Wie aus meinem obigen Beitrag (15.03.08 19:08) sowie aus vielen früheren hervorgeht, gibt es drei Möglichkeiten (sowie schließlich noch eine vierte, die ich gleich nennen werde), den scheinbaren Sehwinkel SSW zu ermitteln, allerdings teilweise ziemlich ungenau:
1. Berechnung mit den „alten“, auf der Annahme einer verzeichnungsfreien Wiedergabe basierenden Formeln:
SSW = 2 · arc tan (V · SF/2)
SSW = 2 · arc tan (V · tan (TSW/2))
mit
V = Vergrößerung
SF = Sehfeld im Meter auf 1000Â m
TSW = tatsächlicher Sehwinkel
2. Berechnung mit der neueren und wegen ihrer Einfachheit populäreren Formel, daß sich der Vergrößerungsfaktor exakt auf den Sehwinkel bezieht, die jedoch nur stimmt, wenn eine ziemlich hohe positive Verzeichung (die dann kissenförmig in Erscheinung tritt) ganz bestimmter Größe vorliegt:
SSW = V · TSW
3. Messung am realen Fernglas mit einer von mehreren ausreichend genauen Methoden, z.B. wie bei meiner Messung mit einem Grünlaser, der unter variablem Einfallswinkel von vorn in die Eintrittspupille* einstrahlt und bei auf unendlich fokussiertem Fernglas (das dann ein exakt afokales System darstellt) auf einer rechtwinklig zur opt. Achse stehenden Wand in ausreichend großem, genau bekanntem Abstand (ab Fernglas-Austrittspupille) einen Lichtfleck auf einer exakt begrenzten Strecke erzeugt, die zu messen ist:
SSW = 2 · arc tan (s : 2a)
mit
s = Länge der Strecke, auf welcher sich der Lichtpunkt an der Wand bei Variation des Einfallswinkels innerhalb einer Ebene verschieben läßt
a = Abstand der Wand von der Austrittspupille des Fernglases
* Wenn man grundsätzlich mit dem Laser nur in der Mitte der Eintrittspupille einstrahlt, kann sich evtl. ein etwas kleinerer SSW ergeben, als wenn man zuläßt, daß man auf der Suche nach dem größtmöglichen Winkel auch außerhalb der Mitte der EP einstrahlen darf. Ob das der Fall ist, hängt davon ab, wieviel Vignettierung der Hersteller bei der Dimensionierung der Sehfeldblende für den Sehfeldrand zugelassen hat.
4. Es gäbe ferner die uns leider nicht mögliche, aber von den Optikrechner durchführbare Möglichkeit, den SSW anhand der diesem Personenkreis bekannten Konstruktionsdaten (mechanische Daten der Sehfeldblende und optische Daten) zu berechnen.
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Nach dieser notwendigen Einleitung komme ich zu den widersprüchlichen Daten für verschiedene Nikon-Ferngläser und insbesonder 56,6° und 61,6° für das neue Nikon 8x42 EDG. Die hier zitierten Herstellerangaben aus verschiedenen Quellen sind ganz offensichtlich wie folgt entstanden und zu erklären:
1. Die Daten für den Prospekt, dessen Scan Herr Wiesner den anderen Wert entnahm, hat jemand zusammengestellt, der offenbar selbst einiges über die optischen Gesetze wußte oder von so einer Person unterstützt wurde und deshalb die oben von mir unter 1. genannte zweite Formel auf den von den Optikrechnern gelieferten Wert 7,7° für den tatsächlichen Sehwinkel angewandt hat:
SSW = 2 · arc tan (V · tan (TSW/2)) = 2 · arc tan (8 · tan (7,7°/2)) = 2 · arc tan (8 · tan 3,85°) = 2 · arc tan (8 · 0,067296) = 2 · arc tan 0,538372 = 2 · 28,296776° = 56,593552° = ca. 56,6°
2. Für die technischen Daten der Presseinformation hat jemand anderer (aus der Presseabteilung) denselben vom Optikrechner gelieferten tatsächlichen Sehwinkel von 7,7° benutzt, um nach der ihm bekannten einfacheren, oben unter 2. von mit angegebenen Formel zu berechnen:
SSW = V · TSW = 8 · 7,7° = 61,6°.
Was nun stimmt, oder wo irgendwo dazwischen die Wahrheit liegt, hängt davon ab, wie stark das 8x42 EDG verzeichnet, und das werden wir erst wissen, wenn dieses Nikon 8x42 EDG zu haben ist und jemand z.B. nach der oben unter 3. beschriebenen Methode nachmißt.
Walter E. Schön