In meinem Schrank stehen auch zwei Gläser von Nikon, so auch das Highgrade 8 x 42 DCF aus dem Jahr 2002. An diesen Glas kann man sehr schön demonstrieren, wie unterschiedlich Menschen Gläser beurteilen.
Das Glas ist ausgesprochen schwer und man ist schon neugierig, ob es irgendwelche Vorteile für sein Mehrgewicht bietet. Nun wir haben damals auch dieses Glas mit unseren sonstigen Dienstgläsern verglichen.
Was sofort und positiv auffällt, das Glas ist randscharf und zeigt sehr wenig Verzeichnungen. Farben gibt es korrekt wieder, auf unseren Fremdlichttest, der eine störende Lichtquelle innerhalb und außerhalb des Beobachtungsfeldes simuliert, reagiert es mit einer leichten Aufhellung, die sich gegenläufig als kontrastmindernde graue Fläche in Form eines Ovals zeigt. Eine solche Aufhellung zeigen alle Gläser irgendwie, mal mehr, mal weniger. Das Nikon liegt in der Mitte.
Farbsäume an senkrecht stehenden Kanten sind erfreulich gering, an waagerechten Kanten sind die Farbsäume im oberen Teil des Gesichtsfeldes anders (stärker) als im unteren, ein ähnlicher Effekt ist uns auch einmal bei einem Pentax untergekommen. Diese leichte Unsymmetrie hat keinen merklichen Einfluß auf die Bildschärfe, ein zur Sicherheit angefragtes 2. Glas zeigt diesen Effekt auch.
Die Dämmerungseigenschaften wurden damals mit unserem Zeiss 8 x 40 Victory verglichen. Es zeigte sich dabei, daß das Victory 8 x 40 trotz 10% geringerer Objektivfläche bereits bei reduzierter Helligkeit konkurrieren konnte und bei grenzwertig schwacher Beleuchtung sogar mehr Details auflösen kann.
Für unsere Zwecke ist das Glas aber aus anderen Gründen uninteressant. Wir benötigen Gläser mit einem sehr großen Gesichtsfeld und im Vergleich zum Victory 8 x 40 fehlen dem Nikon 8 x 42 ungefähr 15%. Das ist in dieser Klasse eher ein kleiner Wert, mir ist kein hochpreisiges Glas bekannt, das diesen Wert nicht deutlich übertrifft.
Wenn ich einen bestimmten Bereich beobachten muß, also meine Augen und meine Aufmerksamkeit auf ein zentral im Gesichtsfeld positioniertes Areal richte, so läßt außerhalb eines individuell unterschiedlich großen Bereiches von tagsüber 40-50° (in der Dämmerung 30-35°) die Auflösung des Auges um ein erstaunliches Stück nach.
Man kann sich auf den Standpunkt stellen, daß ein Fernglas im Randbereich nur besser sein muß als die Auflösung unseres Auges, welches sich auf die Mitte konzentriert. Will man nämlich seine Aufmerksamkeit diesem Randbereich zuwenden, so muß man zwangsläufig sowieso das Glas in diese Richtung schwenken, denn es könnte ja sein, daß da hinter dem Rand unseres Sehfeldes noch etwas Wichtiges geschieht.
Man kann aber auch den Standpunkt einnehmen, daß man lieber mit dem Auge durch das Gesichtsfeld hin zum Rand wandert und dann will man auch am Rand die Schärfe haben, die das auf diesen Bereich konzentrierte Auge verarbeiten kann. Das hängt vom Einsatzbereich ab.
Das Victory 8 x 40 ist am Rand nicht scharf. Je nach Beobachter sind die äußeren 10-12 Meter, geprüft am Siemensstern deutlich unschärfer als die Werte im Zentrum.
Wir definieren bei unseren Prüfungen als hinreichend scharf, wenn die mögliche Auflösung unter 80% der 50% Mittenauflösung fällt, ein Wert aus der Praxis, der sich bewährt hat.
Danach ist das Nikon bis auf 2-3 Meter ausreichend randscharf. Ich halte diesen Wert aber nicht für so bemerkenswert, denn man muß diesen immer in Relation zum sehr kleinen Gesichtsfeld sehen.
Damit hier kein falscher Eindruck entsteht, wir setzen sehr viele Kameras von Nikon ein und sind damit auch sehr zufrieden, denn wenn wir zu dem Ergebnis kommen, ein Produkt von außerhalb der EU wäre besser geeignet als die in der EU gefertigten, so können wir diese auch anschaffen.
Ich habe auch bereits die neue Nikon L -Variante flüchtig betrachten können, am kleinen Bildfeld hat sich nichts oder nicht viel geändert. Es hat diesen Makel immer noch und wird es auch deshalb im Profibereich schwer haben.
Wolfgang Henseler