Lieber Herr Schön,
Ich fühle mich sehr geehrt, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, mir so ausführlich zu antworten.
Vom Hause aus ursprünglich kein Physiker, sondern Germanist, (heute Cembalobauer...) hatte ich einige Schwierigkeiten, Ihnen zu folgen, glaube aber, verstanden zu haben, dass es LEICHTER ist, bei einem STARK vergrößernden Fernglas konstruktiv den subjektiven Sehwinkel GRÖßER zu halten (was die Angelsachsen "AFOV" nennen, "Apparent Field Of View"), als bei einem schwächeren; demnach müsste man die grösseren Sehwinkel eher bei den "Grosskalibern" finden, sehe ich richtig?
Es stimmt ja insoweit: kein "tragbares" B-Fernglas hat heute m.W. mehr AFOV als das erst seit ca heute lieferbares Leitz Ultravid BR 10x32B (118 meter auf 1000m); bei den besten, heutigen 8x-B-Gläsern ist aber m.W. nicht 147,5meter die Obergrenze (was dem selben AFOV entsprechen würde), sondern höchstens 135meter. (Das leider heute nicht mehr erhältliche Nikon 8x30EII war eine absolute Ausnahme mit ca 156 m, wenn auch mit der Einschränkung, dass seine Pupillendistanz mit höchstens ca 13mm etwas "knapp" war und heutigen "Gepflogenheiten" in dieser Branche nicht mehr entspricht).
Porro-Gläser scheinen übrigens im Puncto AFOV im Vorteil zu sein, weil ihre Prismen ohne schlimmen "Design"-Nachteilen etwas größer dimensioniert werden können, wobei dagegen in Dachkantgläsern aus Gründen der schlanken, geradlinigen Form der Prismengröße faktisch engere Grenzen gesetzt werden müssen, wenn ich es richtig sehe.
Interessant sind z.B. einige Zahlen der Minox-Gläser (alle Dachkant-!):
bei den 42mm-Objektiven der "BD-BR"-Serie hat das 10x42 mit 6,1° einen subjektiven Sehwinkel von (beachtlichen) 61°, wohingegen das 8,5x sogar ABSOLUT weniger hat -- nur 5,5° -- (also subjektiv 46,75°, was schon als "Tunnelblick" bezeichnet werden könnte);
bei den viel größer dimensionierten 58mm-ferngläsern (der ED-Serie) gibt es dagegen keinen Unterschied: sowohl das 10x58 hat mit 6,2° objektiv praktisch den gleichen AFOV wie das 15x mit 4,1° (61,5 und 62°).
In meter Sehfeld pro kilometer Entfernung ausgedrückt sieht es dann so aus:
Das 15x58 hat 72m, das 10x58 hat 109m. (Das o.g. Leitz 10x32 hat mit 120m übrigens 10% mehr - flächenmässig gar 21% mehr! - , aber es spielt ja in einer ganz anderen preisklasse...)
(Diese Zahlen habe ich aus dem Internet, Minox- und Leitz-Seiten.).
Ich frage mich trotzdem immer noch, ob sich nicht einmal ein 6x30 oder 7x35-Fernglas mit mindestens 60° (besser 65°...) AFOV machen liesse von der gleich guten Qualität eines Ultravids, Swarovski EL, Zeiss FL oder Nikon HG...
Ein solch gutes aber kleines Glas fände sicher zahlreiche Abnehmer, die gerne ein sehr gutes aber nicht zu schweres fernglas immer bei sich hätten! Und es müsste kein halbes cembalo kosten!
Marc Champollion