Hallo Gundolph,
zuerst eine Klarstellung: Dieses 'gruen' ist nur ein Hauch, extrem schwach, nur im Papiertest zu erkennen, und am besten im Vergleich mit anderen Fernglaesern, die im Mittel einen etwas waermeren Farbton haben. Ich wuerde, wie der Kritiker, das Zeiss-Bild als insgesamt neutral bezeichnen, mit einer leicht kuehlen Abstimmung.
Das gruen entsteht in diesem Fall offenbar dadurch, dass die Transmission des Zeiss ueber einen weiten Bereich von blau bis gelb sehr hoch ist, und dann Richtung rot etwas einbricht (so hatte es Konfokal vor kurzem in seinem Diagramm dargestellt). Nimmt man weisses Licht ('perfekte Transmission') und zieht dann etwas rot ab, dann bleibt insgesamt ein gruener Farbeindruck.
In der Daemmerung verschiebt sich die Farbmischung des Restlichts Richtung kurzer Wellenlaengen, d.h. die Transmission des Zeiss ist fuer diese Bedingungen optimiert. Ideal waere natuerlich eine nahezu perfekte Transmission im gesamten Spektralbereich, inklusive rot, dann haette man gute Daemmerungseigenschaften und gleichzeitig eine gute Farbsaettigung am Tage.
Die ausgeglichene, wenn auch etwas niedrige Transmissionskurve des Leica, halte ich aber fuer voellig ausreichend. Zwar liegt die Transmission hier meist ein paar % unter der Transmission des Zeiss (ausser im roten Bereich), aber was soll's? Viel Geld investieren, um noch einmal 3% rauszuschlagen, die im Alltag gar nichts bringen (und eigentlich nur fuer die Testzeitschriften von Interesse sind)? Wenn ich fuer meine Anwendung mehr Licht brauche, dann nicht nur 3%, also waehle ich doch lieber ein Modell mit groesserer Austrittspupille und 40% mehr Licht.
Deshalb noch einmal meine 'Moral': Das Streben einiger Hersteller nach dem vermeindlichen Optimum, wie man es in den letzten 10 Jahren beobachtet, ist inzwischen zu einem Selbstzweck geworden, darauf ausgelegt, die Tests in den Zeitschriften zu gewinnen. Die eigentlichen Anforderungen im Feld (lieber groesseres Sehfeld statt Randschaerfe, guter Einblick, Streulichtoptimierung, praezise statt schnelle Fokussierung, Kontrastoptimierung statt maximaler integraler Transmission) bleiben teilweise auf der Strecke, aber die Kosten steigen ins astronomische. Wozu ein 8x42, das 800g wiegt, auf Teufel komm raus abspecken, so dass es mit viel Aufwand nur noch 720g hat. Wenn ich ein leichtes Fernglas brauche, dann nehme ich doch gleich ein 8x32 mit 550g mit auf Tour. Was also ist wirklich optimal fuer den Anwender? Wenn dieser sich 2-3 Fernglaeser leisten kann, die jeweils einen eigenen Anwendungsbereich abdecken, und dazu duerfen diese nicht jeweils 2000 Euro kosten.
Viele Gruesse,
Holger Merlitz