Es scheint, dass der Bereich Bildverarbeitung des Gehirns weniger Mühe mit dem Konzept "asymmetrisches Fernglas" hat, als derjenige, zuständig für Traditionen und Konventionen.
1. Es ist keineswegs so, dass die beiden Teilbilder eines jeden Auges absolut identisch sein müssen, um nachgelagert zu einem gemeinsamen Bildeindruck verarbeitet werden zu können. Schliesslich sind es ja gerade die nur leicht unterschiedlichen Teil-Bilder, die das stereoskopische Sehen ausmachen. Sonst würde ja ein Strahlenteiler nach einem gemeinsamen Objektiv ausreichen.
2. Eine Lochblende z.B. mit Durchlassdurchmesser 20 mm vor nur einer der 30mm Okularlinsen angebracht blendet so weit ab, dass ein Helligkeitsunterschied monokular sofort wahrgenommen werden kann. Binokular ist es aber kaum mehr möglich festzustellen, dass und auf welcher Seite abgeblendet wurde.
3. Damit grundsätzlich gleiche Teilbilder von den meisten Menschen "verschmolzen" werden können, müssen sie möglichst deckungsgleich und mit gleicher Vergrösserung dargeboten werden (Fernglas genügend kollimiert). Eine einseitige bewusst gewählte Abweichung von der Idealfokussierung kann die resultierende Schärfentiefe vergrössern, ohne dass der Seheindruck wesentlich gestört würde.
4. Die Bildverarbeitung der Augen kann unter gewissen Voraussetzungen komplett verschiedene Teilbilder überlagern. Bei gewissen Kollimationsvisieren ("Rotpunktvisieren") für Schusswaffen, wird dem einen Auge nur die Zielmarke (Rotpunkt), dem anderen nur das Zielbild dargeboten. Erst der kombinierte Seheindruck liefert dann die Zielmarke auf dem Ziel.
5. Die Fähigkeit der meisten Menschen, als augenblicklich dominierendes Auge auf das jeweilige (unterschiedliche) Teilbild mit mehr Informationsgehalt umzuschalten wird beim Bindon-Prinzip z.B. der Trijicon-Zieloptiken benutzt :
[
www.trijicon.com]
Dort wird also bewusst ausgenutzt, dass das Gehirn mit verschiedenen Teilbildern umgehen kann, also "automatisch" offenbar jeweils in der Bewegung das ruhigere weil unvergrösserte, oder in der Ruhe das "genauere" weil vergrösserte Teilbild dominiert.
6. Es ist mir noch nicht klar, ob da zwei verschiedene Prinzipien zur Wirkung kommen:
Bei komplett verschiedenen Teilbildern ein echtes Ueberlagern, oder aber
Bei fast gleichen Bildern ein Kombinieren (Mischen), mit dem bereits erwähnten Auflösungsgewinn.
Hans W.