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Ein praxisnaher Test der Auflösung stellt die Bedeutung der Labor-Messwerte in Frage

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19. September 2011 08:02
Ich glaube die Lehrbuch-Rechnungen stimmen, aber viele der hier gehandelten Messwerte tun es in Bezug auf die Leistung des Auges nicht. Je mehr man in den Grenzbereich einer Größe vorstößt um so heikler wird es, alle beeinflussenden Messbedingungen überhaupt zu kennen, geschweige denn sie zu kontrollieren. Die Frage wird dann mehr und mehr, wie und was überhaupt gemessen wurde. Wenn die Bedingungen kritisch sind und eine technische Standardisierung fehlt, kann man schlecht vergleichen und die Bedeutung von derart verschieden "gemessenen" Werten für die Wahrnehmung auch schlecht einschätzen. Außerdem sollte man die individuelle Wahrnehmungsleistung des Auges einbeziehen, wenn die Optiken dem Auge gar nicht so deutlich überlegen sind, wie auch ich früher immer dachte, anstatt das Auge unbemerkt von vornherein zu unterschätzen, und sich an der zu groben Richtmarke eines kollektiv gemittelten Visus zu orientieren.

Die Auflösungswerte für das alte 50er Zeiss-Objektiv und der von Herrn Weigand für das neue 42er stammen aus dem Zwischenbild. Ich nehme an da wurde ein Sensor plaziert oder ein Film, dann kann man Pixel zählen und Abstände ausmessen und braucht keine Testpersonen - vorausgesetzt Sensoren und Testmotive waren tatsächlich gut genug. Mein erster Gedanke bei Kritikers Werten dagegen war: multipliziert mit den Vergrößerungen der Gläser erhält man immer um die 60", Ausnahme Conquest 42". Das riecht nach visueller Bestimmung, bei der statt der Auflösung der Gläser vielleicht eher der Visus von Testpersonen herauskam. Kritiker, wie sind Sie vorgegangen was war ihr Sensor? (Sie haben doch die Dachkanten sicher nicht geschlachtet um ans Zwischenbild zu kommen, wie Herr Weigand, der an der Quelle sitzt?) Stattdessen Okularprojektion - oder Booster plus Auge?

Dann die Motive und das Licht im Labor. Hochkontrastmotiv ist nicht gleich Hochkontrastmotiv. Nicht für einen Sensor, noch weniger für das Auge und seine Signalverarbeitung, Linien vs. Punktauflösung und Mustererkennung, hatten wir ja alles schon. Die Abbildungsleistung der Optik (und des Auges) ist außerdem entfernungsabhängig und die Abbildungsleistung der Atmosphäre auch bei hellem Sonnenlicht noch sehr witterungsabhängig, wenn man die Gläser praxisnah bei Tageslicht auf Unendlich testet. Ich wollte praxisnah testen. Und kam zu Ergebnissen, die mich die Relevanz aller bisher genannten Labor-Zahlen sehr bezweifeln lassen...

Ich kann aus meiner Dachwohnung einen laut Googlemaps 14,7km entfernten gemauerten Turm mit ebener Plattform sehen. Mit Tischstativ und einem 20x70 Porro sehe ich bei klarer Fernsicht gegen weißbewölkten Himmel darauf den Fahnenmast in der Mitte. Klar und deutlich, sogar mit einem winzigen Tick Ausdehnung seiner Dicke. Bei blauem Himmel und hochstehender Sonne sehe ich ihn dagegen nicht, Rayleigh streut ihn dann vermutlich weg und lässt die Fahne schweben. Manchmal tauchen darunter kleine oft ovale, nicht ganz runde Pünktchen auf, deutlich über meiner Auflösungsgrenze, sonst wären sie nicht meist oval. Sie bewegen sich immer genau horizontal über die Brüstungskante entlang. Ein Kopf hätte in dieser Entfernung horizontal 2,3". Wenn der Fahnenmast geschätzte 10cm Durchmesser hätte, machte das zum Vergleich 1,4". Daraus sollte eine perfekte 20-fache Optik dann jeweils gute 46" bzw. 28" machen. Wenn Besucherköpfe da sind, sehe ich die Köpfe am Tag im 20x70 immer, solange es nur hell genug ist. Mit einem 8x32 Porro plus 2,5x Galileibooster, also 20x32, sehe ich dagegen den Mast niemals, die Köpfe unter guten Bedingungen aber schon, gerade so an der Grenze. Mit dem geboosteten HG 10x25 geht bei 25x25 allerdings überhaupt nichts, nie.

Über der Turmbrüstung gibt es neben der mittigen Fahne zu einer Seite hin eine Art kleines niedriges Dach, wäre es nur eine flache Tafel oder ein Schild könnte ich je nach Lichteinfall nicht den dunkleren Dachgiebel ausmachen. Bei optimaler Fernsicht erahne ich mit dem 20x70 angedeutungsweise drei Dachstützen, aus meiner Richtung im Abstand von rund 1m, besonders wenn ihr vielleicht blankes Metall etwas reflektiert. Ich vermute da die absolute Auflösungsgrenze meiner Augen für Linien, ca. 20", die mit der der 70erOptik zusammenfiele, 1" mal 20-fach, womit die Stützen ca. 5-8cm dick wären. Dafür spricht, dass sie mit Booster bei 50x nicht dicker werden.

Ich kann also im Praxistest mit meinem 20x70er klar drei Strukturen unterscheiden: die vielleicht 1" der Dachstützen, die wahrscheinlich 1,4" des Fahnenmastes und die ca. 2,3" der Köpfe. Wenn dagegen die Auflösungswerte von Dir, Holger, von Herrn Weigand oder Kritiker zuträfen, müßte ich mir die Dachstützen und den Masten im 20x70er einbilden. Denn wenn ein 42er Objektiv im 10xVictory als auflösungsbestes Glas von Zeiss nur 4,2" schaffte, dann dürfte ein 70er Objektiv bei gleichguter Optik bestenfalls 2,5" zeigen, also höchstens noch ausgesprochene Dickköpfe sichtbar machen. So viele gibt es davon auch wieder nicht. Der Mast ist im 70er ja auch deutlich dünner als jeder Kopf auszumachen und die noch dünneren Dachstützen kann ich erahnen und zählen. Irgendwann ist da mal ein Ausflug mit Maßband fällig... Bis dahin glaube ich einfach nicht, dass ich Mast und Stützen nur halluziniere und dass nur Dickköpfe auf diesen Turm dürfen. Außerdem wäre durch Herrn Weigands 42er Edeldachkant mit seinen angeblich nur 4,2" Auflösung auch geboostet keine einzige der drei Strukturen überhaupt zu sehen, geschweige denn ihre Ausdehnung zu unterscheiden - auch nicht mit den 4,5" bzw. 5,8" von Kritikers 50er bzw. 42er Premium-Porros. Auch das alles glaube ich nicht. Denn ganz im Gegensatz dazu kann ich sogar schon mit der kleineren Öffnung des geboosteten 32er Porros bei 20x32 die Köpfe unter gutem Licht ausmachen.

Wie könnte sich das alles besser erklären lassen? Mein Reim darauf wäre, bei Hochkontrastmotiven liefert m. E. nicht Rayleighs oder Dawes', sondern Sparrows Kriterium die beste Näherung für die Auflösungsgrenze einer Optik in Bogensekunden: 70"mm/Öffnungsmillimeter. Mein 70er schaffte danach theoretisch ca. 1", nach dem 20x Okular also bestenfalls ca. 20", womit Köpfe, Mast und mit Glück sogar die Dachstützen unter Optimalbedingungen gehen sollten. Das geboostete 32er könnte dagegen nur ca. 2,2" bzw. 43", also Köpfe gerade soeben, Mast und Stützen aber nie. Das geboostete 25er fiele mit 2,8" oder 70" komplett raus. Diese theoretischen Zahlen deckten sich also gut mit den Beobachtungen, vorausgesetzt mein Visus... Die Augenklinik suchte neulich Testpersonen für ein Experiment. Nach dreieihalb Stunden mit vielen Untersuchungen zum Nah- und Fernsehen bei drei Ophtalmologen das überraschende amtliche Ergebnis: Visus mit gelesenen Zahlen und Buchstaben klassisch bestimmt links 1,6 und rechts 1,3. Visus mit forced-choice und Landoldtringen ermittelt an diesem Tag links 2,01 und rechts 1,67 - binokular 2,5. Macht für meine Wahrnehmbarkeitsschwellen punktstrukturlastiger Motive 30", 38" bzw. 24". Das ist ziemlich gut - aber gar nicht so selten, wie mir die Mediziner versichert haben. (Und keinesfalls exotisch, wie vielleicht manche glauben, die hier lieber von nur 60-120" ausgehen wollen.)

Bliebe noch die Frage, wie dann die deutlich zu schlechten Labormesswerte der Premium-Optiken zu erklären wären, die aus meiner Sicht um mindestens einen Faktor 2 - 3 zu schlecht ausfallen. Ein 42er hätte nach Sparrow 1,7" und nicht 4,2" oder 4,5". Vielleicht ist es eine Frage der eingangs vermuteten schlecht übertragbaren Bedingungen: welche Sensoren, welche Entfernung, welches Licht, welches Motiv, wie und was wurde gemessen, und besonders, welche vielleicht verschiedenen Kriterien hat man für eine Strukturtrennung überhaupt angelegt. (Vielleicht auch: welche Interessen oder Voreingenommenheiten und Denkweisen der Urheber stecken dahinter :-) Das Auge scheint sich jedenfalls unter guten Bedingungen an Sparrows 70 zu orientieren, und nicht an Rayleighs 150 oder Dawes 115. Ich würde nach meinen Erfahrungen dafür plädieren, in Zukunft von dieser Maßzahl auszugehen.

Noch was ist in dem Zusammenhang ganz interessant, das Thema Mittenschärfe. Im normalen Gebrauch hatte ich die scharfe Zone des 20x70 bisher auf 60% Feldbreite veranschlagt. Jetzt sehe ich, dass sie für optimale Auflösung auf weniger als vielleicht 15% zusammenschnurrt, oberhalb weichen die Konturen zunehmend auf. Karlchens Frage, ob man für gute Randschärfe bei großen Feldern in der Mitte sichtbar mit etwas Detailwahrnehmung bezahlen muss, und man nicht beides haben kann, hätte ich als Nichtfachmann vor den Swarovision und EDG bejaht. Für gute Augen stellte sich glaube ich nur die Frage wieviel Qualitätsverlust man dabei hinnehmen wollte. (Deshalb war für mich die Randunschärfe von Leica und Zeiss umgekehrt immer ein gern akzeptiertes Tribut an deren hervorragende Mittenqualität. Und für allerhöchste Mittenqualität schienen mir Porros irgendwie noch einen Tick besser geeignet.) Bei den derzeit modernsten geebneten Premiumgläsern würde ich aber gerne mal genauer hinschauen, und bei alten Spitzenporros zum Vergleich auch - nur muß man an solche teuren Pretiosen rankommen. Mich würde deshalb mal interessieren zu welchen ganz praktischen Tagbeobachtungsergebnissen bei großen Entfernungen andere mit entsprechenden Kalibern so kommen...Ich glaube jedenfalls nicht, dass in der Bildmitte mehr geht, bei 1" scheint mir die Atmosphäre an ihrer optischen Leistunggrenze. Oder weiß jemand, ob mit adaptiver Optik da noch was zu holen ist?



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.09.11 08:28.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Die versprochenen Messergebnisse

Kritiker 1867 17. September 2011 15:38

Re: Die versprochenen Messergebnisse

Holger Merlitz 1150 18. September 2011 06:04

Vielleicht wird es hier klar

Werner Jülich 1369 18. September 2011 11:47

Re: Vielleicht wird es hier klar

Komisch 1071 18. September 2011 16:39

Zeiss ist unser Lieferant

Werner Jülich 1307 18. September 2011 19:25

Re: Die versprochenen Messergebnisse

Kritiker 1049 18. September 2011 15:59

Ein praxisnaher Test der Auflösung stellt die Bedeutung der Labor-Messwerte in Frage

konfokal 1441 19. September 2011 08:02

Re: Ein praxisnaher Test der Auflösung stellt die Bedeutung der Labor-Messwerte in Frage

Gunnar 1152 19. September 2011 09:17

Re: Ein praxisnaher Test der Auflösung stellt die Bedeutung der Labor-Messwerte in Frage

Volker Werres 962 21. September 2011 00:07

Ihr praxisnaher Test zeigt uns Kontrast, Auflösung ist etwas anderes

Erstsemester 1025 19. September 2011 11:46

Warum kann ich dann nicht nur zwei nebeneinanderstehende Köpfe klar trennen,

konfokal 936 19. September 2011 16:08

Re: Nein, denn ich kann nicht nur zwei nebeneinanderstehende Köpfe klar trennen,

Bernd Sommerfeld 939 19. September 2011 16:36

Da bin ich auch gespannt. Allerdings muß man für aussagekräftige Tests vielleicht Opfer bringen :-)

konfokal 1095 19. September 2011 19:13

Re: Da bin ich auch gespannt. Allerdings muß man für aussagekräftige Tests vielleicht Opfer bringen :-)

Holger Merlitz 1027 20. September 2011 03:59

Beugung Auflösung Kontrast

konfokal 1076 20. September 2011 13:29

Re: Da bin ich auch gespannt. Allerdings muß man für aussagekräftige Tests vielleicht Opfer bringen :-)

Volker Werres 1039 20. September 2011 07:59

mein Testergebnis: Beugung

Bernd Sommerfeld 1064 23. September 2011 16:35

Re: Ihr praxisnaher Test zeigt uns Kontrast, Auflösung ist etwas anderes

matthias 843 20. September 2011 19:09

Re: Ein praxisnaher Test der Auflösung stellt die Bedeutung der Labor-Messwerte in Frage

Kritiker 966 20. September 2011 18:40

Mein Testergebnis

Horst Schneider 1083 24. September 2011 10:41

Zum Vergleich einmal ein 10x42 Victory FL

Karlchen 1273 18. September 2011 09:03



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