Sehr geehrter Herr Schön,
da Sie sich selbst nicht scheuen, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen, oder Unsinn als solchen zu bezeichnen, werden Sie auch anderen das Recht zubilligen, ebenso nach Wahrheit zu suchen.
Ich habe heute den empirischen Weg beschritten und mich erkundigt, ob ungleiche Brillenglasstärken ein medizinisches Problem werden können. Die Auskunft lautete ja. Es gibt Fälle, ab denen eine Dioptriendifferenz zu einem schlechten Bildgrößenausgleich von linkem und rechtem Auge führt und in denen Kontaktlinsen wegen der Verminderung dieser Bildgrößendifferenz verordnet und von den Kassen sogar bezahlt werden. Die Differenz muß dazu mehr als (nur!) 2 Dioptrien zwischen linkem und rechtem Auge betragen. Wenn 5 Dioptrien Unterschied 2,4% Bildgrößendifferenz machen, können 2 Dioptrien nicht hinreichen, um diese Maßnahme zu erklären, der Bildgrößenunterschied wäre viel zu gering.
Heute abend habe ich dann einen Bekannten, der Kontaktlinsen trägt, aber gelegentlich auch Brille, gebeten, nur eine seiner Kontaktlinsen einzusetzen und dann seine Brille aufzusetzen, nachdem wir zuvor das diesem kontaktlinsentragenden Auge zugehörige Glas einseitig aus der Fassung genommen hatten. Seine Fehlsichtigkeit liegt bei – 5,5 dpt/- 4,5dpt. Sein Ergebnis beim Blick auf einen gut 10m entfernten und gegen den Himmel gut erkennbaren Dachkaminrohrstutzen von ca 10cm Durchmesser und 30cm Höhe war eindeutig. Ohne ihn vorher informiert zu haben, schätzte er die im direkten Vergleich wahrgenommene Größendifferenz auf 5-10% um die das Bild des Stutzens auf dem Auge hinter dem Brillenglas ihm kleiner schien, als auf dem anderen kontaktlinsentragenden Auge. Auch wenn er seine Schätzung nicht genauer beziffern konnte, eine Vergrößerung wie die errechnete, oder auch nur eine gleiche Bildgröße konnte er definitiv ausschließen, die Verkleinerung hielt er für eindeutig. Sie war abhängig vom Brillenglasabstand, wie erwartet, aber selbst im dichtest möglichen Abstand vor dem Auge, der deutlich unter dem normalen Abstand der Brille lag, beobachtete er noch eine Verkleinerung. Die von Herrn Müscher errechneten Werte kamen also zumindest in diesem Fall empirisch hin, Ihrer nicht. Vielleicht können auch andere hier im Forum einen ähnlichen Versuch unternehmen und dann berichten. Vielleicht gibt es auch einen Forenleser, der nur einseitig eine mittlere Kurzsichtigkeit hat, oder eine große Dioptriendifferenz, und der auch etwas dazu sagen kann.
Wenn man komplexe Überlegungen anstellt und Effekte theoretisch ausrechnet, kommt es oft zu dem schwierigen Problem, unbewusste Annahmen hineinzustecken, die u.U. nicht zutreffen. Es kann extrem schwierig sein, solche verborgenen Annahmen zu entdecken. Es gibt endlos viele Beispiele dafür, auch und gerade in der gegenwärtigen Forschung. (Selbst größte Geister sind vor solchen Annahmen nicht gefeit, Einsteins Vor und Zurück bei der Konzeption der Allgemeinen Relativitätstheorien ist legendär, er hat selbst oft genug über seine unterlaufenen Irrtümer gespottet. Aristoteles falsche Annahme der Fallgeschwindigkeiten hielt sich sogar fast 2000 Jahre.) Ich vermute, dass sich auch in Ihrer nicht trivialen Berechnung ein solches Problem verstecken könnte, kann mich aber nicht in die Suche vertiefen.
Es fällt mir schwer, zu der unerwarteten Wendung Stellung zu nehmen, die Sie unserer Auseinandersetzung gegeben haben. Ich bedaure Ihren Entschluß außerordentlich und kann Sie nur dringend bitten, ihn rückgängig zu machen. Ich habe in meinen Beiträgen und Antworten an Sie bei aller Frechheit mehrfach betont, dass ich Ihre profunden Kenntnisse ebenso schätze, wie alle anderen hier und daraus viel lernen kann. Ich hatte mir zuletzt fest vorgenommen, jegliche persönlichen Anspielungen in Zukunft wegzulassen, so wie es mir Herr Magadan und Herr Distel, MP und indirekt auch alle anderen Forenteilnehmer zu verstehen gegeben hatten.
Ich lasse mich gern von guten Ideen und Vorstellungen überzeugen und gestehe Fehler wie bei der Brennweitenberechnung ein, ohne Wenn und Aber. Andererseits möchte ich mich in einer Kontroverse nicht einer Mehrheitslage oder Autorität anpassen, wenn ich den Eindruck habe, die zugrunde liegenden Zusammenhänge im Rahmen meiner Möglichkeiten soweit durchdacht zu haben, dass ich eine abweichende eigene Auffassung vertreten kann.
Wenn Sie irgendeinen Modus zur friedlichen Koexistenz sehen, lassen Sie es wissen. Wenn Sie oder andere die Bedingung stellen möchten, dass ich mich zukünftig hier im Forum besser nicht mehr beteiligen sollte, wäre ich ohne jede Kränkung im Interesse all dieser Leser bereit, meine aktive Teilnahme einzustellen. Kein Problem, versprochen!