Das Auflösungsvermögen des Auges ist ja nicht nur eine Sache des individuellen Visus, es hängt ja auch vom Motiv und seinem Kontrast ab. Der Wert von 100-120'' ist gemittelt und gilt meines Wissen nur für jeweils durchschnittliche Verhältnisse, für den Normalfall. Unter idealen Bedingungen und bei überdurchschnittlichem Visus können aber viel bessere Werte von etwa 30-60'' erreicht werden. Und da aufgrund der Bildverarbeitung im Gehirn das Auflösungsvermögen für Linien höher ist als das für Punkte, sind bei Linien in Extremfällen, (perfekter Kontrast, etwa Haare oder dünne Drähte gegen den Himmel etc.) wenn ich mich recht erinnere sogar schon Werte um die 18'' beschrieben worden.
Vor kurzem habe ich bei ganz guter Fernsicht mein Nikon 10x25HG gegen das Zeiss Victory 7x42FL verglichen. Gegen den Kontrast des Victory kam das Nikon nicht an, wahrscheinlich weil die Transmission des Nikon zum Blauen hin deutlich nachlässt. Gebäudedetails in ca. 50km Entfernung wirkten trotz der geringeren Vergrößerung im Victory informativer, meine Augen konnten mit dem Zeiss den ganz leichten Dunst in der Ferne besser durchdringen. Meiner Tante dagegen gefiel das Nikon beim Blick in die Ferne sehr gut, vielleicht weil die höhere Vergrößerung den im Alter etwas nachlassenden Visus kompensieren kann.
Die Begriffe Kontrast und Auflösung verwendet man womöglich allzu leicht um allein damit Wahrnehmungseindrücke zu beschreiben, für die man vermutlich noch weitere sinnesphysiologische Parameter heranziehen müßte. Deshalb würde ich nicht kategorisch ausschließen, dass an Herrn Kotts Wahrnehmung mit eigenen Augen doch etwas dran ist. Normalerweise sollte man zwar kaum eine Chance haben Auflösungsunterschiede zu bemerken, aber unter speziellen Umständen bin ich nicht so sicher... es muß auch nicht allein die Auflösung sein, die er meint.
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.04.11 22:59.