Mein 71er Ferngläschen macht trotz kleiner Öffnung viel Spaß. Dabei hat es sich für mich als die richtige Karte erwiesen, auf die Apos zu setzen. Mit den 71er Borg-Röhrchen geht auch Saturn bei 120-fach wunderschön. Klar, wenn ich Wolken auf dem Jupiter bewundern will, brauche ich mehr Öffnung. Viel mehr. Und gutes Seeing, natürlich. Ich habe mehrere Nächte neben einem C14 beobachtet und nur einmal dort mehr am Jupiter erkennen können als in meinem Bino. Größer erschien mir der Jupiter im Lichteimer allerdings immer, auch bei nominell gleichen Vergrößerungen.
Aber ein C14 trage ich nicht mehr im Rucksack zu einem geeigneten Beobachtungsplatz. Zur Mondfinsternis war ich das erste Mal mit allen Kindern im Handwagen, Bino auf dem Rücken und Stativ über die Schulter gehängt, plus einer Tasche mit Handferngläsern und Okularen unterwegs. Das ging ziemlich gut, allerdings hat meine bessere Hälfte die Kinder beaufsichtigt, während ich aufgebaut und selbst beobachtet habe. Auf dem Beobachtungsplatz war Volksfeststimmung und gefühlt jeder Zweite wollte "auch mal durchschauen". Wobei der dunkle Mond damit gar nicht spannend war (zu duster), das ging in den handgehaltenen Gläsern bei 6- bis 10-fach besser. Aber die Planeten, insbesondere Saturn mit den deutlich erkennbaren Ringen, führten zu begeisterten Ausrufen.
Wenn das liebe Geld nicht wäre, wären es bei mir zwei 90er Borgs geworden. Das scheint mir mit dem EMS-UM und der AOK-Plattform der ideale Kompromiss aus Leistung, Kompaktheit und Gewicht zu sein. Vielleicht kommen die ja in ein paar Jahren noch hinterher... Damit bekäme man das Gesamtbino immer noch in den König-Fotorucksack, liegt dann vielleicht bei so 6 kg ohne Okulare und Montierung und hätte mit 500mm Brennweite immer noch ziemlich große Felder.
Bzgl. der Okulare teste mich immer noch durch. So mussten die Delos 17,3mm trotz guter Leistung wieder gehen; ein paar Nikon-Orthos konnten sich wegen zu enger Gesichtsfelder nicht durchsetzen; statt 7 und 4,3mm hätte ich inzwischen lieber nur ein Pärchen irgendwo dazwischen... APM hat jetzt für sein kommendes 150er Glas schon zwei 30mm 2"Okulare mit gut 70° sGF herausgebracht. Nicht zu teuer und an meinem 71er scharf bis zum Rand. Trotz ca. 38mm Feldblende zu ~30mm Umlenkspiegeln sehe ich keine störende Vignettierung an meinen EMS-UM. Damit bekommt man an meinem Glas 5,2° echtes Feld und eine noch filtertaugliche AP von 5,3mm, während an den 70/71er Gläsern von Vixen oder APM "dank" 1,25" bei etwa 3,9° wGF und 4,3mm AP das Maximum erreicht ist. Die 2"-Halter haben sich auch für das 20er Nagler T5 gelohnt. Das ist tatsächlich noch ein wenig besser und eindrucksvoller als das an sich sehr gute 24er Panoptic. Dennoch: Wenn die gelegentliche Hochvergrößerung nicht wäre, käme ich mit drei, maximal vier Okularpärchen gut aus. Und ohne die hohen (und extrem niedrigen) Vergrößerungen und reicht dann wahrscheinlich auch ein "Semi-Apo"-Großfernglas.
Mit einem 71er APM Apo Fernglas habe ich mein Bino auch schon vergleichen können. Dabei schlug sich das APM sehr wacker. Erst ein Sterntest zeigte ein buntes, matschiges Beugungsbild statt dezenter Beugungsringe und bei 160-fach am Mond gefiel mir mein Borg-Bino dann doch besser. Aber knapp 100-fach ist auch mit dem APM-Fernglas gut zu machen und für alles darunter ist der Unterschied zu meinem Glas eher akademisch. Von mir gibt es daher nur Hochachtung vor Markus Ludes' Leistung bei den APM Gläsern. Die angesprochenen neuen Oberwerks sollen ähnlich gut sein, sind allerdings nur als 45°-Versionen verfügbar.
Das Kowa scheint immer noch eine Spur besser als die anderen Großferngläser zu sein. Allerdings kostet schon die Einarmgabel für das Highlander soviel wie ein aktuelles APM Semi-Apo. Zumindest nach UVP, inzwischen bekommt man sie aus Japan deutlich günstiger. Auch wenn die Okulare sehr gut sind, schreckt doch der Preis, mehr noch als beim Glas an sich. In der Summe hat mich das vom Kauf abgehalten und zum zwar ähnlich teuren, aber flexibleren Borg-Bino greifen lassen.
Wo habt ihr gelesen, dass das 82er APM Apo das schwächste der Serie sein soll? Ich hatte eher den Eindruck, dass ausgerechnet das 100er (als ältestes der Serie?) ab und zu kritische Stimmen einfängt. Auch die Einarmmontierung (die ich auch an meinem Gerät nutze) soll mit dem 100er tendenziell überfordert sein. Inzwischen wird die auch für das 82er angeboten, wo das Verhältnis von Stabilität der Montierung zu Masse des Fernglases vielleicht besser ausfällt. Für das 120er gibt es eine deutlich kräftigere (und teurere) Einarmgabel.
Bei den Beinen darunter hat sich eine Kurbelmittelsäule sehr bewährt. Ich stelle mir das Stativ immer auf die Höhe für die Beobachtung am Horizont ein und kann dann bis zum Zenith durch Kurbeln den Höhenunterschied des Einblicks ausgleichen. Ein UNI 17C wäre hier wahrscheinlich die kanonische Lösung, war mir allerdings vorerst zu schwer.
Soweit meine Eindrücke.
Viele Grüße,
Sebastian