Die Parallelität der Augenachsen ist hierbei nicht das Problem. Vielmehr kann prinzipiell einer der folgenden beiden Gründe eine Rolle spielen, wobei ich den erstgenannten für den konkreten Fall Zeiss FL gegen Swarovski EL eher ausschließen möchte, weil er nur bei weniger guten Ferngläsern eine Rolle spielt:
1. Wenn ein Fernglas eine sog. Pupillenaberration aufweist, die ihre Ursache in einer sphärischen Aberration des Okulars bei der Abbildung der Eintritts- in die Austrittspupille hat (nicht notwendigerweise aber im beobachteten virtuellen Bild wirksam sein muß), gibt es das mit dem englischen Ausdruck „kidney beaning” (manchmal auch „kidneybeaning”) bezeichnete Phänomen, das man deutsch als „partielle Bildfeldabdunkelung bei nicht exakter Zentrierung der Augenpupille” bezeichnen müßte – ein kurzer deutscher Fachausdruck dafür ist mir nicht bekannt. Dieses „kidney beaning” kann lästig sein und das Justieren erschweren. Es tritt fast nur bei Weitwinkelokularen auf.
2. Die Pupillenschnittweite, also der Abstand der Austrittspupille vom letzten Linsenscheitel des Okulars, sollte so groß sein, also weder kleiner, noch größer, daß bei bequem an der Augenmuschel anliegendem Kopfteil oder Brille (z.B. Augenbrauen, Nasenwurzel, Brillenglas bei Brillenträgern – je nach Anatomie und Form der Augenmuschel und je nach Brillengestalt) die Augenpupille exakt in der Ebene der Austrittspupille liegt. Das ist anhand der technischen Daten nur schwer zu klären, weil die schon erwähnte Gesichtsanatomie und evtl. Brillengestalt des Betrachters eine Rolle spielt und außerdem die Angabe der Pupillenschnittweite noch nicht wirklich klar sagt, wie große der freie Abstand der Austrittspupille von der HINTERKANTE der Augenmuschel ist. Wenn die Hinterlinse nämlich stark vertieft liegt und vielleicht auch noch rückseitig konkav gewölbt ist, geht ein beträchtlicher Teil der ab LETZTEM LINSENSCHEITEL definierten Pupillenschnittweite nämlich wirkungslos verloren, und so kann ein Fernglas mit größerer Pupillenschnittweite evt. sogar einen um mehrere Millimeter kleineren FREIEN ABSTAND AB HINTERKANTE haben als ein anderes mit kleinerer Pupillenschnittweite! Nur wenn der Abstand der Augenpupille zum Okular GENAU paßt, kann problemlos das volle Sehfeld überblickt werden und sind die Abbildungsfehler minimal. Dabei ist eine zu kleine Pupillenschnittweite ebenso störnend wie eine zu große; nur hat letztere den Vorteil, daß man (allerdings mit verminderter Bequemlichkeit) das Auge dennoch korrekt an der richtigen Stelle halten kann. Es ist jedoch schwierig, ohne den fühlbaren Kontakt zum Fernglas diesen richtigen Abstand und auch die Zentrierung zu den Okularachsen während des Beobachtens über längere Zeit konstant beizubehalten.
Wegen der individuellen anatomischen Unterschiede hilft leider nichts anderes, als vor dem Kauf auszuprobieren, welches Fernglas am besten „paßt”, und man kann sich dabei auch kaum auf Empfehlungen anderer zufriedener Käufer stützten, weil die eine andere Anatomie haben können.
Walter E. Schön