Hallo
Ich lese bereits seit Jahren in diesem Forum, habe aber bisher nie die Notwendigkeit gesehen, selbst einen Thread aufmachen zu müssen.
Erst etwas zu mir:
Ich beobachte seit nunmehr 40 Jahren alles, was so in der Natur herumläuft und seit etwa 30 Jahren fotografiere ich mit Spiegelreflexkameras.
Ich bin kurzsichtig und Kontaktlinsenträger (-1,7 Dioptrien).
Ich wohne direkt an der Ostsee und beobachte häufig Seevögel.
Das bringt mit sich, dass man oft gegen den hellen Himmel beobachtet, oder Lichtspiegelungen auf dem Wasser das Beobachten erschweren.
Zur Zeit benütze ich ein günstiges Fernglas der Marke Nikon (Action EX 10x50), mit dem ich aber schon länger nicht mehr zufrieden bin, da es doch ausgeprägte Farbsäume (CA´s, chromatische Abberationen) zeigt.
Nun zum Kern, warum ich doch erstmals ein eigenes Thema aufgemacht habe.
Ich liebäugle mit einem neuen Fernglas der Top-Hersteller.
Auf der diesjährigen Hansebird hatte ich nun zum ersten Mal die Gelegenheit die Ferngläser verschiedener Hersteller miteinander zu vergleichen.
Dabei fielen mir diverse Dinge auf...
Leica:
Man ließt öfter über einen ruckeligen Mitteltrieb bei Leica (Stichwort: Schmiermittelfrei)... Das dieser aber dermassen stark ruckelt, hat mich direkt erschrocken!
Ich habe das 10x und das 8x42 Ultravid HD in der Hand gehabt.
Beide zeigten dieses starke ratternde Verhalten beim Fokussieren.
Das 10x42 zeigte ausserdem selbst in der Mitte extreme Farbsäume, die ich so nicht von einem 2000,-Euro Glas erwartet hatte.
Das 8x42 verhielt sich hier um einiges besser, war aber auch alles andere als Farbsaumfrei.
Die Dame vom Leica Stand zeigte sich auf meinen Kommentar, das 10x42 wäre in Bezug auf Farbsäume nicht viel besser als mein 250,-Euro Fernglas, erschrocken und meinte (nachdem sie selbst hindurchgesehen hatte), es handele sich um ein älteres Glas, das möglicherweise defekt wäre... aha.
Schade, war doch Leica immer mein Favorit unter den Top-Gläsern.
Das Ultravid 8x20 war dermassen winzig, dass ich von einem Kauf absehe.
Das liegt aber hauptsächlich an meinen großen Händen (Handschuhgröße 11) und ist nicht dem, wirklich hervorragendem, Fernglas anzulasten.
Schade, hätte es mich auf meinen Fototouren doch entlastet.
Zeiss:
Das Erste das mir auffiel war, dass ich bei vielen Zeiss Ferngläsern (überwiegend Conquest) Probleme mit dem Einblickverhalten hatte.
Sehr oft hatte ich schwarze Abschattungen, wenn der Augenabstand nicht stimmte.
Mir schienen ausserdem die Augenmuscheln etwas kurz, so das ich (wiederum bei den Conquest-Ferngläsern) das Fernglas schwebend vor den Augen halten musste, oder am Überaugenwulst abstützte. Angenehmes Einblickverhalten geht anders.
Positiv aufgefallen ist mir das 10x54 Victory HT.
Neben dem Swarovski 8x und 10x42 Svarovision und dem Leica Ultravid 8x42 hatte dieses Zeiss für mich das angenehmste Einblickverhalten aller Gläser.
Ausserdem passte es hervorragen in meine (großen) Hände und auch der Rest (Schärfe, Farben und Kontrast) waren wirklich beeindruckend.
Aber... auch hier (für mich) deutliche Farbsäume in der Mitte, wenn man Vögel gegen den Himmel beobachtet.
Gerade die Conquest Ferbgläser hatte deutliche(!) CA´s.
Bei dem Preis hatte ich in diesem Bezug mehr (oder weniger) erwartet.
Swarovski:
Hier hatte ich mir das 8x, sowie das 10x42 Swarovision angeschaut.
Leider waren die kreisenden Mäusebussarde, die ich zuvor bei Leica, Kowa und Zeiss zum Vergleich der Farbsäume genutzt hatte, verschwunden und hatte somit keinen direkten Vergleich.
Die Swarovision schienen mir aber von allen getesteten Gläsern die ausgewogensten, was Händling, Einblickverhalten und Bildqualität angeht.
Ans Auge nehmen und wohlfühlen...
Nur das Leica Ultravid 8x42 war für mich noch angenehmer, wären da nur nicht der Mitteltrieb und die Farbsäume.
Übrigens zeigten auch die Swarovski Gläser einen ruckenden Mitteltrieb!
Aber weit weniger ausgeprägt als die Leica Gläser.
Für den gehobenen Preis, kann ich so etwas trotzdem nicht verstehen.
Kowa:
Ich hatte schon einiges von diesen Gläsern gehört und wollte mich natürlich selbst überzeugen, ob diese wirklich mithalten können.
Also das Genesis XD 8x33 geschnappt und HUI... der Mitteltrieb ist aber hoch übersetzt!
Da musste ich mich erst einmal dran gewöhnen.
Die Augenmuscheln sind sehr groß im Durchmesser, machten mir aber keine Probleme.
Nach ein paar Minuten fand ich dann den schnellen Mitteltrieb sehr angenehm und auch der geringe Nahpunkt gefiel.
Dann Richtung Himmel geschaut und...
Endlich ein Fernglas, das (fast) völlig frei von Farbsäumen ist!
Warum schafft ein japanischer Hersteller es, Ferngläser ohne Farbsaum herszustellen und die europäischen nicht?
Kann mir das jemand erklären?
Der Unterschied ist schon beträchtlich!
Schärfe und Kontrast waren auch sehr gut, so dass ich doch stark ins Grübeln kam, ob ich 2500,- Euro für ein Swarovski oder Zeiss ausgeben möchte, die doch erheblich mehr Farbsäume zeigten.
Das gleiche Spiel mit dem Genesis 8x und 10x44... Wobei die Gläser mit der achtfachen Vergrößerung sich mit dem schnellen Mitteltrieb leichter Fokussieren ließen (ausgedehntere Scharfentiefe).
Fazit:
Ich lese, wie oben schon gesagt, sehr lange in diesem Forum.
Das Problem Farbsäume, wurde aber nicht allzu häufig diskutiert.
Möglicherweise reagiert auch jeder unterschiedlich auf Farbsäume?
Mich persönlich stören sie jedenfalls sehr stark... vielleicht ist der Grund der Sensibilisierung in der Fotografie zu suchen, wo man beim bearbeiten der Bilder auch auf Farbsäume achtet, um sie dann per Software wegrechnen zu lassen.
Ein anderer Besucher, auf die Farbsäume der Zeiss Ferngläser angesprochen, meinte jedenfalls keine Farbsäume bei den Zeiss Ferngläsern zu bemerken.
Auch die Vermutung (hier im Forum gelesen), Leicas Farbsäume wären auf Grund des höheren scheinbaren Kontrasts stärker zu sehen, kann ich nicht nachvollziehen.
Dann müssten im Umkehrschluss Ferngläser mit geringem Kontrast (Billigferngläser) geringer ausgeprägte Farbsäume zeigen und das kann ich mit Sicherheit verneinen!.
Ich persönlich bin jedenfalls zu dem Schluss gekommen entweder zu warten, bis Zeiss und Co. die Farbsäume ähnlich gut im Griff haben wie Kowa, oder gleich zu eben diesem zu Greifen, da dieses optisch sonst auch ebenbürtig schien. Einzig im Händling und beim Gewicht hat Kowa noch aufzuholen.
Ich bin jedenfalls nicht bereit, 2500,- Euro für eine Optik zu zahlen, die (deutlich!) mehr Farbsäume zeigt als ein 1000,- Euro Fernglas.
Was sich Leica bei seinem ruckeligen Mitteltrieb denkt, ist mir ebenfalls ein Rätsel...
Allgemein hatte ich von den europäischen Top-Herstellern mehr erwartet.
Man hat den Fokus sehr stark auf hohe Transmissionswerte und Fiedflattener-Linsen gelegt.
Ich denke aber, das Ferngläser zu über 95% tagsüber genutzt werden und das fast jeder das beobachtete Ziel in die Mitte rückt.
Von Herstellern wie Leica, Zeiss und Svarowski hätte ich Ferngläser erwartet, welche die optischen Eigenschaften des Kowa in Bezug auf Farbsaumfreiheit übertreffen.
Ich bin schon sehr gespannt, wie sich das neue Zeiss Victory SF schlägt.
Rein von den Werten her und vom Aussehen, könnte es sich zu meinem neuen Favoriten mausern... es sei denn, es zeigt ähnlich starke Farbsäume sie die Conquest Reihe.
Ich hoffe auf einen baldigen Test in diesem Forum, in dem auch auf die Farbsäume eingegangen wird.
Noch etwas:
Natürlich hatte ich die Augenabstände sorfältig eingestellt.
Gruß von der Ostseeküste
Marko