Die Entscheidung für ein 32er Glas halte ich unter diesen Voraussetzung für oprimal. Denn es ist noch klein und leicht genug, daß Sie es nicht nur die wenigen Schritte bis zur Kiesgrube, sondern hoffentlich auch auf vielen Spaziergängen und Wanderungen über große Strecken und in den Urlaub mitnehmen werden, ohne es als Ballast zu empfinden. Um ein 42er mitzunehmen, ist schon etwas größere Begeisterung fürs Fernglashobby nötig, die möglicherweise bei Ihnen und Ihrer Frau schnell entstehen wird, aber nicht absolut sicher ist. Andererseits ist ein 32er den noch viel kompakteren und leichteren Faltferngläsern 8x20 und 10x25 in der Handhabung (ruhiges Halten!), der Sehfeldgröße und im Einblickverhalten deutlich überlegen. Es ist schlichtweg die ideale Einstiegsgröße.
Ob Sie 8x32 oder 10x32 nehmen sollten, ist schwierig zu sagen (aber der Unterschied auch wieder meistens nicht so groß, daß eine „Fehlentscheidung“ eine Katastrophe wäre). Sie sind noch jung genug und Ihre Frau sicher auch, um ein gutes Akkommodationsvermögen zu haben und damit auch mit der merklich geringeren Schärfentiefe eines 10fach-Fernglases gut zurechtzukommen - also nicht schon bei kleinen Entfernungsänderungen immer wieder nachfokussieren zu müssen. Wären Sie 15 oder 20 Jahre älter, hätte ich Ihnen deswegen zum 8fach-Glas geraten.
Eine andere Frage ist, ob Sie und Ihre Frau die 10fache Vergrößerung ruhig genug halten können, um von der etwas stärkeren Vergrößerung auch einen Nutzen zu haben. Das müssen Sie einfach selbst ausprobieren, aber bitte nicht durch Einmal-schnell-Durchgucken, sondern dazu brauchen Sie etwas Zeit: Halten Sie das Fernglas mehrmals nacheinander mit kurzen Pausen jeweils mindestens 2 Minuten vor die Augen und betrachten Sie z.B. ein in 10 m Entfernung an einer Wand angeklebtes oder an einen Baubstamm geheftetes Stück Zeitung (mit verschiedenen Schriftgrößen). Achten Sie darauf, wie gut Sie durchs Fernglas noch welche Schriftgrößen lesen können, und zwar gleich zu Beginn des Durchschauens und dann im Vergleich beim fünften Durchschauen gegen Ende der 2 Minuten. Wenn Sie das im Wechsel mit einem 8x32 und einem 10x32 machen, wobei beide Ferngläser gleiche Qualität haben, also am besten aus derselben Modellreihe ein und desselben Herstellers stammen sollten, werden Sie und Ihre Frau (beide sollten den Test machen!) schnell wissen, ob Ihnen beiden 10fache Vergrößerung wirklich mehr bringt.
Oft ist es nämlich so, daß schon nach kurzer Beobachtungszeit das Zittern der Hände den Vorsprung an Detailerkennbarkeit des 10fach-Glases zunichte macht. Dann ist aber die 8fache Vergrößerung vorzuziehen, weil sie das Bild mit dem erheblich größeren realen Sehfeld bietet, das übrigens dem noch ungeübten Fernglasbenutzer das Auffinden eines zuvor mit bloßem Auge gefundenen Motivs sehr erleichtert.
Noch eine Empfehlung zum Spektiv: So attraktiv ein Variookular auf der ersten Blick ist, so wenige empfehle ich es Ihnen, weil Sie wahrscheinlich die beste Beobachtungsmöglichkeit bei 20- bis 30facher Vergrößerung haben werden und alle Variookulare (einschließlich des in dieser Hinsicht besten Zeiss-Variookulars) einen noch ziemlich engen scheinbaren Sehwinkel bieten. Groß wird der scheinbare Sehwinkel erst nahe der Obergrenze des Vergrößerungsbereichs. Und dort gibt es folgende Probleme: 1. Bei den kleinen 62er und 65er Modellen wird dann die Austrittspupille recht klein, was selbst bei Tag das Bild dunkler werden läßt. 2. Die Schärfentiefe, die sich umgekehrt proportional zum Quadrat der Vergrößerung verhält, ist z.B. bei 45facher (Swarovski: 60facher) Vergrößerung nur 1/5 (60fach: 1/9) derjenigen wie bei 20facher Vergrößerung. Das bedeutet, daß Sie schon bei sehr geringfügigen Entfernungsunterschieden immer wieder nachfokussieren müssen und bei großen Entfernungsunterschieden zunächst ein total unscharfes Bild sehen, bevor Sie nachfokussiert haben. 3. Der tatsächliche Sehwinkel ist so klein, daß viele (Anfänger) Schwierigkeiten haben, überhaupt ihr Motiv zu finden. 4. Je höher die Vergrößerung, desto stabiler und somit auch schwerer muß das verwendete Stativ sein, weil mit zunehmender Vergrößerung das Zittern oder Wackeln um so deutlicher das Bild beeinträchtigt. Wenn Sie nicht ein viele Kilogramm schweres Stativ mitschleppen, sondern mit einem leichten Alu-, Basalt- oder Kohlefaserstativ von 1,4 kg bis 2,5 kg (inkl. Neiger) auskommen wollen, dürfen Sie nicht über 30fache Vergrößerung hinausgehen.
Dazu kommt, daß die Okulare mit fester Brennweite um 20- bis 30fache Vergrößerung außer dem viel größeren Sehfeld auch die weit bessere Bildqualität (Randschärfe) bieten. Viele, die sowohl festbrennweitige Okulare als auch ein Variookular besitzen, verwenden nach einiger Zeit ihr Zoomokular entweder gar nicht mehr oder – wie ich – nur mit der Maximalvergrößerung, also z.B. als 45fach- oder 60fach-Okular für besondere Fälle wie etwa zur Himmelsbeobachtung.
Walter E. Schön