Zugegeben, mich hat der Hafer gestochen, war das nicht erkennbar? Ich habe polemisch übertrieben und meinen ganz persönlichen subjektiven Standpunkt ausgedrückt. Aber etwas vergleichbares, nur in sehr dezenter Form, und weniger offensichtlich, tun auch Sie, Herr Weigand: sie übertreiben suggestiv, nämlich die Wirkung von Kratzern und Sie drücken einen persönlichen subjektiven Standpunkt aus, nämlich den eines professionellen Lobbyisten. Sie machen das sehr raffiniert, so wie man das auch im Fernsehen von anderen Profis geboten bekommt, die vorgeben, sachlich und unabhängig zu informieren. Was Sie tun ist nicht illegal, aber wenig seriös, und man wird die Raffinesse aufzeigen dürfen.
Sie sagen nirgendwo die Unwahrheit. Sie sagen keineswegs, dass es immer zu deutlichen Kontrastverlusten kommen muß. Sie sagen „bis zu“ und nennen einen Extremwert. 25% Kontrastverlust. Aufsehenerregend. Sie sagen nicht, wie oft es in der normalen Praxis eines Nutzers zu einem Extremwert kommen mag. Sie geben keinen Anhaltspunkt, was Ihre Zahlen wirklich bedeuten, ob sie für Anwender überhaupt relevant sind. Sie sagen nicht, um wieviel und ob überhaupt ein Lotutec-beschichtetes Glas bei gleichen Testbedingungen besser abgeschnitten hat. Sie sagen nichts über die Testbedingungen, wie Sie messen, welches Licht sie verwenden, außer dass Sie ein Dunkelfeld-Auflicht Mikroskop benutzt haben, das klingt professionell. In so einem Ding wird, wie manche wissen, jeder Mikrokratzer überdeutlich zum schwarzen Kratergraben. Und es hat dank seines besonderen Lichts dabei eine Eigenschaft, die man trefflich zur maßlosen Übertreibung in Ihrem Sinne nutzen kann.
Sie haben, Herr Weigand, vermutlich schon durch etliche stinknormal benutzte alte Ferngläser gesehen, die einigetausend Beobachtungsstunden hinter sich hatten. Bestimmt durch viele solcher Gläser mehr als ich. Wenn man Ihre Zahlenangaben überschlägig hochrechnet, sollte deren Kontrast beim Durchgucken ziemlich gegen null gehen, nicht wahr? Hand aufs Herz, konnten Sie beim Durchgucken wirklich kaum noch was erkennen? Was sagen die Forumteilnehmer mit alten und/oder vielbenutzten Gläsern: Alles fast blind, kaum mehr zu gebrauchen, oder etwa doch nicht?
(Ja ja , ich weiss Herr Schön, aus der von Herrn Weigand genannten Zahl kann man keinesfalls auf einen proportionalen Zusammenhang von Kontrastverlust und Nutzungsdauer schließen, vielmehr muß man aufgrund der iterativen Bedeckungswahrscheinlichkeit einen exponentiellen Verlauf zugrundelegen, der mit zunehmenden Alter zu weit geringeren und gegen Ende der Nutzungsdauer sogar zu infinitesimalen und damit vernachlässigbaren Kontrastverlusten führt. Eine überschlägige Hochrechnung ist daher vollkommen falsch, irreführend, unzutreffend und wie Sie damit leicht bewiesen haben, demzufolge mein gesamter Standpunkt ein einziger Irrtum. Ich habe hier nur eine Bitte an Sie: Verzichten Sie auf solche Einlassungen. Und weisen Sie mich nicht womöglich auf Rechtschreibfehler hin)
Wo liegt wirklich der Hase im Pfeffer, wie ist der Widerspruch zur Realität zu erklären? Vielleicht damit, dass die im Dunkelfeld-Auflicht gemessenen hohen Kontrastverluste beim normalen Durchgucken fast nicht auftreten. Im Dunkelfeld-Auflicht werden alle Vertiefungen schwarz abgeschattet. Die Wirkung ist vereinfacht gesagt etwa so, als wäre jede Vertiefung passgenau mit schwarzer Farbe abgedeckt. Wenn man dann misst, wieviel vom aufgestrahlten Licht noch übrigbleibt, erhält man recht niedrige Werte also einen hohen Kontrastverlust. Wenn man aber die selbe Linse im Durchlicht misst, also so wie jeder Beobachter auch durchschaut, erhält man kaum verminderte Werte, weil im Durchlicht die abgeschatteten Mini-Vertiefungen fast vollständig transparent sind. (Kratzer werden generell in ihrer Bildwirksamkeit von den meisten Leuten überschätzt.)
Was Sie in Wahrheit von Ihrem Publikum halten Herr Weigand, verrät die Aufforderung, bei Gelegenheit mal eine Glasoberfläche im Dunkelfeld-Auflichtmikroskop zu betrachten. Wer nicht weiss, dass das, was er da an schwarzen Flecken beim Draufgucken zu sehen bekommt beim Durchgucken nicht zu sehen ist, weil die Flecken im im Beobachtungsfall, transparent sind, der kauft sicher dankbar und früher wieder ein neues Glas. Muß man ja nicht erklären, dass Durchblicken und raffiniert Draufblicken zwei paar Stiefel sind.
Sie beklagen bei mir mangelnde Information Herr Weigand, ich hoffe ich konnte Sie hiermit den Mitlesern geben.Sie suggerieren Relevanz, aber die unter Ihren Bedingungen gemessse Kontrastminderung kann unter Anwenderbedingungen kaum auftreten. Sie verlangen von mir eine Angabe zur chemischen Natur der Schicht, die ihre Firma klugerweise geheimhält, weil die Rezeptur mit all den Additiven zur Erhöhung der UV-Beständigkeit, Verminderung der Elektrostatik und was weiss ich noch alles sicher nicht so leicht herauzufinden war. Sie schmunzeln insgeheim, das einige andere Hersteller bei der Einführung Probleme haben, über die ich keineswegs bloß spekuliert habe. Meinetwegen. Ich gönne Zeiss den Erfolg.
Polemik statt Information, lieber Herr Weigand, Sie tun selbst, was Sie mir vorwerfen, und das wissen Sie auch. Sie haben sicher höhere Sachkenntnis als ich, und sind ein guter Werbestratege. Aber Sie sind freundlich gesagt auch ein Schelm. Sie führen die Leute ein bißchen hinters Licht. Ist ja nicht verboten.
Nehmen Sie meine Gegendarstellung mit Humor und nicht persönlich. Sie nützt Ihrer Firma ja, wie man an der zu erwartenden Fanpost einiger Herren ablesen kann, die mir Fehlinformation vorwerfen, weil sie die Ihre nicht erkennen konnten.
Zum Schluß will ich mich noch entschuldigen. Ich habe polemisch verallgemeinert von allen Schichten gesprochen und wirklich nicht gewusst, dass die Zeiss-Schicht nicht elektrostatisch auflädt. Glückwunsch an Zeiss. Sollte ich mir mal ein Zeissglas leisten können, werde ich die Lotutecschicht bestimmt nicht abkratzen. Ich habe mit dem kleinen Vorteil, der sich für mich nach Jahrzehnten vielleicht daraus ergeben könnte, kein Problem (falls die Kohlenstoffketten bis dahin nicht von der zunehmenden UV-Strahlung aufgeknackt worden sind)..
Die Probleme liegen ganz woanders. Sie liegen darin, dass man leicht den Blick für die wirklich wichtigen Dinge verlieren kann, wenn bedeutungsarme Minimaleffekte aufgeblasen werden. Darin, dass eine ganze Branche Resourcen auf weniger Wichtiges lenken muß und die Kunden gezwungen sind, Zeit mit dem Ausfiltern niedrigrelevanter Informationen zu verbringen, falls sie überhaupt dazu in der Lage sind. Darin, dass man ständig aufpassen muß, wem man wann glauben schenken darf und wann nicht.
Aber vielleicht lässt sich der Schicht auch was wirklich Wirkungsvolles abgewinnen. Vielleicht können Sie sich dafür einsetzen, Herr Weigand, das damit verdiente Geld z.B. in die Entwicklung besserer Innenschwärzung zu stecken. Nicht „Polemik statt Information“ sollte Ihre Parole lauten, sondern Streulicht statt Staub.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.02.08 08:24.