Lieber Klaus,
Sie haben völlig richtig darauf hingewiesen, dass die genannten Ferngläser verschiedene Objektivbrennweiten haben (und vermutet, dass das die Ursache für verschiedenes Einblickverhalten sei).
Die beiden Herren „konfokal“ und „Kritiker“ treten hier zwar immer sehr selbstbewusst auf, als wären sie neben H.M. die Einzigen, die bei Ferngläsern durchblicken, und die anderen erklären müssten, wie es wirklich ist. Aber leider klaffen doch oft Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Lassen Sie sich also von den beiden kein X für ein U vormachen.
Die Austrittspupille des Fernglases ist bekanntlich das vom Okular erzeugte reelle Bild der Austrittspupille des Objektivs, die Sie hier der Einfachheit halber als „von hinten betrachtete Objektivöffnung" ansehen können. Könnten Sie das Objektiv (samt Fokussierlinse) aus dem Fernglas herausnehmen und aus größerem Abstand von hinten durchschauen, würden Sie die Austrittspupille des Objektivs als eine helle Kreisfläche (annähernd in der Ebene der letzten Linse vor der Fokussierlinse) sehen.
Das Fernglas 12x50 hat ein Objektiv langer Brennweite. Also befindet es sich weit vor dem Okular. Das Fernglas 8x32 dagegen hat ein Objektiv kürzerer Brennweite und befindet sich deshalb näher vor dem Okular. Da beide Ferngläser ein identisches Okular haben, bildet das Okular des Fernglases mit dem langbrennweitigen Objektiv dessen Austrittspupille mit kürzerer Bildweite, also in kleinerem Abstand hinter dem Okular ab als das Okular des Fernglases mit dem kurzbrennweitigen Objektiv.
Sie kennen das von der Kamera: Bei großer Entfernung (= Gegenstandsweite) ist die Bildweite klein, bei kleiner Entfernung ist sie groß. Deshalb müssen Sie zum Fokussieren das Objektiv axial verschieben. Wenn das Okular des Fernglas die „Objektivöffnung“ (Objektiv-Austrittspupille) reell abbildet, wirkt es genauso wie ein Fotoobjektiv und bildet darum eine weiter entfernte Objektivöffnung mit kürzerer Bildweite (= mit kürzerem AP-Abstand) ab als eine näher liegende Objektivöffnung.
Folglich muss der Austrittspupillen-Längsabstand bei Ferngläsern mit identischen Okularen, aber Objektiven verschiedener Brennweiten unterschiedlich sein – egal, was in den technischen Daten des Herstellers steht. Der AP-Längsabstand muß beim Fernglas mit dem kurzbrennweitigen Objektiv größer sein als beim Fernglas mit dem langbrennweitigen Objektiv. Sie müssen wissen, dass die Prospekte und deren technische Daten fast nie von den Optikentwicklern, sondern von Textern geschrieben werden, die nicht immer auch in Sachen Optik Fachleute sind. Wenn die wissen, dass drei Ferngläser gleiche Okulare haben, schließen sie mit ihrem optischen Halbwissen ebenso wie „konfokal“ und „Kritiker“ etwas vorschnell auch auf identische AP-Längsabstände.
Die Herren „konfokal“ und „Kritiker“ werden das nicht gern zugeben, sondern möglicherweise versuchen, von ihrem Irrtum abzulenken. Sie werden vielleicht auch sagen, wen Sie da als Ghostwriter vermuten, weil sich der als ihr Feinbild manifestiert hat. Aber das alles ist Kinderkram, der Leute kalt lassen sollte, die über die Pubertät hinaus sind. Jedenfalls war Ihre Beobachtung korrekt und Ihre Vermutung ebenfalls.
Ich möchte noch ergänzen, dass bei unterschiedlicher Entfernung des Objektivs vor dem Okular, also letztlich bei unterschiedlichem Abbildungsmaßstab in der reellen Abbildung der Austrittspupille, auch die Aberrationen des Okulars etwas verschieden sein können, was dann ebenfalls Auswirkungen auf das Einblick verhalten hätte.
Beste Grüße von
M.I.R.