Holger Merlitz hat mal von der Mensch/Maschine Schnittstelle gesprochen. An den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit muß man auf alles achten, was sie beeinträchtigen könnte. Das ist gar nicht so trivial.
Es fängt mit der Maschine Fernoptik an, die blendgeschützt, bequem und stabil aufgestellt und absolut sauber sein muß. Für höchsten Kontrast sind feinverteilte aber kaum sichtbare Fettschlieren nach meiner Erfahrung tödlich, ein paar Staubkörnchen dagegen bedeutungslos. Schon das richtige Reinigen ist aber nicht trivial, Sie werden das aus der Mikroskopie wissen. (Viele Optikputztücher lassen unbemerkt dünn verteiltes Fett zurück, und Aerosole beim Anhauchen transportieren oft nicht nur Wasser auf das Glas... besser alle Glasflächen vorher kurz mit einer rückstandsfreien Apothekenmischung p.a. Petrolether/Isopropanal (85/15) reinigen, mit getränkten Wattebäuschen aus steriler Augenwatte. Nie zickzack oder hin und herwischen, da schiebt man das Fett nur hin und her. Also keine Stelle mit ein und derselben Watte zweimal überfahren, nie rückwarts fahren, immer nur Vorwärtsgang und nach dem ersten Absetzen den Bausch sofort wegwerfen, nicht wieder aufsetzen, ganz wichtig. Einmal in einem Zug spiralförmig von außen nach innen, Watte weg und dann mit einem neuen frisch getränkten Bausch umgekehrt von innen nach außen, nicht zu langsam, nicht zu schnell. Wenn nötig für jeden Zug mit neuem Bausch wiederholen, bis die Fettschlieren aufgesogen sind, ein Geduldsspiel. Keinen Bausch zweimal tränken, um das Vorratsgefäß nicht zu verunreinigen. Vorratsgefäß dabei nie auch nur kurz offen stehen lassen, die Mischung ist sehr flüchtig und verändert sonst ihre Zusammensetzung und Wirkung. Dann einmal mit den Wimpern das Okular fettverschmiert und man kann von vorn anfangen.)
Der Faktor Mensch ist auch nicht ohne, gut ausschlafen reicht nicht, um den Kopf genügend ruhig halten zu können oder für optimale Mikrosakkaden. Coffein z.B. hat eine Plasmahalbwertszeit von 3-5h, d.h. am besten 10 Halbwertszeiten/2 Tage lang vorher keinen Kaffee oder Tee. Weil seine Entzugserscheinungen 2-9 Tage andauern können, musste ich 10 Tage vor den Tests in der Klinik Espresso und Capuccinoabstinent verbringen. Außerdem waren Nichtraucher gefragt... Die Sehpigmente, Vitamin A Versorgung, gute Ernährung.
Dann das Wetter, Beobachtungen nur an einem Tag werden mit großer Wahrscheinlichkeit keine optimalen atmosphärischen Bedingungen und nicht den besten Lichteinfall ergeben. Man wird viele Durchgänge brauchen um zu sehen, was Licht und Atmosphäre alles ausmachen können. Optimale Bedingungen sind selten, aber leider nötig.
Klingt alles ziemlich verrückt, aber in Grenzbereichen der Wahrnehmung können viele Sachen eine signifikante Rolle spielen. Man denkt man testet die Optik, aber in Wahrheit hat man seine Physiologie getestet, den eigenen Visus oder seinen Drogenkonsum, die körperliche Verfassung, den Vitamin und Ernährungsstatus oder feinverteilte Rückstände in ausgeatmeter Atemluft, unbemerkte Beläge der Optik, oder das Stativ, oder das Wetter, den Sonnenstand usw... Alles mögliche eben, nur leider nicht wie gedacht die rein physikalische Grenze der Fernoptik. Aber um die allein soll es ja gehen.
Viel Vergnügen, die Herausforderungen können Spass machen!
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.09.11 19:34.