"Vielleicht verstehen Sie Merlitz' Sprache besser, ich nicht. Seine langen beiträge voll von Formeln verstehen vielleicht 1% der Mitglieder, und das ist sicher optimisisch. Daher kann ihn keiner widersprechen. "
Die Mathematik sollte niemals Selbstzweck sein. Es handelt sich vielmehr um die praeziseste Sprache, die Menschen je entwickelt haben, und die nicht nur international, sondern universal gilt. Dennoch ist sie, auf sich allein gelassen, eine Spielerei. Was immer man im Rahmen der Mathematik herleitet, muss man auch interpretieren koennen. Eine Rechnung mag fehlerfrei, aber dennoch sinnlos sein, wenn die Grundannahmen nicht stimmen.
Wenn ich hier gern auch mit Formeln arbeite (und in dem Buch wird das nicht anders sein), dann deshalb, weil es die beste Methode ist, einen Gedankengang absolut praezise zu formulieren. Wer gut schreibt, der kann auch mit Prosa nahezu alles erklaeren. Aber dann besteht immer die Moeglichkeit, dass Leute daherkommen und einem die Worte im Mund umdrehen. Mit der Mathematik laesst sich genau diese Vieldeutigkeit vermeiden: Wer mit einem Gedankengang oder einer Schlussfolgerung nicht einverstanden ist, der kann auf eine ganz bestimmte Gleichung zeigen und sagen: Hier stimmt was nicht, und es muesste stattdessen wie folgt aussehen ...
Sie sagten: "Daher kann ihn keiner widersprechen"
Doch, man kann widersprechen, und dabei den Widerspruch sehr einfach praezisieren. Das macht allen das Leben leichter und verhindert stunden- und seitenlange Debatten.
Ich benutze die Mathematik nie als ausschliessliches Mittel zur Kommunikation - jede meiner Annahmen, und jede Schlussfolgerung wird erklaert und begruendet, jedes Endresultat wird interpretiert. Wer will, der kann die Formeln ueberspringen und nur die Erklaerungen dazu lesen. Dann muss er halt Vertrauen haben, dass alles stimmt. Wer widersprechen will, der ist gezwungen, sich praezise zu fassen, anstatt einfach zu sagen: "Das ist falsch".
Wer anspruchsvolle Themen derart diskutieren will, dass auch etwas dabei herauskommt, der muss das Handwerkzeug dazu beherrschen. Das ist nicht anders als beim Instrumentenbau - jeder muss erst seine Lehrjahre bestanden haben, bevor es richtig zur Sache geht.
Viele Gruesse,
Holger Merlitz