... sondern ein seit langem in der deutschen Sprache existierendes Wort, das nur wie viele andere Wörten weder im Wahrig noch im Duden steht. Das gilt übrigens vor allem für zusammengesetzte Wörter, die es in der deutschen Sprache in viel größerer Zahl als in den meisten, möglicherweise sogar als in allen anderen Sprachen gibt.
„Sammelmarke“ kann sogar (mindestens) zwei verschiedene Bedeutungen haben, nämlich
1. eine Marke bedeuten, die für verschiedene Produktarten (also quase ein SAMMELsurium von Produkten) benutzt wird, wie in Ihrem Text geschehen, und
2. eine Marke zum Sammeln sein, wie sie z.B. gelegentlich von Kaufhäusern zur Kundenbindung proportional zum bezahlten Kaufpreis an der Kasse an die Kunden ausgegeben wird, damit diese nach Erreichen einer bestimmten Zahl gesammelter und normalerweise in ein Heftchen oder auf ein Blatt mit vorgedruckten Feldern eingeklebten Marken dafür irgendwelche Produkte kostenlos oder zu deutlich ermäßigten Preisen erwerben können, z.B. Bratpfannen, Frottéhandtücher oder Bettwäsche.
Wenn Ihnen das Wort „wichten“ bislang unbekannt war, dann heißt das noch lange nicht, daß es allgemein unbekannt wäre. Es war außer Herrn Werres z.B. auch Herrn Münzer bekannt, und zwar in derselben Bedeutung, wie ich es kenne. Das Wort „wichten“ wäre zwar verzichtbar, weil man „gewichten“ benutzen könnte, aber es deswegen als überflüssig zu bezeichnen, geht zu weit. Es gibt noch viele andere Wörter, die solche „Doppelgänger“ haben (siehe Synonym-Wörterbücher). Man könnte mit der gleichen Begründung dann z.B. auch „testen“ als überflüssig aussortieren, weil man es fast immer durch „ausprobieren“ oder oft durch „prüfen“ ersetzen kann.
Sie dürfen nicht übersehen, daß sich in fast allen Fachgebieten immer wieder Sonderformen bilden und dann oft zur Unterscheidung der meistens allgemeiner oder weniger scharf definierten ursprünglichen Begriffe in der betreffenden Fachsprache etablieren. Ein solches Beispiel ist „Korrektion“ (der Aberrationen) in der Fachsprache der Optik anstelle von „Korrektur“ in der Alltagssprache. Sie müßten dann „Korrektion“ als überflüssig erklären. Aber zwischen „Korrektion“ und „Korrektur“ besteht sehr wohl ein Unterschied! „Korrektur“ kann auch die Berichtigung von Rechtschreibfehlern bedeuten, „Korrektion“ jedoch nicht. Insofern ist „Korrektion“ ein viel enger auf ausschließlich optische Abbildungsfehler bezogener Begriff. Andererseits bedeutet „Korrektur“ fast immer die Behebung, also völlige Beseitigung und nicht nur eine Verminderung von Fehlern, während „Korrektion“ streng genommen immer nur eine (allerdings oft sehr weitgehende) Verminderung von Fehlern ist, in dieser Hinsicht also wieder weniger eng gefaßt ist als „Korrektur“.
So müssen Sie auch „wichten“ in der Statistik und in den Naturwissenschaften als eine Sonderform von „gewichten“ sehen. Es meint, mathematisch ausgedrückt, die Multiplikation von Parametern mit Koeffizienten, die angeben, mit welchem „Gewicht“ die einzelnen Parameter in ein Gesamtergebnis eingehen sollen. Ich selbst bevorzuge, obwohl ich von meiner Ausbildung her Naturwissenschaftler bin, „gewichten“, weil ich in meiner ausgeübten Tätigkeit als Fachjournalist sehr oft die Aufgabe habe, sehr fachliche Inhalte einer Leserschaft mit geringerer Fachkenntnis oder mit Fachkenntnis auf einem anderen Gebiet zu vermitteln. Da muß man Wörter vermeiden, die der Zielgruppe unbekannt oder nur in diffuser Bedeutung bekannt sind. Nichtsdestoweniger werde ich nie die Verwendung des deutschen Wortes „wichten“ kritisieren.
Walter E. Schön