"Somit wäre das Wort "lichtstark" nicht mit großer Austrittspupille gleichzusetzen, sondern mit großem Objektivdurchmesser."
Vorsicht: Hier war angenommen, dass die Austrittspupille kleiner ist als die Augenpupille. Daraus folgt (bei konstanter Vergroesserung): Proportional zum Objektivdurchmesser = proportional zur Austrittspupille.
Allerdings sagt man: "Proportional zum Objektivdurchmesser", weil diese Regel (unter Einschraenkungen) auch dann gilt, wenn die Vergroesserung variiert wird (solange die Austrittspupille dabei kleiner als die Augenpupille bleibt). Das liegt am sog. Riccoschen Gesetz.
Aber langsam: Wann immer die Austrittspupille kleiner wird als die Augenpupille, nimmt auch die Bildhelligkeit ab. Die Bildhelligkeit ist dann maximal, wenn Austrittspupille gleich oder groesser als die Augenpupille ist. Das 8x32 hat in der Daemmerung das hellere Bild.
Die Frage ist: Kann die hoehere Vergroesserung des 10x Fernglases den Helligkeitsverlust kompensieren? Die Antwort ist ja, falls das Bild des Objekts relativ klein ist (etwa unter einem Grad Winkeldurchmesser) - dann gilt das Riccosche Gesetz, das besagt, dass die Kontrastschwelle fuer ein Motiv das Produkt aus Oberflaechenleuchtdichte und Oberflaeche ist - auf Deutsch: Das Motiv wird mit hoeherer Vergroesserung zwar blasser, aber groesser, daher bleibt es gleich gut erkennbar. Dies gilt nicht fuer Motive, die bereits gross genug sind (grob: ueber 1 Grad Winkeldurchmesser), fuer diese Objekte ist eine zusaetzliche Vergroesserung bei konstantem Objektivdurchmesser kontraproduktiv.
Falls die Austrittspupille groesser ist als die Augenpupille (etwa: Nachtglas mit 7mm AP), gilt stets: Die Fernrohrleistung steigt mit der Vergroesserung, bis die Normalvergroesserung erreicht ist (Groesse der AP = Groesse der Augenpupille).
Man beachte aber auch: Die Nutzleistung eines freihaendig gehaltenen Fernglases steigt nicht proportional mit der Vergroesserung, wegen des Wackelns. Auch nimmt i.a. das reale Sehfeld und die Schaerfentiefe mit der Vergroesserung ab - wer in der Daemmerung oder gar Dunkelheit ein schwer zu ortendes Objekt sucht und dessen Entfernung nicht kennt, der wird von einer grossen Schaerfentiefe profitieren.
Insgesamt ist das 8x32 einem 10x32 in der Daemmerung ueberlegen, aber das bedeutet nicht, dass ein 10x32 dann unbrauchbar wird. Wie immer gilt es, zuerst das Anwendungsspektrum zu analysieren: Wer vornehmlich in Wald und Daemmerung unterwegs ist, der wird sich Richtung groesserer Austrittspupille orientieren. Wer meistens am Tage unterwegs ist, der kommt mit 3.2 mm Austrittspupille klar.
Kompliziert, nicht? Weil man all diese Feinheiten einem Kunden nicht erklaeren will, verwendet man einfach die Daemmerungszahl, die allerdings ihre Tuecken hat ...
Viele Gruesse,
Holger Merlitz