie Wasser hineingeraten sollte, ist doch alles mit Gummisicken abgedichtet, aber ich pflege nicht, bei Regenwetter wanderungen zu machen, über das Alter bin ich schon heraus.
Das Scharfstellrad ist gummiert, breit genug und fällt genau unter den Zeigefinger; er lässt sich wunderbar drehen, leicht, schnell, nicht ruckartig, ohne Spiel.
Dass der Einblickwinkel nicht ganz so gut ist wie beim Zeiss Victory FL liegt sicher nicht so sehr am geringfügig kleineren Objektivdurchmesser (30 statt 32mm), sondern an dem knappen Pupillenlängsabstand, der mit ca 14 mm für mich gerade ausreichend ist (-5,5 DPTR, kleine Brille). Man darf nicht vergessen, dass der subjektive Sehwinkel fast 70° beträgt, somit ist es wohl das mit abstand weitwinkligste brillentaugliche Fernglas moderner Fertigung.
Die Schärfe und der Kontrast sind wirklich umwerfend, sogar die Transparenz, aber vielleicht sind da Porro-Gläser prinzipiell im Vorteil?
Der größere Stereo-Effekt macht sich bis ca 100 Meter positiv bemerkbar; die Nahgrenze von ca 3 meter ist mehr als ausreichend.
Schiesslich ist das Gewicht mit 575 Gramm, zusammen mit dem enormen Sehfeld, konkurrenzlos gering.
Ich schlage eine neue Formel vor, um diesen Wert der Kompaktheit bzw. des relativen Gewichts in Relation zum Sehfeld leicht zu vergleichen: zumindest bei 8x- Ferngläsern mit 30/32mm Objektiv dividiere man einfach das Gewicht durch das Sehfeld bei 1 km: bei diesem Nikon kommt man auf 575/154 = 3,73, zum Vergleich: Zeiss Victory 8x32: 560:142 = 3,94, Nikon HG-L 8x32: 695:136 = 5,1, Pentax ED 8x32: 665:131 = 5,07,
Viele Billiggläser um 600 Gramm erreichen kaum Werte über 120 meter, das wären dann 600:120 = 5.
Freilich muss man bedenken, dass Dachkantgläser wirklich wasserdicht sein können, das hat auch seinen Preis bzw. sein Gewicht.
Aber für weniger als 400€ ein solches Fernglas wie das Nikon-Porro, das kann man nicht finden. Leider wird es nicht mehr gefertigt und wird nur noch auf dem Gebrauchtmarkt zu finden sein, und da ist große Vorsicht geboten!
Marc Champollion