Herr Mackenbrock,
ich habe zunächst nur das wiedergegeben, was mir Leica und Zeiss geschrieben haben. Swarovski wollte, dass ich anrufe. Ich will aber eine schriftliche Stellungnahme haben. Vielleicht kommt ja noch was.
Zu Ihrer Beobachtung:
ich bin mir "ziemlich" sicher, dass man auf der optischen Achse keine Farbsäume mehr sieht. Den Begriff optische Achse muß man aber, je nach Glas, wirklich sehr sehr eng sehen.
Wir haben hier in der Nähe einen großen See mit einigen (schneeweißen) Silberreihern. Einen davon habe ich mit verschiedenen Gläsern (Leica 7x42, Leica 8x50, Nikon 10x42SE, Minox 15x58, Docter Navidoc 7x50, Docter Nobilem 8x56, Docter Nobilem 12x50, Docter Nobilem 15x60, Zeiss Octarem 8x50, Zeiss 7x42 Dialyt und Steiner RockyS 10x42) vom Stativ aus beobachtet. Die Beobachtung hat natürlich eine ganze Weile gedauert, vor allem weil ich die Beobachtungsdistanz immer wieder ändern mußte, um die Ausdehnung des Objektes nicht zu groß werden zu lassen (man kommt sonst zu weit von der optischen Achse weg, wenn man das beobachtete Objekt zentriert).
Meine Erfahrung war nun, dass ich bei jedem der erwähnten Gläser eine Position im Zentrum des Sehfeldes finden konnte, wo der im hellen Sonnenlicht grellweiße Reiher keine Farbsäume mehr zeigte. Wenn ich ein kleines bischen (wirklich nur ein kleines bischen, bei weitem nicht bis zum Rand) von der optischen Achse wegging, dann waren die Gläser von Leica, Zeiss und Docter noch sehr unkritisch - der Bereich um die optische Achse, der keine oder nur kleine Farbsäume zeigte war relativ groß.
Beim Nikon waren Farbsäume deutlich sichtbar, was mir aber erst nach einiger Zeit auffiel, da der dickste und kontrastreichste grüne Saum von der Umgebung (grau-blaues Wasser und grüner Uferbewuchs) fast geschluckt wurde. Ich mußte sehr genau hinsehen, um mich von dieser Umgebung nicht ablenken zu lassen. Beim ersten Durchsehen hätte ich schwören können, dass da außer ein bischen violett kein weiterer Farbsaum zu sehen war
Extrembeispiele waren Steiner und Minox.
Das Minox hat geradezu gräßliche Farbsäume (dabei ist es angeblich ein ED-Glas) und der Reiher mußte schon sehr klein abgebildet werden, damit der Farbsaum verschwand. Jede kleine Abweichung von der optischen Mitte führte zu so großen und kontrastreichen Farbsäumen, dass man den Reiher kaum noch als solchen erkennen konnte. Das Minox habe ich inzwischen wieder verkauft und mir ein gebrauchtes Docter Nobilem 15x60 zugelegt. In der optischen Qualität unterscheiden sich die Gläser wie Tag und Nacht.
Die Erfahrung mit dem Steiner Dachkantglas unterstreichen die Stellungnahme von Leica und Zeiss. Das flaue Bild bei Tage macht keinen Spass, es war mir aber kaum möglich (auch nicht zum Bildfeldrand hin) dem weißen Reiher Farbsäume zu entlocken. Am Nachthimmel ist das Steiner übrigens sehr gut, wenn man von dem etwas engen Sehfeld absieht.
Die Abbildungsgröße des Reihers habe ich, wie gesagt, durch Variation der Entfernung so klein gewählt, wie man sich das für eine Beobachtung eigentlich nicht wünscht. Nahm ich den Reiher möglichst groß ins Bild, dann konnte ich die Ergebnisse an Konturen, die durch die Bildmitte liefen nicht einwandfrei reproduzieren. Insofern war das natürlich ein rein akademischer Test, aber das war ja von mir auch so geplant.
Nimmt man die Ferngläser vom Stativ runter und beobachtet aus der Hand (ist bei 12 und 15facher Vergrößerung schon sehr schwierig), dann stören die Farbsäume in der Nähe der Bildmitte nicht wirklich, es sei denn man sucht danach - einzige negative Ausnahme bei mir: das Minox.
Walter Wehr