Hallo Herr Severin,
die Sache mit den "BWL-Bubis" scheint mir in der Tat ein grosses hausgemachtes deutsches Problem zu sein. Einerseits ein aufgeblasenes Studium, andererseits von der praktischen und technischen Seite keinen Schimmer. Leider macht sich Dies nicht nur in den hier genannten Sparten breit.
Um mal etwas vom eigentlichen Thema abzukommen (meinen Beruf kennen Sie ja):
Ich kann mir als Eisenbahner zur Zeit von Strassenspeditionskaufleuten sagen lassen, wie ich meinen Job zu machen habe. Die Konsequenz ist, dass die Disposition des Betriebsablaufes ständig von Lokführer und Rangierpersonal neu organisiert werden muss, da sonst wirklich alles in die Hose geht. Da frage ich mich dann auch, wofür die Herrschaften in Ihren klimatisierten Büros jetzt ihr Geld bekommen, wenn wir vor Ort in Wind und Wetter und neben unserem eigentlichen Job (der einem wahrlich schon genug Verantwortung aufläd!) auch noch deren Job mitmachen müssen! Entschuldigung Herr Severin, dass ich etwas abschweife, aber da haben Sie bei mir jetzt richtig Öl in's Feuer gegossen.
Das Tragische ist aber auch folgendes:
Die Inkompetenz dieser "Strassenspeditionskaufleute" kann man denen persönlich nicht mal vorwerfen! Die waren vorher vielleicht arbeitslos (oder von Arbeitslosigkeit bedroht) und müssen den Job annehmen, da die sonst die "Stütze" gekürzt bekommen. Und der Chef ist vielleicht glücklich, dass er ein paar "Dumme" findet, die den Job für wenig(er) Geld machen. Richtige Fachleute wären eben zu teuer gewesen, sofern der Arbeitsmarkt Diese überhaupt hergibt. Traurig ist auch, dass man es nicht mal für nötig hält, diese Kollegen mal für zwei bis drei Tage freizustellen, damit sie sich mal vor Ort ein Bild von der Situation machen können. Es liegt also wieder mal weniger an den einzelnen Lohnempfängern als vielmehr an gewissen Strukturen in vielen Betrieben. Der Hochmut ist vielleicht weniger bei den kleinen BWL'lern zu sehen, als vielmehr in den Etagen darüber.
Zur Ehrenrettung meines Arbeitgebers sei noch gesagt, dass wir zur Zeit im fraglichen Verkehr lediglich als "Subunternehmer" tätig sind, und selber eigentlich nichts mit Dispoaufgaben zu tun haben und somit mein Brötchengeber die aufgezeigten Missständen nicht zu verantworten hat.
Ich denke, dass sehr sehr viele Leute in allen möglichen Sparten vergleichbare Erfahrungen machen. Für Unsereiner sind dann Firmen wie Leica, Zeiss u.s.w. vielleicht soetwas wie Oasen, wo man die sogenannten guten alten Werte unserer heimischen Industrie anscheinend noch pflegt: höchste Qualität, solide Produkte und einen unschlagbaren Kundendienst, wie man ihn tatsächlich ansonsten kaum noch findet. Und wehe, da kratzt einer dran...
Viele Grüsse:
Thomas Becker