Liebe Forumsteilnehmer,
die teils recht kontroversen Diskussionen zum Thema Randabbildung ( Schärfe und Verzeichnung ) haben bei mir den Verdacht geweckt, dass hier in gewisser Weise aneinander vorbeigeredet wird.
Welchen Grund könnte das haben? Warum sieht der eine Beobachter schwankende Masten und der andere nicht?
Meine Vermutung ist, dass die Art des Sehens hier eine Rolle spielt. Wie ja allgemein bekannt sein dürfte, ist beim menschlichen Auge der Bereich des schärfsten Sehens sehr klein ( Stichwort: Fovea centralis des Gelben Flecks, Durchmesser: 0,5mm ), viel kleiner jedenfalls als der scharfe Bereich eines halbwegs brauchbaren Fernglases.
Was kann man nun tun, um die Bildinformation möglichst komplett aufzunehmen?
Der Beobachter vom Typ 1 visiert sein Objekt an und tastet dann das Bild durch Augenbewegungen ab, ähnlich wie es beim Betrachten eines Bildschirms geschieht. Schärfeabfall oder Verzeichnungen im Randbereich werden deutlich wahrgenommen.
Der Beobachter vom Typ 2 bewerkstelligt das Abtasten des Bildes weniger durch Augenbewegungen als durch die Bewegung seines Kopfes inkl. Fernglas. Der interessierende Bereich wird immer in der Bildmitte gehalten, um die optimale Auflösung zu erreichen, die Augen schauen entspannt geradeaus, was sehr komfortabel ist. Für diesen Beobachter spielt die Bildqualität am Sehfeldrand eine weit geringere Rolle, denn da schaut er ja kaum hin.
Als langjähriger Vogelbeobachter habe ich mir angewöhnt, das höchst bewegliche und meist recht kleine Beobachtungsobjekt durch Kopfbewegungen zu verfolgen und möglichst in der Mitte des Sehfelds zu halten. Dies ist nämlich die einzige Möglichkeit, zu verhindern, dass man den Vogel aus dem Gesichtsfeld verliert und das Glas absetzen muss.
Daher nehme ich an, dass nahezu alle anderen Beobachter der bewegten Natur ebenso verfahren, die Bildabtastung erfolgt im wesentlichen durch die Kopf/Fernglas-Bewegung.
Somit liegt m. E. die Vermutung nahe, dass der Beobachter vom Typ 1 viel empfindlicher auf Abbildungsfehler im Randbereich reagiert als der Typ 2 - Beobachter. Mir sind jedenfalls bei der Naturbeobachtung Punkte wie Kontrast, Helligkeit, Streulichtarmut oder Farbtreue wesentlich wichtiger als Randschärfe oder Verzeichnungsfreiheit. Diese nehme ich kaum wahr, weil ich dort nur selten bewusst hinschaue.
Beste Grüße
Manfred Müllers
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 11.02.10 18:04.