Herr Mackenbrock, ich denke, an dem, was Sie schreiben ist sehr viel dran.
Bei Leica Sportoptik hat man sich an vieles gewöhnt:
- das sehr gute Markenimage
- die eingefahrenen Vertriebswege
- die Ansicht, dass man hochwertige Optik nicht ohne Beratung verkaufen kann
und
- das eherne, ältere Stammclientel.
Wenn man aus Verbrauchersicht die Situation analysiert, dann muß man fürchten, dass Leica (auch als "Gesamtkunstwerk"), irgendwann gemeinsam mit diesem älteren Stammclientel ausstirbt.
Die Erkenntnis, dass der Käufermarkt passe ist, ist an Leica spurlos vorübergegangen. Wer heute etwas verkaufen will, muß sich rühren und den potentiellen Kunden zum Kauf animieren. Nicht so bei Leica - hier glaubt man offensichtlich, es reicht, die Ware einfach in den Vertriebsweg zu verteilen, der Kunde wird dann schon kommen. Gott sei Dank gibt es Leica noch, aber diese Strategie ist zum Scheitern verurteilt. Gerade für kleine Unternehmen, Leica ist ja nicht Zeiss, ist so etwas tödlich.
Fernglas-Testwochen 2003:
Bei Minox telefonisch ein 8x32 bestellt (sehr freundlicher Kontakt). Zwei Tage später hatte ich das Glas für eine Woche zum Ausprobieren.
Am gleichen Tag bei Leica (auch sehr freundlicher Kontakt) das Rote 8x32 telefonisch geordert: Geht nicht, nur über einen Händler.
Am darauffolgenden Tag in Köln (Fußgängerzone) beim Händler: hinterlegen Sie bei mir 990 Euro und Sie können das Rote für eine Woche haben.
Dankend abgelehnt und wieder bei Leica angerufen. Info: Da muß der Händler etwas falsch verstanden haben. Wir schicken Ihnen ein Glas direkt zu. Mein Hinweis: Ich möchte Minox und Leica parallel testen!
Einen Tag bevor ich das Minox wieder zurückschicken mußte habe ich dann nochmal bei Leica angerufen und gefragt, wann ich denn jetzt mit dem Glas rechnen könne. Antwort: also ein bischen Zeit brauchen wir schon noch.
Als das Minox wieder weg war und nach weiteren Anrufen meinerseits kam dann das rote Leica an.
So etwas geht einfach nicht. Ein Mitglied des älteren Kundenkreises, der sich wirklich aktiv interessiert und sich rührt, läßt sich das noch gefallen. Für einen jüngeren Durchschnittsinteressenten, der die Produkte nicht seit Jahrzehnten kennt und schätzt und der sich erstmals für Spitzenoptik interessiert, wäre Leica jetzt wahrscheinlich erstmal gestorben.
Ich denke so funktioniert und reagiert der Markt heutzutage und nicht so, wie man sich das bei Leica vorstellt. Aus der jahrelangen Erfahrung des (ökonomisch) "gerade so eben über die Runde kommen" hat man bei Leica nichts gelernt.
P.S. : Wenn jetzt jemand sagt, das sei nur eine Panne gewesen, dann würde ich ihm sagen, dass mich als unbedarften Kunden dies nur in so weit interessiert, als sich diese Erfahrung tief einbrennt und die Erfahrung mit Minox natürlich auch.
Walter Wehr