Sie haben es sich leicht gemacht, Herrn Champollion vorzuführen und ihm (scheinbar!) nachzuweisen, wie gründlich er sich geirrt habe.
Sie betrachteten nur einen Teil des Fernglases, und zwar den, an welchem sich unter den von Ihnen gemachten Annahmen Gewichtseinsparungen erzielen lassen. Andere Teile, bei denen Ihre Annahmen sich nicht volumen- und gewichtsmindernd auswirken, sondern wo genau das Gegenteil passiert, haben Sie einfach ignoniert (absichtlich oder aus Unwissenheit?). Auch wenn Herr Dr. Jülich das für lobenswert hält, kann ich dem nicht zustimmen, denn Sie haben nur eine Halbwahrheit präsentiert:
1. Wenn Sie das Öffnungsverhältnis beibehalten, um durch kleinere Brennweite kürzere Bauweise zu erzielen und das Gewicht zu reduzieren, vermindert sich der Platz zwischen Objektiv und Prisma erheblich, nämlich deutlicher als proportional zur Brennweitenreduzierung. Das gilt noch mehr dann, wenn Sie für kostensparende Gleichteile dasselbe Prisma wie beim 8x32 verwenden. Diese Enge zwischen Objektiv und Prisma bringt Ihnen zwei keineswegs vernachlässigbare Probleme:
1.1 Es steht viel weniger Weg für die Verschiebung der Linse(ngruppe) zur Verfügung, mit welcher die Innenfokussierung erfolgen soll. Sie müssen evtl. die Brechkraft erhöhen, was dickere Linsen (= wieder etwas Mehrgewicht) und wegen des kleiner gewordenen Verschiebeweges höhere Präzision erfordert. Das kann evtl. höheren mechanischen Aufwand erfordern und somit auch hier wieder eine kleine Gewichtszunahme bedeutet.
1.2 Als Fokussierlinse(ngruppe) wird in der Regel eine mit negativer Brechkraft benutzt, um sie zugleich quasi als Barlowelement nutzen zu können, damit sie zusammen mit dem Objektiv ein „Teleobjektiv“ mit kürzerer Baulänge ergibt. Der „Teleeffekt“ (relative Baulängenverkürzung) vermindert sich aber schnell, wenn das Barlowelement, also die Fokussierlinse(ngruppe) näher am Objektiv angeordnet ist. Somit verkürzt sich die mechanischen Baulänge weniger, als sich aus der Brennweitenverkürzung erwarten lässt.
2. Noch wesentlich schwerer wiegt Ihr Ignorieren der nötigen Änderungen an den Okularen! Sie meinen wohl, einfach die Okulare unverändert beibehalten zu können, weil bei Ihrem Modell (= Objektivbrennweite proportional zum Öffnungsdurchmesser) einerseits der Durchmesser des Zwischenbildes und die Brennweite des Okulars gleich bleibt. Das sieht wirklich auf den ersten Blick ja auch ganz logisch aus. Aber Sie übersehen, dass nun die im Randbereich des Zwischenbildes vom Objektiv her einfallenden Lichtstrahlen schräger einfallen, also einen größeren Neigungswinkel zur optischen Achse bilden. Dies hat zur Folge, dass ein Teil dieser Randstrahlen (nämlich ab einem gewissen Neigungswinkel) gar nicht mehr ins Okular fallen. Sie müssen also die Okularkonstruktion ändern. Sie werden möglicherweise eine oder zwei Linsen zusätzlich und größere Linsendurchmesser brauchen. Am Ende wird es bei hohen Qualitätsansprüchen – ich denke, wir reden doch von Premiumqualität – auf eine Okular-Neukonstruktion hinauslaufen. Das für ein 6x24 erforderliche Okular wird, wenn die Vignettierung im Bildrandbereich nicht größer als beim 8x32 werden und auch der AP-Längsabstand ähnlich bequemes Beobachten gewährleisten soll, mit Sicherheit größer und schwerer werden.
Vielleicht werden Sie nun auf die Nikon-Porroferngläser 8x32 SE, 10x42 SE und 12x50 SE verweisen, die alle dieselben Okularkonstruktionen haben. Natürlich kann man das so machen, aber nur wenn Sie relativ lange Brennweiten und bescheidene scheinbare Sehwinkel (unter 60°) haben, bleibt dann die Vignettierung bei den Ferngläsern mit den kürzeren Objektivbrennweiten gering genug, um nicht störend sichtbar zu werden. Außerdem kann man diesem Problem dadurch begegnen, dass man das gemeinsam genutzte Okular im Eintrittsdurchmesser groß genug für das Fernglas mit der kürzesten Objektivbrennweite hält. Es ist dann zwar für die Ferngläser mit längerer Brennweite etwas überdimensioniert, aber das fällt das beim fast 1 kg schweren 12x50 kaum mehr auf.
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Man kann darüber streiten, wie „schwer“ Ihr Fehler war, diese Ihre Aussage nicht stützenden Aspekte einfach weggelassen zu haben. Es könnte bewusste Manipulation gewesen sein, aber das will ich nicht unterstellen. Ich glaube eher, dass Sie vielmehr einfach nicht an alles gedacht hatten. Jedenfalls rechtfertigt Ihre Argumentationsweise so oder so nicht Ihre massiven Vorwürfe gegen Herrn Champollion.
Ein gewissen Journalist
(der sich jetzt wieder ganz zurückziehen wird, weil er kein Interesse daran hat, anderen Buchautoren Gratisinformationen zu liefern oder Nachhilfeunterricht zu leisten)