Hans Weigum schrieb:
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> Interne Stabilisierung, wäre wie von Canon
> konsequent erkannt, aber nicht notwendigerweise
> erfolgreich genutzt, vermutlich beim technologisch
> reifen Produkt Fernglas die einzige noch
> verbliebene Technologie, um die
> Leistungsfähigkeit von freihändig genutzter
> Fernoptik wesentlich zu verbessern.
Das kann man gar nicht dick genug unterstreichen! Denn die Optik selbst erscheint mir mittlerweile mehr oder weniger ausgereizt, eventuell noch mögliche Fortschritte beschränken sich auf den einen oder anderen Prozentpunkt in der Transmission (oder auch einen noch näheren Einstellbereich), auch sind sicher noch größere Gesichtsfelder denkbar. Aber wenn man ehrlich ist, war es das dann schon. Spätestens seit dem Erscheinen der neuesten Dachkantgläser von Leica, Nikon, Swarovski und Zeiss sollte jedem klar sein, dass sich jede Diskussion um weitere Fortschritte praktisch erübrigt. Natürlich gibt es aus dem Objektivbau noch ein paar Dinge, die irgendwann in den Fernglasbau Einzug halten werden, wie Nanobeschichtungen oder Fresnellinsen, aber eine wirklich grundlegende Verbesserung der Optik ist von ihnen nicht zu erwarten.
Eine (funktionierende) Stabilisierung, in einem einigermaßen robusten und wasserdichten Gehäuse, wäre hingegen ein wirklich großer Fortschritt, der die vielen Minischritte der letzten Jahre völlig in den Schatten stellen würde. Um noch einmal die Analogie aus dem Objektivbau zu bemühen: Rein OPTISCH hat sich vom mehr als fünfzehn Jahre alten Nikon AF-S 300/f 4 zum Nikon AF-S 300/f 4 VR nicht viel getan, trotz Nanobeschichtung und Fresnellinsen. Aber in der Praxis ist der Unterschied gewaltig: Ohne Stabilisator bekommt man mit dem "alten" 300er ordentliche Ergebnisse mit 1/500 Sekunde, mit dem neuen mit Stabilisator bis hinunter zu 1/60. DAS ist ein wirklich fühlbarer Fortschritt.
Allerdings scheint sich bisher keiner der großen Hersteller zu trauen, dieses Thema ernsthaft anzugehen, trotz den Riesenpotentials, das solche Ferngläser haben. Es ist ja auch nicht einfach, denn man müsste z.B., verbaut man einen elektromechanischen Stabilisator, den Kunden offen sagen, dass die Stabis keine unbegrenzte Haltbarkeit haben. Das dürfte für Hersteller wie Leica, Swarovski und Zeiss nicht einfach sein, da deren Kunden eher konservativ sind und bei der Anschaffung bereits einkalkulieren, dass sie ihre Gläser einmal vererben werden. Und man müsste einen funktionierenden Reparaturservice anbieten.
Canon hat es probiert, klar, aber bei den Gläsern merkt man eben leider allzu deutlich, dass Canon es nicht kann. Die Gläser der leichteren Baureihe sind mechanisch schlicht nicht solide genug, z.B. nicht wasserdicht. Einzig die großen Gläser wie das 10x42 L sind wirklich feldtauglich, aber auch die Gläser haben zu viele Kompromisse, von der wenig ergonomischen Form bis hin zu den für ein modernes Fernglas vorsintflutlichen Augenmuscheln. Diese Gläser sind, jedenfalls für die Mehrzahl der Vogel- und Naturbeobachter, konsequent am Markt vorbei konstruiert.
Zeiss ... Das 20x60S ist ein beeindruckendes Fernglas, jedoch dürfte es schwerig sein, den mechanischen Stabilisator in einem handlichen Fernglas zu nutzen, z.B. in einem 10x42 oder einem 10x50. Und wenn man ehrlich ist, ist das 20x60 nur für einige Spezialfälle für Vogel- und Naturbeobachter interessant. Es hat zuviel Vergrößerung, um ein Handglas zu ersetzen, und zu wenig, um ein Spektiv zu ersetzen. Letztlich bedeutet das, dass man dann Handglas+20x60S+Spektiv auf Stativ mit sich herumträgt. Das ist ein bisschen viel und der Grund, warum ich mein 20x60S Mono wenig nutze.
Wobei im Moment eigentlich die Bedingungen für ein vernünftiges, hoch vergrößerndes, stabilisiertes Fernglas so günstig sind wie noch nie. Denn erstens könnte man sich so aus dem Angebot der erstklassigen Gläser mit ihren (weitgehend vergleichbar guten) Optiken hervorheben, und zweitens gibt es eine zunehmende Zahl von Beobachtern, die *immer* eine Kamera dabei haben und dafür das Spektiv nur in besonderen Fällen mitnehmen. Für die wäre z.B. ein nicht zu schweres, stabilisiertes 12x50 eine durchaus ernstzunehmende Alternative.
Wenn es denn so ein Glas gäbe.