Ein Retrofokus-Objektiv, das wissen alle alte Foto-Hasen, ist ein Objektiv, dessen Schnittweite genug Platz für den Spiegel lässt. Ein nicht-retrofocus, z.B. das Summaron 2,8/35mm oder das Summicron 2,0/35mm für die Leica-M, kommt mit seiner Hinterlinse viel zu nahe an den Film - bzw an den Schlitzverschluss kurz davor - , um an einer Spiegelreflexkamera wie der Leicaflex (später Leica-R genannt) angebracht zu werden.
Das gilt um so mehr, wenn die Brennweite noch kürzer wird.
Also bedient man sich eines Tricks: grob gesagt verwendet man ein "Normalobjektiv" und setzt davor einen Weitwinklkonverter 0,7x (für 35mm) bis 0,4x (für ein 20mm) und so weiter. (So wird es übrigens immer noch gemacht bei einfachen Kameras ohne Wechselobjektiv). Die ersten Retrofocus-Objektive waren auch schlecht: lichtschwach (was bei SLRs eine Katastrophe ist), stark vignettierend, stark verzeichnend, groß und schwer; und auch noch schlecht, voller reflexe durch die große Anzahl von Linsen, oft gar milchig in der Abbildung. Das war auch jahrzehntelang das große Argument für die Leica-M, deren 35mm-Objektive winzig und gut waren.
Aber die Konstrukteure, nicht zuletzt bei Zeiss und bei Leitz (ich erinnere mich an Dipl.-Ing. K.-D. Schäfer im Rechenbüro Makro) haben schnell Fortschritte gemacht, und ab 1980 waren die Retrofocus-Objektive mindestens so gut wie die Leica-M-Objektive, wenn auch nicht so kompakt.
Ja in einer Disziplin waren sind ihnen überlegen: sie konnten so gebaut werden, daß sie weniger Vignettierung aufwiesen.
Und nun zum Problem beim "Verkürzen" eines Fernglas-Objektivs.
Man nehme ein gutes, kompaktes 8x32, wie z.B. das Zeiss Victory FL, und ersetzt das Objektiv durch ein etwas kürzeres; fehlt der Platz, so bedient man sich einer leichten Retrofokus-Konstruktion; vielleicht muß das beim Wechseln von 8x auf 7x nicht mal gemacht werden, Optikrechnen kann ich nicht mehr (habe die Optik zugunsten der viel komplizierteren Akustik aufgegeben).
Allerdings würde eine Retrofokus-Konstruktion nur Nachteile bringen, die nicht im Sinne des "Erfinders" eines kompakten 6- oder 7x Fernglas sein können. (Zusätzliche optische Fehler, große Frontlinse u.a.m.).
Wenn das Objektiv übrigens kleiner wird (also von 32 auf 28mm) so kann man am Prisma etwas "sparen".
Zum Prisma: ein Porro-system würde, von der Größe her, bei einem Fernglas, in dem das Objektiv so klein ist (24-28mm) nichts bringen, wie es der Fall ist bei einem Fernglas mit großem Objektiv, weil man dann das hintere Prisma kleiner machen kann; beim 6x24 wird die Feldblende wahrscheinlich nicht nennenswert kleiner sein, als das Objektiv, also müssen beide Prismen gleich groß sein.
Die objektivseitige Okularlinse allerdings, das habe ich gestern schon angeführt, darf nicht zu klein werden, vielleicht sogar etwas größer, als beim 8x-Glas.
Übrigens habe ich gestern einen Fehler gemacht, der nicht mal Merlitz aufgefallen ist. Ich hatte geschrieben, daß durch das Verkürzen der Brennweite (bei Innenfokussierung - wie sie bei den meisten Dachkantferngläsern eingesetzt wird - geschieht dies durch eine Verschiebung zweier Linsengruppen zueinander) die Vergrößerung geringer wird.
Das ist natürlich falsch. Die V. ist nämlich streng genommen nicht der Quotient von Obj-Brennweite durch Okular-Brennweite, sondern von Bildweite durch Okularbrennweite. Und die Bildweite ändert sich nicht.
Ich danke Herrn Schön, der mich auf diesen Übertragungsfehler hingewiesen hat. (Der Rest - betreffend die Fernglaskonstruktion - kommt übrigens auch von ihm, so gut sind meine optischen Kenntnisse nämlich gar nicht).
MC