Hoffentlich liest zur Zeit niemand aus der Marketingabteilung oder Geschäftsleitung von Steiner hier im Forum mit, denn denen traue ich zu, Ihren Vorschlag für erweiterten Dummenfang gewinnbringend umzusetzen und dann auch noch gleich Ihren bereits im Steiner-Stil vorformulierten erläuternden Text für die Steiner-Website und die Bedienungsanleitung derartig fortschrittlicher Ferngläser einzusetzen.
Ich fand soeben noch ein paar weitere Sprechblasen auf der Steiner-Website:
Zum Discovery 10x44 (und zu einigen anderen Modellen), die trotz vorhandener Zantralfokussierung an beiden Okularen eine Dioptrienkorrektur haben (obwohl eine genügt), schreibt Steiner:
„Kein anderes Tier- und Vogelbeobachtungs-Fernglas erlaubt Ihnen, beide Augen individuell scharf zu stellen. Mit der direkten Einstellung an den Okularen wird für beide Augen ein perfektes Bild erzeugt. Mit der doppelten Dioptrieneinstellung können auch starke Sehstärkenunterschiede zwischen den Augen ausgeglichen werden. Einfach einmal pro Auge die Sehstärke einstellen, und Sie werden immer scharf sehen, ohne jedes Nachstellen.“ (Ende des Zitats)
Das ist falsch, denn auch jedes Fernglas mit Zentralfokussierung und einer Dioprienkorrektur an nur einem Okular (meistens dem rechten) erlaubt das auch! Man kann nämlich (z.B. bei Dioptrienkorrektur rechts) individuell fürs linke Auge mit der Zentralfokussierung und danach ebenso individuell fürs rechte Auge mit der Dioptreinkorrektur am rechten Okular scharf einstellen. Auch dann hat man (sofern noch einige weitere Parameter stimmen, was ebenso bei Steiner nötig ist) für beide Augen ein perfektes Bild. Und man kann, wenn die Dioptrienkorrektur einen ausreichend großen Verstellbereich hat, auch hier starke Sehstärkenunterschiede zwischen beiden Augen ausgleichen. Was aber nicht geht, und zwar auch für das Steiner-Fernglas, ist, daß man nur einmal pro Auge die Sehstärke einstellen muß und dann ohne jedes Nachstellen immer scharf sieht! Wäre das beim Steiner Discovery 10x44 tatsächlich so, warum baut Steiner die dann überflüssige Zentralfokussierung überhaupt ein?
Weiterhin schreibt Steiner unter dem Titel „Fast-Close-Focus“:
„Ein kurzer Impuls mit dem Finger am Fokussierrad genügt, um Details der beobachteten Tiere schnell und absolut scharf zu erkennen. Durch den Fast-Close-Focus des Discovery gehört unbequemes und zeitraubendes Drehen am Fokussierrad der Vergangenheit an.“ (Ende des Zitats)
Wenn ich der Fokussierwalze nur einen kurzen Impuls versetze, woher weiß die Walze dann, wie weit sie sich drehen soll? Da muß es Steiner irgendwie gelungen sein, „künstliche Intelligenz“ in die Fokussierwalze einzubauen.
Im einleitenden Text zum Discovery 10x44 schreibt Steiner zum gleichen Thema:
„Bereits beim ersten Blick werden Sie merken, dass das Discovery 10x44 vollkommen neue Standards bei der Natur-, Tier- und Vogelbeobachtung setzt. Wenn Sie schnell Tier- oder Vogelarten bestimmen wollen, werden Sie den Fast-Close-Focus lieben. Ein kurzer Impuls am Fokussierrad genügt, um alles schnell und bis ins letzte Detail absolut scharf zu sehen. Kompliziertes Drehen und Scharfstellen gehört der Vergangenheit an.“ (Ende des Zitats)
Ja, das wären tatsächlich vollkommen neue Standards, wenn diese großspurigen Behauptungen stimmten. Was ist übrigens am Drehen der Fokussierwalze eigentlich „kompliziert“? Muß man sich da die Finger verenken? Das ist bei keinem einzigen meiner vielen Ferngläser der Fall. Oder fällt es so schwer, die richtige Drehrichtung herauszufinden? Auch das ist bei meinen Ferngläsern ganz einfach. Aber falls es nur den Steiner-Leuten schwerfallen sollte, wie finden die dann heraus, in welcher Richtung der „kurze Impuls“ beim sog. Fast-Close-Focus“ erfolgen muß? Ich das nicht genauso „kompliziert“?
Steiner schreibt dann in diesem Text weiter:
„Das einzigartige Comfort-Balance-System von STEINER setzt ganz neue Maßstäbe in Handhabung und Komfort. Die offene und extrem robuste Konstruktion erlaubt in jeder Situation eine sichere Handhabung, auch mit nur einer Hand.“ (Ende des Zitats)
Die offene Knickbrücke soll einzigartig sein? Da haben die Steiner-Leute offenbar noch nie ein Swarovski-EL-Fernglas gesehen – oder doch, die gute Idee schnell abgekupfert und dann das Swarovski EL ganz schnell wieder vergessen oder des schlechten Gewissens wegen wieder verdrängt (Siegmund Freund hat solche Mechanismen genauer beschrieben). Und wie steht es mit dem Vortex Razer, einem ebenfalls nach dem Vorbild von Swarovski EL gestalteten Fernglas mit offener Knickbrücke. Und dann gibt es auch noch das Bushnell Elite mit ebenfalls offener Knickbrücke nach dem Vorbild Swarovski EL. Und schließlich gibt es das Burries Signature Select, das nicht nur dem Vorbild Swarovski EL folgend die offene Knickbrücke hat, sondern auch noch den in exakt kleinem Grün und Schwarz gestalteten Frack und dazu ein Werbefoto, in dem der gerade zur Landung ansetzende amerikanische Seeadler exakt dieselbe Bein- und Flügelhaltung einnimmt wie der Habicht im Swarovski-Logo.
Wie man sieht, gibt es also nicht nur EIN „einzigartiges“ Steiner-Fernglas mit offener Knickbrücke, sondern einschließlich des Swarovski-Originals deren FÜNF gleich EINZIGARTIGE (oder sollte man dann besser sagen „fünfartige“) Comfort-Balance-Ferngläser.
Ich kann nur den Kopf schütteln angesichts der Anmaßung von Steiner.
Walter E. Schön