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30. Juni 2008 17:28
Ich dachte, meine Hinweise würden Ihnen genügen; wenn nicht, dann liefere ich trotz eigentlich fehlender Zeit jetzt noch weitere Informationen (quasi die „andere Hälfte“ der „ganzen Sachen“) nach.

———————

Mein als zweiter Nachtrag hinzugefügter Absatz (der erste Nachtrag steht ganz am Ende):

Muß z.B. ein Zitat aus einem Buch den gesamten Buchinhalt wiedergeben? Doch sicher nicht. In den meisten Fällen ist auch ein einziger Satz als Zitat zulässig, sofern nicht durch das Weglassen des Kontextes eine Verfälschung entsteht. Ich werde Ihnen jetzt zeigen, daß dies bei meinem Zitat aus Ihrem Beitrag nicht der Fall war, weil Sie in mehreren Sätzen fehlerhafte Aussagen hatten, die nicht erst durch Weglassen des übrigen Textes zustandegekommen sind. Ich möchte Sie durch meine jetzt auführlichere Antwort keineswegs „vorführen“, wie Sie mir einmal vorgeworfen hatten, sondern mich erstens nur gegen den Vorwurf einer Entstellung durch Weglassen zur Wehr setzen und zweitens auf die von Ihnen geäußerte Bitte um weitere Erklärungen reagieren.

———————

Vollständiges Zitat 1: „Bei Reflexionsprismen kann der Brechungsindex eigentlich keine Rolle spielen“ Ende des 1. Zitats.

Dieser Satz ist weder im Konjunktiv formuliert noch richtig. Zur Begründung lesen Sie bitte meinen vorherigen Beitrag. Ihr Fehler war, ausschließlich EINEN Strahl oder ausschließlich ein PARALLELES STRAHLENBÜNDEL betrachtet zu haben, wobei mit dem hindurchtretenden Licht im Falle senkrechten Lichteintritts gar nichts (außer einer „Verlangsamung“ und als deren Folge einer Wellenlängenverkürzung innerhalb des Glases) passiert und bei nicht-senkrechtem Lichteinfall zusätzlich zur Verlangsamung im Glas nur ein Parallelversatz (allerdings aufgrund der Dispersion etwas verschieden für verschiedene Wellenlängen) die Folge ist. Wir sprechen hier im Fernglasforum aber doch von Reflexionsprismen in Ferngläsern, die nicht (wie ein Filter vor dem Fotoobjektiv) in einem parallelen oder nahezu parallelen Strahlengang stehen, sondern in einem stark konvergenten – bezogen auf jeweils das von einem Gegenstandspunkt kommende und im Idealfall zu einem Bildpunkt führende Strahlenbündel.

Daß in Ihrer oben zitierten Überschrift auch noch als weiterer Fehler die Bedingung der Totalreflexion unberücksichtigt blieb, will ich nur der Vollständigkeit halber erwähnen. Herr Werres hat ja bereits darauf hingewiesen.

———————

Vollständiges Zitat 2: „Ihre Vermutung scheint mir ziemlich fraglich. Reflexionsprismen, die nur der Bildumkehr dienen, haben, was die Bildgebung betrifft, den Einfluß planparalleler Glasplatten. Sie sind achromatisch, zeigen also keine Dispersion, weil die Wirkung ihres Brechungsindex durch die beiden gegensinnigen Grenzflächenübergänge bei senkrechtem Lichteinfall eliminiert wird. Die Brechung beim Lichteintritt in ein Reflexionsprisma wird beim Wiederaustritt genau wieder aufgehoben, mit anderen Worten: ihr Brechungsindex sollte völlig wurscht sein.“ Ende des 2. Zitats.

Daß die zur Bildumkehr dienenden Reflexionsprismen hinsichtlich der Bildgebung nur wie planparallele Glasplatten (sehr großer Dicke) wirken, ist richtig. Die Behauptung, sie seien achromatisch, ist aber falsch, denn in bildgebenden Systemen gibt es immer konvergente oder divergente Strahlenbündel, je nachdem, ob reele oder virtuelle Bilder entstehen (einzige Ausnahme wären unendlich ferne Bilder, die aber zwischen Objektiv und Okular nicht möglich sind). Die von Ihnen gegebene Begründung „weil die Wirkung ihres Brechungsindex durch die beiden gegensinnigen Grenzflächenübergänge bei senkrechtem Lichteinfall eliminiert wird“ ist deshalb völlig nichtssagend, weil bei dem von Ihnen als Voraussetzung genannten senkrechten Lichteinfall gar keine Brechung, also auch keine Dispersion und kein Parallelversatz erfolgt. Es braucht daher auch gar nichts eliminiert zu werden, weil gar nichts passiert ist. Erst bei nicht-senkrechtem Lichteinfall kommt es zur Brechung und Dispersion, und dann erst wird es sinnvoll zu sagen, daß die gegensinnige Brechung beim Austritt die entstandene Richtungsänderung (aber auch nur diese und keineswegs ALLE WIRKUNGEN der ersten Brechung aufhebt). Daß die Brechung beim Lichteintritt durch die beim Lichtaustritt wieder genau aufgehoben wird, ist daher eine nicht korrekte Aussage, weil sie eben nur hinsichtlich der Lichtausbreitungsrichtung gilt. Sie ist insofern falsch, als z.B. bei schräg einfallendem weißem Licht ein unterschiedlicher Parallelversatz für verschiedene Wellenlängen auftritt. Er verursacht zwar in manchen optischen Systemen keine Fehler, z.B. im Falle eines Filters vor einem Objektiv bei Abbildung unendlich ferner Gegenstandspunkte mit PARALLELEN Einfallsstrahlen, aber im KONVERGENTEN Strahlengang eines reell abbildenden optischen Systems, z.B. hinter dem Objektiv eines Fernglases, führt dieser wellenlängenabhängig unterschiedliche Parallelversatz zu Farbsäumen.

Darüber hinaus führt die Abknickung unterschiedlich schräg einfallender Strahlen (eines vor dem Eintritt exakt zu einem Bildpunkt konvergenten Strahlenbündels) aufgrund des Brechungsgesetzes innerhalb des Glases zu einem nicht mehr exakt konvergenten Strahlenbündel, weil die schräger einfallenden Strahlen nicht stark genug abgeknickt werden, um sich mit den weniger schräg einfallenden wieder in einem Punkt zu vereinen. Andernfalls könnte es übrigens gar keine Totalreflexion geben! Der entstehende Effekt hat genau dieselbe Wirkung wie die sphärische Aberration und wird deshalb auch als solche bezeichnet, obwohl daran nichts im eigentlichen Wortsinne „sphärisch“ ist.

Wenn die Glasplatte, z.B. eines Filters, dünn genug ist und die bildpunkterzeugenden Strahlen parallel genug sind, bleibt diese „sphärische Aberration“ sehr klein und kann in vielen Fällen vernachlässigt werden. Ist sie jedoch, z.B. im Falle eines Umkehrprismensystems, sehr dick, dann wird diese „sphärische Aberration“ so groß, daß sie die Bildschärfe sichtbar beeinträchtigt, selbst dann, wenn der Bildpunkt nicht mehr innerhalb der Glasplatte, sondern dahinter liegt. Ich will Ihnen hierzu drei Extrembeispiele aus der Praxis nennen:

1. Ein fotografisches Filter vor dem Fotoobjektiv ist nicht nur bei unendlicher Objektentfernung diesbezüglich unkritisch, weil die Divergenz der ins Objektiv einfallenden (von jeweils einem Gegenstandspunkt kommenden) Strahlenbündel sehr gering ist. Folglich kann hier die „sphärische Aberration“ der planparallelen Glasplatte vernachlässigt werden.

2. Das planparallele Deckglas über dem durch ein Mikroskop betrachteten Präparat hingegen ist zwar noch viel dünner als ein Foto-Filterglas, aber hier ist die Divergenz der von einem Objektpunkt ausgehenden Lichtstrahlen aufgrund der hohen Apertur der Mikroskopobjektive riesig, und deshalb entsteht eine erhebliche, die Bildschärfe stark beeinträchtigende „sphärische Aberration“, die durch eine entsprechende Korrektion („Deckglas-Korrektion“) der Mikroskopobjektive kompensiert werden muß. Damit das immer funktioniert, muß die Deckglasdicke (unter Berücksichtigung des Deckglas-Brechzahl) normiert sein (bei Standardglas auf 0,17 mm).

3. In der digitalen Fachfotografie, in der sowohl wegen der dort benutzten extrem hoch auflösenden Sensoren (derzeit bis ca. 40 Megapixel) als auch der relativ zur Sensorgröße hohen Objektiv-Öffnungsverhältnisse („Apertur“) zur Reduzierung schärfemindernder Beugung höchste Ansprüche an die Korrektion aller Aberrationen gestellt wird, werden seit einigen Jahren sog. „Digitalobjektive“ benutzt (z.B. die Objektivserie „Rodenstock Apo-Sironar digital HR“ von LINOS), bei deren optischem Design der Einfluß des Sensor-Schutzglases (je nach Hersteller des Sensors ca. 0,8 mm bis fast 2 mm dick, leider noch immer nicht genormt!) mit hohem Aufwand kompensiert wird. Wenn diese Objektive mit einem Sensor ohne Deckglas oder mit chemischem Film für Analogaufnahmen benutzt werden, muß in das Schraubgewinde der Hinterlinsenfassung ein als Zubehör lieferbares Klarglasfilter eingeschraubt werden, weil sonst die Korrektion zum Fehler mit umgekehrtem Vorzeichen wird.

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Vollständiges Zitat 3: „PS.: Herr Werres, Sie haben völlig recht, die Totalreflexionsbedingung muß natürlich bei Porroprismen erfüllt bleiben, was ich völlig übersehen hatte, weil Dachkantprismen ja verspiegelt werden. Es ist sogar so, dass der Grenzwinkel, ab dem Totalrelexion eintritt ein sehr empfindliches Maß für die Brechzahl ist. Glas mit n ungefähr von 1,5 hat einen Grenzwinkel von etwa 42°, weshalb ein Porroprisma mit seinen 45° Flächen perfekte Totalreflexion ermöglicht.“ Ende des 3. Zitats.

Es ist nicht generell richtig, daß Dachkantprismen verspiegelt werden. Das Abbe-König-Prisma beispielsweise muß bei richtig ausgelegter Form (wie bei Hensold oder Zeiss) nicht verspiegelt werden.

Der Einfallswinkel auf die spiegelnden Flächen der Porroprismen ist nur für einen sehr kleinen Teil der darauf einfallenden Lichtstrahlen 45°, nämlich nur für die das Objektiv achsenparallel verlassenden Strahlen. Da sowohl die von jeweils einem Gegenstandspunkt kommenden Lichtstrahlen nach Verlassen des Objektivs konvergente Bündel bilden als auch die Vielzahl dieser von allen Gegenstandspunkten kommenden konvergenten Bündel verschiedene Hauptstrahlrichtungen aufweisen (also Lichtkegel verschiedener „Schräglage“ zur optischen Achse bilden), haben die allermeisten Lichtstrahlen einen kleineren oder größeren Einfallswinkel als 45° zur spiegelnden Prismenfläche. Bei Ferngläsern großer Öffnung nimmt wegen des großen Scheitelwinkels der Lichtkegel der Anteil derjenigen Lichtstrahlen erheblich zu, der bis nahe an den Grenzwinkel der Totalreflexion abfällt oder ihn gar unterschreitet. Im Falle der Unterschreitung kommt es zur Vignettierung, also Verlust an Bildhelligkeit und zu einer Verformung der Austrittspupille. In ganz ähnlicher Weise kann auch die größere „Schräglage“ der Lichtkegel bei Ferngläsern mit einem sehr großen tatsächlichen Sehwinkel den Anteil derjenigen Lichtstrahlen erhöhen, die den Grenzwinkel der Totalreflexion unterschreiten und zu Vignettierung führen. Problematisch in dieser Hinsicht sind daher insbesondere Ferngläser, die sowohl eine große Öffnung als auch einen großen Sehwinkel haben, und diese Ferngläser benötigen daher Glassorten für das Umkehrprismensystem mit höherer Brechzahl. Diese ist aber, siehe weiter oben wieder mit gestiegener „sphärischer Aberration“ und wegen der bei höherer Brechzahl fast immer auch höheren Dispersion mit stärkeren „Farbsäumen“ verbunden. Dies mag verständlich machen, warum ein Fernglas wie das Zeiss Victory 8x56 FL oder 10x56 FL (also mit extrem großer Öffnung UND sehr großem Sehwinkel) trotz höchster Anstrengungen doch nicht völlig frei von sichtbaren Farbsäumen ist.

Ein interessanter, nicht zu übersehender Unterschied ergibt sich bei teilweiser Unterschreitung des Totalreflexions-Grenzwinkels zwischen Porro- und Dachkant-Prismensystemen insofern, als bei Porroprismen (sowohl vom Typ 1 als auch vom Typ 2) Vignettierung an vier Seiten auftritt, die eigentlich runde AP also annähernd quadratisch wird, während bei den üblichen Dachkantprismen diese Vignettierung nur an zwei einander gegenüberliegenden Seiten auftreten kann, die AP also die Form eines auf zwei gegenüberliegenden Seiten abgeflachten Kreises bekommt. Der Grund für diese Eigenart ist, daß bei den üblichen Dachkant-Prismensystemen alle spiegelnden Flächen, die nicht Dachflächen sind, auf einer gemeinsamen Ebene senkrecht stehen, bei den Porros aber aber nur jeweils zwei Flächen (die beiden Hälften der Porrosysteme sind zueinander um die optische Achse um 90° verdreht).

An dieser Stelle möchte ich auch noch auf Ihren vorhergehenden Beitrag zurückkommen und daraus ebenfalls zitieren.

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Unvollständiges, aber hier ausreichendes Zitat 4: „Dachkantprismen sollten höhere Anforderungen an das Material und seine Bearbeitungsfähigkeit stellen, so dass umgekehrt jedes für Dachkantprismen geeignete Material erst recht für Porroprismen verwendbar sein müßte. Oder habe ich das mißverstanden, und der Grund, solches Glas nicht für Porroprismen einzusetzen, liegt in kaufmännischen Bereich?“ Ende des 4. Zitats.

Es ist hinsichtlich einiger Kriterien (Genauigkeit des Dachflächenwinkels, Feinheit der Dachkante) richtig, daß für gleich gute Bildschärfe an Dachkantprismen höhere Ansprüche gestellt werden müssen als an Porroprismen. Insofern wäre, wenn es nicht noch andere wichtige Kriterien gäbe, Ihre Schlußfolgerung richtig, daß jedes für Dachkantprismen geeignete Material auch für Porroprismen verwendbar sei.
Aber da muß man eben auch noch an den Grenzwinkel der Totalreflexion denken, an den Sie schon Herr Werres erinnert hat, und daran, daß die Einfallswinkel der Lichtstrahlen auf die spiegelnden Prismenflächen selbst bei der für eine vollständige Betrachtung nicht zulässigen Beschränkung auf den Hauptstrahl für einen auf den optischen Achse liegenden Gegenstandspunkt nicht bei allen Prismen 45° betragen.

Gut, bei Porroprismen ist das der Fall, und zwar sowohl für Porro vom Typ 1 als auch vom Typ 2.

Bei Dachkantprismen wird es wegen der Vielfalt möglicher Typen komplizierter. Ich denke, daß wir uns heute bei modernen Ferngläsern auf die folgenden Dachkant-Umkehrprismensysteme beschränken können:

1. Abbe-König (wie bei Hensold und Zeiss)

2. Schmidt(-Pechan) wie bei vermutlich weit über 95% aller aktuellen Dachkant-Ferngläser

3. Uppendahl (wie bei den alten, schlanken Leica Trinovid-Modellen vor den Serien BA und BN)

Weitere Dachkant-Prismensysteme nach Sprenger/Leman, Huet, Moeller oder das für die neuen Leica-Geovid-Modelle modifizierte Uppendahl-System muß ich aus Zeitgründen weglassen.

Bei allen obigen Dachkant-Prismensystemen sind die Einfallswinkel auf den Dachflächen deutlich größer als der kritische Grenzwinkel der Totalreflexion, so daß diesbezüglich die Brechzahl keine Rolle spielt und wir uns auf die Betrachtung der Einfallswinkel auf den übrigen spiegelnden Prismenflächen beschränken können.

Zu 1: Beim Abbe-König-System in seiner ursprünglichen Form ist der Einfallswinkel des achsenparallelen Hauptstrahls auf die beiden anderen spiegelnden Flächen jeweils 60°. Deshalb können für ein solches Prismensystem auch Glassorten mit deutlich niedrigerer Brechzahl verwendet werden, als sie für Porroprismen erforderlich sind. Die später von Zeiss und vor allem von Hensoldt entwickelten und die heutzutage benutzten Abbe-König-Varianten haben (soweit ich weiß, nur mit Ausnahme der Prismensysteme in den großen Nikon-Modellen der Serie HG-L) zwar etwas andere und nicht unbedingt an beiden spiegelnden Flächen denselben Einfallswinkel, aber immer noch einen sehr viel größeren als 45° und lassen daher Totalreflexion bei Glassorten zu, die nicht für Porroprismen verwendbar wären.

Zu 2: Von den hier vier (statt nur zwei) spiegelnden Prismenflächen, die keine Dachflächen sind, haben drei für den achsenparallelen Hauptstrahl einen Einfallswinkel von 45°, also genauso wie bei den Porrosystemen. Die vierte Fläche hat einen Einfallswinkel von nur 22,5° und erfordert daher immer, auch bei höchster Brechzahl, eine Verspiegelung. Hinsichtlich der Brechzahl herrscht in diesem Falle wegen der einheitilchen 45°-Neigung der totalreflektierenden Flächen dieselbe Bedingung wie für Porro-Prismen.

Zu 3: Hier sind trotz einer anderen Form des Prismensystems die Verhältnisse exakt dieselben wir beim Schmidt-Prismensystem, nämlich bei drei von vier spiegelnden Flächen, die keine Dachflächen sind, wieder für den achsenparallelen Hauptstrahl 45° und für die vierte Fläche 22,5° und dort somit wieder der Zwang zur Verspiegelung.

Daraus folgt, daß unter den gegenwärtig üblichen Umkehrprismensystemen nur das Abbe-König-System den Vorzug hat, auch Glassorten mit niedrigerer Brechzahl zuzulassen, die dann evtl. den Vorzug haben, eine geringere Absorption für höhere Fernglas-Transmission oder (im Glücksfalle: und) eine geringere Dichte für ein geringeres Fernglasgewicht zu bieten.

———————

Jetzt folgt kein weiteres Zitat, sondern nur noch eine Ergänzung, weil ich oben nur auf die „sphärische Aberration“ der dicken planparallelen Glasplatte eingegangen bin und zum Astigmatismus noch nichts gesagt habe. Um den für alle technisch interessierten Leser zu erklären, wäre eine Zeichnung nötig, die ich hier nicht zeigen kann. Aber die optisch Versierten unter den technisch Interessierten werden vielleicht nach meiner folgenden rein verbalen Beschreibung die nötige Zeichnung selbst erstellen und mit ihrer Hilfe die Zusammenhänge verstehen können.

Zeichnen Sie ein sehr großes H mit beiderseits verlängertem horizontalen Strich auf ein Blatt Papier (also -H- ohne die Zwischenräume und mit allen waagerechten Strichen in gleicher Höhe). Die lange waagerechte Linie sei die optische Achse. Die beiden senkrechten Linien seien die Begrenzungsflächen (Ein- und Austrittsflächen) der dicken Glasplatte.

Dann zeichnen Sie eine von links unten unter einem Winkel von 45° einfallende Linie so, daß sie genau in den ersten Kreuzungspunkt (der waaagerechten mit der ersten senkrechten Linie) mündet. Das sei ein schräg einfallender Lichtstrahl, der nun an der ersten Grenzfläche zum Lot hin gebrochen wird. Also zeichnen Sie seine Verlängerung nicht in Fortsetzung der 45°-Richtung, sondern nur mit einer Neigung von ca. 28° bis zum Erreichen der zweiten senkrechten Linie (= Austrittsfläche). Von dort aus geht der Strahl dann wieder in der ursprünglichen 45°-Richtung nach rechts oben weiter (bitte ebenfalls zeichnen).

Sie könnten und sollten nun (gestrichelt oder nur mit feinem Bleistift angedeutet) parallel zu dieser zweimal abgeknickten Linie um ca. 1 cm nach oben und unten versetzt zwei weitere solche Linien hinzufügen. Sie haben nun den Strahlenverlauf von drei in gewissem Abstand voneinander unter gleichem Winkel 45° einfallenden und nach Durchlaufen der Glasplatte diese wieder verlassende Strahlen gezeichnet.

Bis hierher ist nichts Schlimmes passiert, und da Sie, „konfokal“, bei Ihren Überlegungen nicht weiter als bis hier nachgedacht hatten, sind Sie zu Ihrem Fehlschluß gekommen.

Jetzt wollen wir ein zweites (identisches) Exemplar dieser Zeichnung anfertigen, um in beiden zwei verschiedene weitere Linien einzuzeichnen.

Erstes Bild zum Verständnis der Farbsäume:

Wir berücksichtigen jetzt, daß Licht verschiedener Farbe bzw. Wellenlänge verschieden stark gebrochen wird („Dispersion“!) und zeichnen z.B. mit einem blauen Farbstift ab den Schnittpunkten mit der ersten Grenzfläche blaue Verlängerungen der drei Einfallsstrahlen bis zur Austrittsfläche ein, die stärker abgeknickt sind (z.B. mit Neigungswinkel 27°), und dann von den Durchstoßpunkten durch die Austrittsfläche wieder exakt parallel zu den drei schon vorhandenen Linien die weitere Verlängerung außerhalb der Glasplatte.

Nun nehmen wir einen roten Farbstift und zeichnen wieder ab dem jeweiligen Durchstoßpunkt durch die Eintrittsfläche den weiteren Verlauf der roten Farbanteile der drei einfallenden Lichtstrahlen, die weniger stark abgeknickt werden, z.B. mit einem Neigungswinkel von 29°, wieder bis zur Austrittsfläche. Von dort an verläuft die weitere Verlängerung der roten Linien wieder im Neigungswinkel von 45° parallel zu allen anderen austretenden Lichtstrahlen, nur eben etwas nach oben parallelverschoben.

Genau diese Folge der Dispersion ist im nahezu oder sogar (bei unendlicher Gegenstandsentfernung) tatsächlich exakt parallelen Strahlengang durch ein Fotofilter vor dem Objektiv völlig harmlos, weil sie trotzdem zu einer unverfälschten Punktabbildung ohne Farbsäume führt. Im konvergenten Strahlengang hinter einem Objektiv sieht es jedoch ganz anders aus. Denken Sie sich den oberen der drei einfallenden Strahlen nicht parallel zum mittleren, sondern mit einem Neigungswinkel von etwa 40° und den unteren der drei einfallenden Strahlen mit einem Neigungswinkel von etwa 50° einfallend. Die drei einfallenden Strahlen sind dann konvergent und würden bei einem gut korrigierten Objektiv für alle Farbanteile (auch Blau und Rot) einen Bildpunkt erzeugen, wenn Sie nicht durch die Glasplatte laufen müßten. Ist jedoch eine dicke Glasplatte schräg zu durchlaufen, so tritt die in Ihrer Zeichnung dargestellte Dispersion auf, und obwohl auch für die drei jetzt konvergenten Einfallsstrahlen gilt, daß jeder zugehörige Ausfallsstrahl ungeachtet seiner Farbe parallel zum entsprechenden Einfallsstrahl verläuft, so verlaufen doch die roten konvergenten Strahlen nach Durchtritt durch die dicke Glasplatte in unserer Zeichnung höher als die blauen und bilden daher andere, höher gelegene (= weiter von der opt. Achse entfernte) Bildpunkte als die blauen Ausfallsstrahlen. Folglich zeigt das Bild Farbsäume, nach außen orange und nach innen bläulich.

Zweites Bild (Kopie des ersten ohne die bunten Linien) zum Verständnis des Astigmatismus

Zeichnen Sie in dieses Bild mit einer beliebigen Farbe (die jetzt nur zur Unterscheidung dient und nichts mit der Lichtfarbe zu tun hat), z.B. mit dem Rotstift, einen Einfallsstrahl mit ca. 40° Neigung so links von der Eintrittsfläche ein, daß er dort an der Eintrittsfläche auftrifft, wo der schon vorhandene obere parallele Einfallsstrahl auftraf. Die Fortsetzung dieses Strahls innerhalb der Glasplatte, also zwischen den beiden senkrechten Linien erfolgt flacher als die des schon vorhandenen Strahls, etwa mit einer Neigung von 25°. Vom Auftreffpunkt an der zweiten senkrechten Linie, also der Austrittsfläche geht es dann wieder parallel zur ursprünglichen 40°-Richtung weiter. Analog dazu zeichnen Sie unterhalb des schon vorhandenen untersten Einfallsstrahls mit dieser Farbe (Rot) einen neuen Einfallsstrahl mit ca. 50° Neigung, d.h. steiler aufwärts zum Auftreffpunkt des schon vorhandenen Strahls an der Eintrittsfläche. Sie können nun diesen roten 50°-Strahl, den zuvor hinzugefügten roten 40°-Strahl und den schon vorhandenen mittleren 45°-Strahl als drei Strahlen eines zu einem Bildpunkt konvergierenden Strahlenbündels auffassen. Den untersten roten 50°-Strahl müssen Sie jetzt aber noch über die Eintrittsfläche hinaus verlängern, und zwar mit etwa 30° Neigung, bis zum Auftreffen auf der Austrittsfläche und von dort dann wieder parallel zur urspünglichen 50°-Richtung über die Austrittsfläche hinaus. Wenn Sie alles mit den exakt gemäß dem Snelliusschen Brechungsgesetz berechneten Neigungswinkeln gezeichnet hätten, müßten die beiden roten Strahlen (oben eingangs mit ca. 50° und unten eingangs mit 40° Neigung) einander in einem Punkt schneiden, der aber NICHT auf dem mittleren Strahl, sondern etwas höher liegt. Dieser „Fehler“ ist nichts anderes als der von der dicken planparallelen Glasplatte verursache Astigmatismus: Die konvergenten roten Strahlen in der (meridionalen) Zeichenebene, welche eine tangentiale Bildstruktur scharf abbilden, schneiden einander anderswo als konvergente Strahlen desselben kegelförmigen Strahlenbündels in einer zur Zeichenebene rechtwinkligen (sagittalen) Ebene; diese letztgenannten Strahlen werden durch die mittlere Linie, an der wir keine Änderung vorgenommen haben, dargestellt und bilden radiale Bildstrukturen scharf ab.

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Damit habe ich jetzt versucht, Ihnen die Entstehung von Farbsäumen (chromatischer Aberration), Unschärfe durch sphärische Aberration und Unschärfe durch Astigmatismus durch eine dicke planparallele Glasplatte zu erklären. Ich hoffe, daß es zumindest für einen Teil der Leser und vor allem für Sie, Herr „konfokal“, verständlich war.

Sollten noch immer Fragen offengeblieben sein, bitte ich um etwas Geduld, denn ich muß jetzt erst alle während es Urlaubs liegengebliebenen Arbeiten nachholen, eine vor dem Urlaub nicht ganzlich fertiggewordene Steuererklärung abschließen und wegen des heute zu Ende gehenden Quartals auch noch eine Umsatzsteuer-Voranmeldung erstellen, bevor ich hier frühestens in etwa einer Woche wieder etwas schreiben kann. Der heutige Beitrag hat mich schon sehr viel mehr Zeit gekostet, als ich mir eigentlich hätte nehmen dürfen.

Walter E. Schön


Nachtrag:

Daß ein bezüglich der Bilderzeugung wie eine sehr dicke Glasplatte wirkendes Umkehr- oder auch nur Aufricht-Prismensystem (bei letzterem nur für ein aufrechtes, aber noch seitenverkehrtes Bild) die drei von mir beschriebenen Aberrationen bei großem Öffnungsverhältnis, großem Sehwinkel und bei starker Vergrößerung in nicht zu vernachlässigender Größe erzeugt, merkt man auch bei astronomischen Teleskopen, wenn man anstelle eines Zenitspiegels (der diese Fehler nicht erzeugt, mal abgesehen von einem nicht rotationssymmetrischen Astigmatismus im Falle einer Spiegeldurchbiegung) ein Umkehr- oder Aufricht-Prismensystem verwendet. Hochwertige Apo-Refraktoren, die ohne Prismensystem und am besten auch ohne Zenitspiegel abgesehen von einer Bildfeldwölbung nahezu perfekte Punktabbildung in einem weiten Bereich um die Bildmitte liefern, werden dann aufgrund der genannten Fehler, zu deren Korrektion die Objektive nicht optimiert wurden, plötzlich schlechter als mittelmäßige Spektive, deren vergleichsweise simple Objektive jedoch die nötige Glaswegkorrektur (der chromatischen Aberration, sphärischen Aberration und des Astigmatismus) haben. Da hat sich schon mancher Hobby-Astronom, der sehr viel Geld für seinen geliebten „Apo“ ausgegeben hat, sehr gewundert, wenn er den „Apo“ mittels eines solchen Umkehr- oder Aufricht-Prismensystems für terrestrische Beobachtungen eingesetzt und mit guten Spektiven verglichen hat.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

8,5x ist schon zuviel, nämlich auf dem Wasser

Volker Werres 1804 24. Juni 2008 19:28

Es ist nicht nur die 7-fache Vergrößerung

F. Neumann 1439 24. Juni 2008 20:42

Re: 8,5x ist schon zuviel, nämlich auf dem Wasser

Harald Baumeister 1222 25. Juni 2008 10:20

Warum kann eine für Dachkantprismen geeignete hochtransmissive Glassorte nicht für Porroprismen taugen?

konfokal 1334 25. Juni 2008 16:40

Re: Warum kann eine für Dachkantprismen geeignete hochtransmissive Glassorte nicht für Porroprismen taugen?

Harald Baumeister 1220 26. Juni 2008 08:31

Grundsätzlich sollte das zwar auch mit Porros gehen, ...

F. Neumann 1173 26. Juni 2008 21:46

Bei Reflexionsprismen kann der Brechungsindex eigentlich keine Rolle spielen

konfokal 1311 27. Juni 2008 20:58

Was ist mit der Totalreflektion

Volker Werres 1102 27. Juni 2008 21:23

Der Lichtkegel wird stumpfer und kürzer

F. Neumann 959 27. Juni 2008 21:35

Danke soweit! Kennt jemand den Brechungsindex der neuen hochtransmissiven Dachkantprismen?

konfokal 1192 27. Juni 2008 23:13

Glaswegkorrektor erforderlich

Holger Merlitz 1354 28. Juni 2008 04:36

Aberrationen an Porro- und Dachkantprismen, resp. planparallelen Glasplatten

konfokal 1296 29. Juni 2008 23:41

Planparallele Platten (und somit auch Umkehrprismen) erzeugen Aberrationen

Walter E. Schön 1608 29. Juni 2008 19:25

Nur halbe Sachen?

konfokal 1211 30. Juni 2008 05:45

Habe ich Sie wohl überschätzt? (Achtung: sehr langer Text)

Walter E. Schön 2256 30. Juni 2008 17:28

Haben Sie - denn mit Ihrer Rabulistik und Redundanz will ich nicht mithalten (kurze Antwort)

konfokal 1239 30. Juni 2008 23:58

Wollen Sie mich hier aus dem Forum hinausekeln?

Walter E. Schön 1400 01. Juli 2008 01:27

Was ich hier will

konfokal 1345 06. Juli 2008 02:12

Was ich mich frage

Labrador 1237 06. Juli 2008 14:23

Sie haben sympathisch optimistische Vorstellungen vom Physikunterricht in deutschen Schulen

Norbert Weigand 1252 01. Juli 2008 16:31

Re: Sie haben sympathisch optimistische Vorstellungen vom Physikunterricht in deutschen Schulen

Frank 1242 01. Juli 2008 17:29

Niveau der Beiträge nicht zu hoch.

Gerd Heuser 1242 02. Juli 2008 10:41

Re: Niveau der Beiträge nicht zu hoch.

Werner Jülich 1150 02. Juli 2008 11:12

Re: Niveau der Beiträge nicht zu hoch.

Frank 1082 02. Juli 2008 15:45

Einverstanden

Werner Jülich 1108 02. Juli 2008 15:47

Re: Niveau der Beiträge nicht zu hoch.

marc champollion 1152 02. Juli 2008 23:55

Re: Niveau der Beiträge nicht zu hoch.

Gerd Albert Stender 1198 06. Juli 2008 17:10

Re: Sie haben sympathisch optimistische Vorstellungen vom Physikunterricht in deutschen Schulen

Maria Nettersheim 1293 01. Juli 2008 19:16

Physikunterricht

F. Neumann 1043 01. Juli 2008 20:51

Langweiliger Physikunterricht

Tom 1361 01. Juli 2008 21:27

Ist es nicht eher anders herum?

F. Neumann 1099 01. Juli 2008 21:40

Re: Ist es nicht eher anders herum? (Eher themafremd)

marc champollion 1181 01. Juli 2008 22:57

"Ich finde, daß Deutschland viel zu wenig für die Naturwissenschaften tut"

marc champollion 1049 01. Juli 2008 23:04



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