Hallo Christian,
nun haben wir schon einen weitereren Fall von Sprachverwirrung. Ich mache grundsätzlich keine „crosspostings”, sondern pflege mich in deutschen Foren in deutscher Sprache verständlich zu machen. Was Du als „crosspostings” bezeichnest, hieße bei mir, daß ich parallel in zwei Foren zum gleichen Thema geschrieben habe. Dies übrigens aus triftigem Grund: In diesem Forum habe ich zu einem hier zur Diskussion gestellten Thema („Relaisoptik”) geantwortet, und weil danach auf diese meine Antwort hin als Quelle der Aussage über die angebliche Relaisoptik Dein Beitrag im anderen Forum genannt wurde, wollte ich Deinen Aussagen nicht hinter Deinem Rücken und ohne Dein Wissen widersprechen, und so habe ich dann weitgehend inhaltsgleich auch im anderen Forum eine Antwort auf Deinen zitierten Beitrag geschrieben.
Nun aber (wieder parallel zum anderen Forum in gleichem Wortlaut) meine Entgegnung auf Deinen obigen Beitrag. Diesmal ist der Grund für die parallele Entgegnung hier, daß es in diesem Forum Leser gibt, die das andere Forum nicht lesen oder vielleicht gar nicht kennen, aber meine Antwort auf Deinen hier veröffentlichten Beitrag dennoch erfahren sollen.
Zu Deinem Fakt 1:
Wenn Du beim Vixen deutliche sphärische Aberrationen (kommt übrigens von lateinisch „ab-errare” = weg-irren, nicht von Professor Ernst Abbe, deshalb ein b und zwei r) festgestellt hast und bei den anderen genannten Binos nicht, so kann das trotz der Negativ- und Positivlinsen am langen Glasweg durch das Rhombusprisma liegen, vielleicht zusätzlich auch ein wenig am Objektiv. Denn wenn der konvergente Strahlenkegel nicht vollständig parallelisiert wird, bleibt er ja noch ein wenig konvergent, und dann ist sphärische Aberration immer noch vorhanden, wenn auch in geringerem Maße. Die beiden anderen Binos haben dieses Problem nicht, wenn sie mit Spiegeln arbeiten, dafür aber wohl einen größeren Lichtverlust.
Die Negativ-Positiv-Linsenkombination erfüllt sicher nicht allein den Zweck, die sphärische Aberration zu reduzieren, sondern zugleich auch den zweiten, den Fokus hinter das Prisma zu verlagern (siehe folgende Antwort zu Deinem Fakt 2). Von einem miserablen Erfüllen des ersten Zwecks kann man aber nicht sprechen, denn es muß wie so oft im Leben ein Kompromiß gewählt werden, der einerseits die sphärische Aberration merklich (wenn auch nicht vollständig) reduziert, andererseits aber nicht zu einer so starken Divergenz der Hauptstrahlen führt, daß das Gesichtsfeld noch stärker eingeengt wird.
Zu Deinem Fakt 2:
Daß die Rhombusprismen den Strahlenquerschnitt stark einschränken, bezweifle ich nicht. Auch Spiegel üblicher Größe schränken den Querschnitt ein. Bei den Prismen ist das Problem natürlich wegen des langen Lichtwegs größer, und das kann durch das (evtl. nur teilweise) Parallelisieren entschärft werden. Denn dadurch verlagert sich der Fokus nach hinten, also weit genug hinter das Prisma. In diesem Sinne verhilft die Negativ-Positiv-Linsenkombination durchaus, das Licht so durch das Prisma zu bekommen, daß der Fokus erst hinter dem Prisma liegt.
Daß das Vixen-Bino die Öffnung auf 40 mm abblendet, kann ich mir kaum vorstellen (ich habe dieses Bino nicht und kann das darum auch nicht prüfen). Aber das kannst Du doch selbst sehr einfach überprüfen: Nimm ein Okular längerer Brennweite, dessen Feldblende jedoch noch vollständig ausgeleuchtet wird, also das noch keine Bildvignettierung zeigt. Dann miß den Durchmesser der Austrittspupille und multipliziere den Wert mit der Vergrößerung, die Du durch Division der Objektivbrennweite durch die Okularbrennweite errechnen kannst. Das Produkt ist der effektive Öffnungsdurchmesser. Ich bin mir ziemlich sicher, daß da sehr viel mehr als 40 mm herauskommt!
Was die Benennung des Negativ-Positiv-Linsensystems betrifft, so halte ich mich anders als Du an exakte Definitionen und wähle nicht nach spontaner Eingebung beliebige, aber schon anderweitig exakt definierte Begriffe wie „Relaisoptik” oder „telezentrisches System”, wenn sie eindeutig nicht zutreffen. Aber vielleicht liege ich als unverbesserlicher Pedant hier falsch und Du hast recht, und man könnte es z.B. auch „Osterhase” nennen.
Walter E. Schön