Die meisten Anwender spüren spätestens beim Einsatz von 12x vergrößernden Ferngläsern, dass das Beobachten durch Körperzittern, aber auch durch das Bemühen, dieses Zittern zu vermeiden, beeinträchtigt wird. Noch stärkere Vergrößerungen sind aus der freien Hand nur in Ausnahmefällen sinnvoll, es lag also nahe, durch geeignete Maßnahmen für Abhilfe gegen das Zittern zu sorgen.
Eine einleuchtende, wirksame Möglichkeit ist, das Fernglas auf ein Einbeinstativ zu montieren. Die meisten Anwender wissen, dass das Einbeinstativ auch eine beruhigende Wirkung ausübt, wenn es überhaupt nicht den Boden berührt, es reicht schon, wenn die paar Hundert Gramm Zusatzgewicht senkrecht zur Beobachtungsachse die Trägheit des beweglichen Fernglases erhöhen und die Zitterbewegung bedämpft wird.
So oder ähnlich könnte man damals auf die Idee gekommen sein, eine mechanische Bedämpfung zur Steigerung der Fernglasleistung zu entwickeln.
Herausgekommen ist ein mechanisches Meisterwerk und wer es einmal in geöffnetem Zustand gesehen hat, der ist ziemlich beeindruckt.
Gespräche mit typischen Abnehmern haben dann zur Auslegung 20x60 geführt. Neben der Dämpfung der Zitterbewegungen mußte auch auf das Gesamtgewicht geachtet werden, schließlich muß man dieses Fernglas ja über eine gewisse Zeit halten wollen. Das niedrige Gesamtgewicht ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, das ich einmal ansprechen möchte, denn absolut betrachtet ist das 20x60 mit seinem zusätzlichen Stabimechanismus extrem leicht geraten.
Wie ist das 20x60 optisch zu bewerten?
Fangen wir bei den Okularen an, hier ist ganz klar festzustellen, dass sich Brillenträger vor dem Kauf vergewissern müssen, ob sie mit der Brille das komplette Sehfeld überblicken können. In Grenzfällen kann man einen Teil der Augenmuscheln abschneiden und so noch ein paar Zehntel Millimeter zusätzlich gewinnen, es bleibt aber knapp und das sollte vorher geklärt werden.
Wie bei allen Ferngläsern mit kleiner AP wird man fast automatisch richtig zentriert einblicken, sodaß Farbsäume durch dezentralen Einblick nicht zu erkennen sind. Der Seheindruck ist der, den wir von modernen Weitwinkelauslegungen gewohnt sind, da liegt das 20x60 im Mittelfeld, für die Aufgabe völlig ausreichend.
Das Bild ist kontrastreich, es gibt keine störenden Verfärbungen, die Auslegung ist neutraler als bei einem Victory FL, allerdings ist die Bildhelligkeit niedriger, nicht viel, aber mittels Papiertest von Walter E. Schön eindeutig zu erkennen.
Beim Betrachten kontrastreicher Objekte - Mond - sind keine Geisterbilder zu erkennen. Dagegen findet man eine leichte Beeinflussung durch Fremdlicht, die nicht ganz rotationssymmetrisch ausfällt. Diese Fremdlichtempfindlichkeit liegt im Rahmen hochwertiger Fernglasmodelle.
Auf dem Stativ habe ich den Bereich einwandfreier Schärfe mit ca. 2/3 vom Durchmesser bestimmt, danach wird die Abbildung zum Rand hin langsam! schwächer, durch Nachfokussieren erkennt man, dass es sich fast ausschließlich um Bildfeldwölbung handelt. Man findet eine leichte, kissenförmige Verzeichnung gerader Linien.
Man findet schwache Farbsäume, recht breit, aber sehr blass, sodaß man wirklich danach suchen muß.
Beim Beobachten verhält sich das 20x60 wie ein normales, gleichschweres Fernglas. Ausrufezeichen.
Es macht daher keine Mühe, auch abrupten Richtungsänderungen zu folgen, Luftkämpfe, spielende Dohlen, gerne auch Insekten lassen sich recht mühelos und in bester Beobachtungsqualität verfolgen, ebenso Sportveranstaltungen wie Pferderennen, Moto-Cross-Rennen und ähnliche Veranstaltungen, bei denen die gebräuchlichen 8-10x Modelle nicht detailreich genug sind.
Solange der Stabilisierungsknopf gedrückt wird, ist das Glas stoßempfindlich. Trotzdem habe ich in der ganzen Zeit nur 1 einziges Fernglas gehabt, bei dem Zeiss eine defekte Mechanik reparieren mußte. Aus Gesprächen weiß ich, dass die Anwender nach einer sehr vorsichtigen Eingewöhnungsphase das 20x60 wie ein normales, teures Fernglas behandeln und dass es bei dieser Art der Behandlung ohne Beanstandung funktioniert.
Wir sind natürlich nur ein kleiner Händler und das 20x60 ist kein Massenprodukt, aber über die Jahre sind es schon etwas mehr als zwei Dutzend verkaufte Exemplare geworden, sodaß man vorsichtig statistische Aussagen treffen kann. Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Kunde für seine mobile Beobachtungssituation eine bessere Lösung gefunden hätte. Verbesserungs- und Änderungswünsche, ja, Alternativen, nein.
Werner Jülich