Etwas überspitzt formuliert wäre der Bau eines Fernglases mit riesigem (versprochenen!) Sehwinkel bei anschließendem Einbau von Feldblenden zur Reduzierung des Sehwinkel auf einen Wert, der nicht mehr sehr weit vom Tunnelblick entfernt ist, so ähnlich wie die Umrüstung eines Busses mit 52 Sitzen durch Entfernen von 50 Sitzen zu einem Zweisitzer.
Selbst wenn diese unsinnige Kehrtwende von Miyauchi beschritten worden sein sollte (um das bestätigen oder dementieren zu können, müßte ich das Fernglas zerlegen und nach Entnahme der Feldblende prüfen, ob der Sehwinkel und das Sehfeld nennenswert größer werden), wäre die Werbung mit „13,2° realem Sehwinkel“, „66° scheinbarem Sehwinkel“ und „231 m Sehfeld auf 1000 m“ eine dreiste Irreführung der Käufer.
Auf andere Produkte von Miyauchi kann ich meine Kritik selbstverständlich NICHT ungeprüft übertragen. Möglicherweise halten andere Miyauchi-Binos die versprochenen Daten zumindest im Rahmen zulässiger Toleranzen ein. Man sollte nicht leichtfertig von einem Produkt auf alle anderen desselben Herstellers schließen, zumndest dann, wenn es nicht ein als besonders seriös und „qualitätsstabil“ geltender Hersteller ist.
Da die optische und Gehäuse-Konstruktion der angeblich so weitwinkeligen Miyauchi-Binon-Modelle mit Porro-II-Prismensystemen meines Wissens im heutigen Fernglas-Sortiment einmalig ist (vor über 50 Jahren gab es viele solche Ferngläser im militärischen Bereich), nehme ich an, daß Miyauchi sie selbst fertigt oder zumindest selbst entwickelt hat und sie in diesem Falle, wenn nicht selbst fertigt, so exklusiv für Miyauchi fertigen läßt. Aber das kann ich nicht prüfen und behaupten, und es ist für meine Kritik an der irreführenden Werbung mit falschen Daten auch gar nicht relevant. Vielleicht aber kann der seit längerer Zeit nahe den Standorten vieler Auftragsfertiger in China lebende Holger Merlitz darüber mehr in Erfahrung bringen.
Walter E. Schön