Da nehmen Sie durch logisches Weiterdenken etwas vorweg, was aus meinen obigen Ausführungen folgt, ich aber hier noch nicht ausplaudern, sondern meinem Fernglasbuch vorbehalten wollte. Ja, solche Versuche habe ich schon gemacht, und das Ergebnis sieht nicht anders aus, als man es erwartet: Schärfe und Kontrast können ein wenig zulegen, wenn auch nur sparsam (bei minderwertigen Ferngläsern sollte ein größerer Schärfegewinn feststellbar sein). Das resultiert nicht allein aus dem verminderten Streulicht, sondern auch aus der Reduzierung der sphärischen Aberration und anderer mit wachsender Durchstoßhöhe wachsender Abbildungsfehler. Natürlich darf man nicht zu stark abblenden, weil das sonst ab einer gewissen Grenze durch Beugung wieder die Auflösung reduzierte.
Irisblenden wie in einem Fotoobjektiv sind bei einem Fernglas nicht unterzubringen, wenn sein Rohrdurchmesser nicht beträchtlich anwachsen soll. Ich habe folgende Lösung realisiert: Bei einem Second-Hand-Fotohändler in München habe ich in einer großen Kiste mit Objektivschutzdeckeln gewühlt und mir mehrere auf mein zur „Anprobe” mitgebrachtes Fernglas passende herausgesucht (der Händler wollte 50 Cent pro Stück). Dann habe ich zu Hause in diese Deckel paarweise zentrisch Löcher von 18 mm, 25 mm und 35 mm Durchmesser geschnitten. Das ergibt Abstufungen von jeweils ca. halber Fläche (abwärts) bzw. doppelter Fläche (aufwärts).
Beim Ultravid 12x50 bekommt man so z.B. mit den Deckeln mit 25-mm-Loch eine Austrittspupille von knapp über 2 mm, was in etwa identisch mit der Größe der Augenpupille bei hellem Tageslicht ist. Wie man leicht feststellen kann, bleibt bei dieser Abblendung die Bildhelligkeit (gerade noch) unverändert, wenn es draußen sehr hell ist, aber man muß nun den Okularachsenabstand sehr präzise auf den Augenachsenabstand einstellen. Schon bei geringer Abweichung merkt man Abdunkelungen, und genau das erleichtert nun die präzise Okularachsenjustage, wenn man seinen Augenachsenabstand nicht kennt und das Fernglas keine Skala dafür hat. Ich habe mir unterseitig an der beim Auseinanderschwenken der beiden Rohre sichtbaren Knickbrückenachse mit einem schmalen hellbraunen Tesapack-Streifen eine Markierung für diesen so (bei auf ein sehr weites, idealerweise unendlich weit entferntes Motiv eingestelltem Fernglas) ermittelten Okularachsenabstand bzw. Knickbrücken-Winkel aufgeklebt. Damit kann ich, wenn das Fernglas verstellt wurde (von einem anderen Beobachter oder versehentlich beim Ablegen oder Verstauen), sehr schnell und präzise nun auch bei nicht abgeblendetem Objektiv den für mich korrekten Okularachsenabstand wiederherstellen. Na, nun habe ich auch diesen Trick vorzeitig verraten.
Zu Ihrer Frage: Ich konnte auf der „photokina” zwar alle Ferngläser auf den Ständen der jeweiligen Hersteller eingehend prüfen, leider aber nicht im Vergleich. Davon, daß am Rheinufer außerhalb der Messehallen ein solcher Vergleich möglich gewesen wäre, habe ich leider erst eine halbe Stunde vor meiner Rückfahrt nach Müchen erfahren, so daß ich keine Zeit mehr hatte, diese interessante Möglichkeit wahrzunehmen.
Auch wenn mir einige Unterschiede zwischen den genannten Gläsern aufgefallen sind (z.B. beim Nikon HG-L die beste Randschärfe* und geringste Verzeichnung, aber auch das kleinste Gesichtsfeld), sind diese doch zu gering, um daraus schon eine Rangliste abzuleiten, zumal andere, ebenfalls sehr wichtige Eigenschaften ohne den direkten Vergleich überhaupt nicht zuverlässig zu beurteilen sind (z.B. die Transmission oder die Farbneutralität).
*) Aufgrund meiner alterbedingt reduzierten Akkomodationsfähigkeit (meine Augenärztin hat erst letzte Woche für meine neue Gleitsicht-Fernbrille eine Differenz von 2,5 dpt zwischen Fern- und Nahbereich attestiert) wirkt sich bei mir schon eine mäßige Bildfeldwölbung als Randunschärfe aus; wer jünger ist und noch über eine große Akkomodationsbreite verfügt, wird manches von mir als „nicht randscharf” beurteilte Fernglas noch als „randscharf” empfinden.
Sollte ich Gelegenheit haben, mal diese drei Ferngläser (und vielleicht auch noch zusätzlich das passende Modell von Swarovski) vergleichend zu testen, werde ich gern und ausführlich darüber berichten.
Walter E. Schön