Ich habe die Dokumente zur Messung der OTF (optical transfer function, dabei u.a. auch MTF) durchsehen koennen. Im Grundprinzip laufen die Messungen ganz aehnlich ab wie bei dem von Quick MTF verwendeten Schema: Man hat ein Testmuster, einen Kollimator (der das Muster in die gewuenschte Entfernung bringt), dann das Testobjekt und schliesslich den Empfaenger.
Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Methoden besteht darin, dass Quick MTF eine sehr grosse Anzahl von Einzelmessungen in einem einzigen Rutsch durchfuehren kann, waehrend die DIN-Methode alle Parameter separat durchgeht und dabei natuerlich vieles auch genauer nimmt. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein einzelner Durchlauf nach DIN Norm, an nur einer Optik, und von einem erfahrenen Pruefer vorgenommen, locker einen halben Tag in Anspruch nehmen duerfte. So etwas ist in der Praxis natuerlich nicht machbar, daher stellt die Wahl der Quick MTF Software die einzige realistische Loesung des Problems dar.
Jetzt zu einigen Details der Messungen:
Messungen im Sehfeldzentrum:
1. Die Okulare der Optiken werden tatsaechlich auf -1dpt eingestellt, die Entfernung des virtuellen Bildes also auf 1 Meter. Man misst also nicht in afokaler Stellung, sondern so, wie der Beobachter sein Fernglas meist unwillkuerlich einstellt.
2. Es sollte sowohl bei voller Austrittspupille gemessen werden, als auch bei abgeblendeter, da der Beobachter am Tage ja typischerweise nur 3mm Pupillendurchmesser aufweist. Abgeblendet wird an der Eintrittspupille.
3. Alle Messungen werden in schmalen Frequenzbaendern separat vorgenommen, die zwischen 400nm und 670nm variieren. Das wird durch geeignete Filtersaetze erreicht. (Bemerkung: Das ist extrem aufwaendig, man benoetigt dazu auch eine genormte 3200K Lichtquelle und muss die Resultate nachher gemaess der visuellen photopischen V-Lambda Kurve gewichten).
4. Die Frequenzen der Testmuster werden im Bildraum festgelegt (nicht im Objektraum). Sie werden so gewaehlt, dass sie dem Auge in 8 verschiedenen Frequenzen zwischen 0.25/mrad und 2/mrad erscheinen wuerden (damit gleicht man aus, dass die Optiken ja unterschiedliche Vergroesserungen aufweisen).
Messungen ausserhalb der Sehfeldmitte:
5. Misst man nicht im Zentrum des Sehfeldes, sondern weiter aussen, dann muss das Testmuster jeweils neu fokussiert werden. Damit traegt man dem Umstand Rechnung, dass das Auge des Beobachters ja dynamisch nachfokussieren kann. Aus dem Fokussierhub kann man dann auch die Bildfeldwoelbung bestimmen.
6. Bei Dachkantfernglaesern sollte man dabei die Lage der Dachkante beachten: Das Testmuster muss einmal senkrecht zu dieser Dachkante verschoben werden, einmal entlang dieser. Unterschiede koennen dann die Einfluesse der Dachkante (aufgrund unvollstaendiger P-Korrektur etc.) quantifizieren.
7. Die DIN Norm enhaelt dann noch diverse Vorgaben, wie die Teststreifen in den unterschiedlichen Stellungen jeweils noch gedreht werden muessen (wg. Astigmatismus etc.). Alles sehr aufwaendig und zeitraubend.
Fazit ist: Das Quick MTF ist da wesentlich effizienter, da es sehr viele Testmuster in einem Rutsch auswertet und auch alle spektrale Frequenzen in einer Messung verwurstet. Wieviel man dabei an Praezision verliert, muss sicher noch im Detail analysiert werden (ich bin sicher, dass es dazu eine Fachliteratur gibt). Aufgrund der vielen Komplikationen, die mit den Messungen ausserhalb der Sehfeldmitte einhergehen, wuerde ich dringend dazu raten, das Quick MTF erst einmal nur im Bereich der Bildfeldmitte anzuwenden.
Viele Gruesse,
Holger